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Treme

Moviejones | 25.04.2024

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DirtyMary : : Moviejones-Fan
16.03.2015 07:28 Uhr
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Dabei seit: 07.08.13 | Posts: 175 | Reviews: 33 | Hüte: 6
"Spielt für die Kohle"

Sowohl bei Volksfesten als auch bei Beerdigungen ist dies der Schlachtruf der Musiker von Treme, die diesem Stadtteil von New Orleans seit Urzeiten den kulturellen und künstlerischen Stempel aufdrücken. Blaskapellen und Jazzmusik sind untrennbar mit New Orleans verbunden, ganz gleich welche Hörgewohnheiten im restlichen Land herrschen und ganz gleich wie viele Existenzen von Flutwellen weggeschwemmt werden.

Die Dramaserie Treme schildert den Wiederaufbau einer Stadt mitsamt ihrer Kultur und Tradition nach dem Hurrikan Katrina von 2005. Ein Posaunist versucht von Gig zu Gig das Geld für Unterhaltszahlungen an seine Ex-Frau aufzutreiben, die wiederum aus einer halben Ruine eine Bar aufbauen möchte. Eine Küchenchefin versucht verzweifelt ihren Traum von einem eigenen Restaurant aufrecht zu erhalten, talentierte Straßenmusiker träumen davon feste Bestandteile von Bands zu werden und ein "Big Chief" legt sich mit Behörden an, die nicht den gleichen Sinn für seine Traditionen haben wie er.
Dazu versucht ein Englischprofessor die Welt auf unorthodoxe Weise auf politische Missstände hinzuweisen, und seine Frau, die als Bürgerrechtlerin arbeitet, versucht Wahrheiten wiederherzustellen, die die Flut weggespült hat. Und da ist da noch ein positiv bekloppter DJ aus wohl situiertem Haus, der mit aller Macht versucht seine emotionale Leere, die er von seinem Elternhaus übernommen hat, mit etwas auszufüllen was ihn erfüllt.

Treme ist eine musiklastige Liebeserklärung an eine Region und Kultur, die nicht der gefährlichen Versuchung unterliegt zu glorifizieren. Zu vielschichtig und widersprüchlich hat man die Protagonisten hierzu angelegt. Der Weg, der von Enttäuschung zu roher Gewalt, von Zynismus zu Depression und von Versprechen zu Untreue führt, wird als ein sehr kurzer Weg dargestellt. Und DJ McAlary bringt es auf einer seiner "Stadttouren" auf den Punkt: "Treme schützt seine Tradition durch Vernachlässigung."
Und die Stadt vernachlässigt sich in vielerlei Hinsicht. Politik und Wirtschaft nutzen die Aufbausituation als persönliche Goldgrube, die Polizei ist überbeschäftigt, unterbezahlt und neigt zur Willkür. Der Zusammenhalt in der Bevölkerung ist zwischen allen sozialen Schichten, Hautfarben und Traditionen dann am größten, wenn die Not am größten ist. Wenn die größte Not vorbei ist, kommen auch die Egoismen und Verbrechen wieder zurück, und das Spiel beginnt von vorne – bis zur nächsten Flutwelle.

Die imposante Darstellerriege (John Goodman, Melissa Leo, David Morse ...) überzeugt ohne Ausnahme, alle Geschichten, persönlichen Dramen und Liebesbeziehungen werden hoch authentisch und glaubwürdig erzählt. Die Figuren werden vom Prinzip separat voneinander betrachtet, aber ihr Schicksal eint sie und dieses Schicksal sorgt dafür, daß sie sich manchmal direkt über den Weg laufen, was dann zu den eindringlichsten Momenten führt.
Staffel 1 endet mit einem Tränendrücker, insgesamt ist diese Staffel mit ihrer Mischung aus sehr dunklen und humorigen Momenten die gelungenste. Staffel 2 hat insgesamt einen ernsteren Grundton, einige müssen lernen loszulassen, um wieder zupacken zu können. Staffel 3 wäre kein krönender Abschluss gewesen, hier verwässern die vielen Storylines doch ein wenig und es wird ein Tick zu gewollt das Loblied auf die eigene Identität gesungen, die man auf keinen Fall verleugnen dürfe. Die etwas kürzere vierte und letzte Staffel ist hingegen der würdige Abschluss, das Gleichgewicht aus humorigen und todtraurigen Momenten wird hier wieder gefunden, und der abschließende Blick nach vorne ist von Optimismus geprägt.

Wenn irgendeine Serie das Attribut "vielschichtig" verdient hat, dann Treme. Mit dem Brennglas auf die Details fokussiert, verliert man das große Ganze nie aus dem Blick. Lebensklug, großartig gespielt - und auch für jazzunaffine Zeitgenossen eine Empfehlung wert.
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