Die Welt der Familie wird auf den Kopf gestellt, als der 13-jährige Jamie Miller wegen Mordes an einem Mitschüler verhaftet wird. Die Anklage gegen ihren Sohn zwingt sie, sich dem schlimmsten Albtraum aller Eltern zu stellen.
Bin ganz erstaunt, dass das gerade DIE Serie ist, über die die halbe Welt spricht - und bei MJ gibt es nicht mal eine News dazu...?
Ich fand die Serie hat das Lob absolut verdient. Wobei ich direkt mit einem Kritikpunkt reinplatzen würde: Statt "Show, dont tell" macht die Serie es an vielen Stellen genau umgekehrt: Tell, dont show. Soll heißen, vieles erfahren wir nicht dadurch, dass wir z.B. eventuelle Mobbing-Szenen sehen, oder selbst so etwas wie die berüchtigten Emojis. Stattdessen wird von vielem nur erzählt.
Das finde ich stellenweise ein bisschen schade. Ich glaube, wenn man es anders gemacht hätte, hätte es eine noch zugänglichere Erzählung sein können.
AbEr:
Dadurch entsteht auch eine Stärke der Serie. Auch im Wechselspiel mit der One-Take-Kamera hat man das Gefühl, dass alles sehr imminent ist und in genau diesem Moment so passiert. Und das bringt mit sich, dass man mit gewissen Informationen adhoc das erste Mal konfrontiert wird > indem sie einem jemand erzählt.
Die stärksten Momente der Serie sind vielleicht auch eher die subtilsten. Ich fand es spannend, wie Inspector Bascombe mit seinem Sohn eigentlich eine Analogie zu Jamie und seinem Vater ist. Beider eigentlich zu busy, um sich mit den Kindern zu beschäftigen. Und die Kinder gehen auf dieselbe Schule, werden beide gemobbt...Das realisiert Bascombe am Ende dann auch und läd seinen Sohn direkt zum Essen ein.
Oder aber, wie die Psychologin Ariston am Ende nicht mal mehr das Sandwich anfassen kann, weil sie so angewidert von Jamie ist.
Die Aussage bleibt insgesamt auch sehr ambivalent. Es gibt keine klaren Lösungen, die angeboten werden. Z.B. fragt sich Jamies Vater, was er bei seinem Sohn falsch und bei seiner Tochter richtig gemacht hat. Im Prinzip hat er beide gleich erzogen. Und während Jamies Vater selbst als Kind Gewalt erfahren hat, hat er sich selber geschworen, es bei seinen Kindern besser zu machen - und schien ein echt liebevoller Vater gewesen zu sein. Das heißt, es durchbricht die Erzählung, dass Gewalt "weitergegeben" wird. Und überhaupt: Die Aussage ist leider, dass man am Ende nicht drin steckt. Es kann so ausgehen, oder so, egal was man tut. Das ist ernüchternd - so ist aber wohl leider die Realität.
Ambivalent ist auch, dass das Opfer ebenfalls eine Täterin ist durch ihr Mobbing. Das soll die Tat nicht rechtfertigen. Zeigt aber auch, dass nichts so klar schwarz-weiß ist. Täter werden zu Opfern und Opfer werden zu Tätern. Ein bisschen schade ist an dieser Stelle allerdings schon, dass sich die Serie sehr auf Jamie als Täter fokussiert und die (Todes-) Oper-Seite weitestgehend unbeleuchtet bleibt (was die Serie in einem Nebensatz selber kritisiert).
Lange Rede, kurzer Sinn:
In den 4 Folgen steckt ziemlich viel, worüber man reden kann bzw. reden muss. Und das macht sie so wertvoll.
Und ich denke, das wichtigste Fazit ist am Ende, dass wir uns auch viel mehr um Medienkompetenzen Gedanken machen müssen. Und Eltern sollten sich zu Herzen nehmen, das Gespräch zu ihren Kindern zu suchen, um zu verstehen, was in ihrer Welt abgeht.
AfD-Verbot (:
@Parzival
"Adolescence" sollte in der Tat jeder gesehen haben.
Als Kriminal-Jugend-Familien-Psychodrama über die heutige gesellschaftliche Verrohung im Kontext von Internetnutzung und Incelkultur hochbrisant und ziemlich stark.
Speziell Stephen Graham spielt sich die Seele aus dem Leib und auch der junge Owen Cooper spielt in seiner Debutrolle einfach phänomenal. Cinematograpisch ist die Miniserie wegen der vier echten One-Shot-Episoden ebenfalls außergewöhnlich und eindrucksvoll.
"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."
Die Serie hat starke Streaming-Zahlen und als ich gesehen hab, dass sie nur aus 4 Folgen besteht, hab ich sie sofort angefangen zu schauen, ohne zu wissen, worum es geht.
Und wow...sie ist echt stark. Spannend, atmosphärisch, intensiv, gut erzählt, erfrischend, denn jede Folge behandelte etwas Anderes. Dazu kam die gute Kamera, ein passend guter Soundtrack und allen voran der Cast, dessen Performances, vor allem Owen Cooper, Stephen Graham und Erin Doherty wirklich herausragend waren. Hab mir eben die Kritiken angesehen und die sind extrem gut, was ich nachvollziehen kann. Auch die guten Streaming-Zahlen machen nun Sinn. Bei den nächsten Preisverleihungen wird Adolescence bestimmt gut vertreten sein.
Empfehlung an jeden, allein schon, weil es (leider) nur 4 Folgen sind, mit denen man sehr schnell durch ist.
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