Hier dreht sich alles um die News Steven Spielberg vs. Netflix und sein größter "E.T."-Fehler. Tausch dich mit anderen Filmfans aus.
Schön, dass man "Awards werden sowieso überbewertet" ankreuzen durfte. Das führt auch direkt zum Punkt, den ich als Bgründung für Spielbergs Aussage annehme: Er ist eben ein Mann, alter Schule (auch wenn man das leider in aktuelleren Filmen teilweise vermisst). Er kommt aus einer Zeit, als m.M.n. der Oscar tatsächlich noch etwas ausgesagt hat.
Er lebt in alten Traditionen und das ist zum einen schön, aber auf der anderen Seite eben auch - aus heutiger, objektiver Sicht - altbacken. Die Zeiten ändern sich nunmal und die Zukunft ist digital. Wieso sollte es ein aufwendig produzierter Film für eine Streaming-Plattform, der wirklich richtig gut ist, nicht verdienen, dafür einen Preis zu verdienen? Was ist denn der Unterschied zwischen einem Oscar und irgend einem anderen Preis? Aus meiner Sicht einfach nur die Popularität. Ein Preis, der traditionell der begehrteste im Filmbusiness ist.
In allen Bereichen gibt es Fortschritt. Genauso, wie Oscars für neue Kategorien eingeführt werden, muss es doch auch erlaubt sein, die grundsätzlichen "Spielregeln" der aktuellen Zeit anzupassen. Das sind Prinzipien, die in jedem Business funkionieren. Auf der anderen Seite sind Vorgehensweisen, die sich nicht dem Zeitgeist unterwerfen, häufig dem Untergang geweiht. "Lego" wäre wahrscheinlich schon längst vom Markt, wenn man mit Filmrechten (Lego-Star-Wars, Lego-Batman, etc.) u.ä. nicht neue Interessen bedienen würde.
“Sehe ich so aus als ob mich das interessiert?!"
Ich bin seinen Aussagen bezüglich Netflix gegenüber zwiegespalten:
Einerseits bin ich absoluter Verfechter des Kinoerlebnisses. Film war schon immer ein kommunales Erlebnis, etwas das man gemeinsam getan hat (und tut). Deswegen ist es schade, kleinere Filme nur noch über Netflix, Prime und wie sie alle heißen sehen zu können. Insofern stimme ich ihm zu, dass die aktuelle Entwicklung traurig stimmt und es schön wäre, wenn man gegensteuert.
Andererseits hat Spielberg seit den 70ern keine Probleme mehr gehabt, einen seiner Filme finanziert und in die Kinos zu bekommen. Viele, vor allem junge, Regisseure (aber auch ältere, man muss John Landis mal fragen) kriegen aber von den Studios keine Kohle, um ihre Projekte zu finanzieren. Das ist eine Entwicklung, die ihre Ursprünge in den späten 70ern und 80ern hat und bei der Spielberg absolut anführend war - wie oft darf man im Moment im Rahmen von "Ready Player One" lesen, dass er der Begründer des modernen Blockbusters ist?
Vor allem ist seine Ausage, das wären vor allem TV-Filme, natürlich absoluter Quark. Problematisch am klassischen TV-Film ist ja nicht, dass er seine Premiere im TV hatte (und hey, Spielberg hat ja mal "Columbo" in Szene gesetzt), sondern dass das traditionell "minderwertige" Filme waren, die weder technisch noch formal (wobei beides natürlich eng zusammenhängt) mit einer Kinoproduktion mithalten konnten. Mit technsichen Neuerungen sind diese qualitativen Unterschiede aber geschrumpft (wer das nicht glauben will, dem empfehle ich einfach die erste Staffel "True Detective" - TV auf Kinoniveau), deswegen kann er sich seine herablassenden Aussagen eigentlich sparen. Spielberg klingt hier weniger wie ein alter Mann, der Angst vor der Zukunft hat, sondern mehr wie ein reicher Mann, der seine Monopolstellung bedroht sieht...
"I am not fucking around here, I believe a well-rounded film lover oughta have something to say about Jean-Luc Godard and Jean-Claude Van Damme."
-Vern
Die Academy muss sich ganz einfach entscheiden, ob sie primär preiswürdige und herausragende Filme auszeichnen oder lieber Aufführungsorte stärken möchte.
MrBond
Wir haben die gleichen Gedanken. Man muss mit der Zeit gehen. Auch bei den Oscars.
Was digitale Nachbearbeitung angeht:
An Weihnachten letztes Jahr lief ja auf Nitro "Das Wunder in der 8..Straße".
Man hat die digitale Bearbeitung sowas von bemerkt, was für mich schon ärgerlich war, da es den ganzen Charme zerstörte.
Bei manchen Filmen, wie SW finde ich es okay, andere sollte man lassen, wie sie sind
@MrBond und Silencio
Die Sache ist meiner Meinung nach ganz einfach.
Netflix-Filme würden unter normalen Umständen nie im Kino sondern nur im Fernsehen laufen, dementsprechend sind es Stand jetzt Fernsehfilme vergleichbar mit jenen von z.B. HBO, BBC oder ARD und ZDF. Für solche Filme gibt es in den USA die Emmy-Awards bzw. als Mischung von Film und Fernsehen die Golden Globes, bei den Oscars werden dagegen Kinofilme ausgezeichnet. Dass Spielberg sich gegen Netflix-Filme bei den Oscars positioniert, hat meiner Einschätzung nach nichts mit der Qualität der Filme zu tun, sondern nur mit der Art der Aufführung und Ausstrahlung.
Ich kann mir durchaus vorstellen, dass es in naher Zukunft eine Umstrukturierung geben wird und Extrakategorien für VoD-Filme geschaffen werden oder sogar ein neuer Award analog zum Oscar und Emmy nur für VoD-Produktionen verliehen wird, aber Stand jetzt gelten reine Netflix-Filme eben als TV-Produktionen und fallen damit in den Bereich der Emmys (und Golden Globes).
"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."
@luhp:
"Netflix-Filme würden unter normalen Umständen nie im Kino sondern nur im Fernsehen laufen, dementsprechend sind es Stand jetzt Fernsehfilme vergleichbar mit jenen von z.B. HBO, BBC oder ARD und ZDF."
"Bright" hatte ein Budget von 90 Millionen Dollar, hatte Will Smith und David Ayer. "Auslöschung" war ursprünglich eine Kinoproduktion, die Netflix sich unter den Nagel gerissen hat. Das sind keine "Fernsehfilme".
Abgesehen davon ist die Einschätzung "TV Movie" eben schon wertend, weil diese Filme traditionsgemäß schlechter als Kinofilme produziert und inszeniert wurden.
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-Vern
@Silencio
Aber ein hohes Budget und eine bekannte bis renommierte Filmcrew ändern doch nichts an der Tatsache, dass reine Netflix-Filme keine Kinofilme sind. Und wie du es ja schon schriebst, "Annihilation" war eine Kinoproduktion, ist es aber leider nicht mehr.
Auch das Klischee der billigen TV-Produktion ändert daran nichts, zumal dieses Klischee in Zeiten von "Breaking Bad", "Game of Thrones", "True Detective" etc. immer mehr an Bedeutung verliert.
Aber wie ich gestern ja schon schrieb, gehe ich davon aus, dass hier in naher Zukunft eine Umstruktuierung folgt und man VoD-Produktion besser würdigen wird.
Der von Netflix eingekaufte Film "Mudbound" lief übrigens zuvor limitiert im Kino und wurde für vier Oscars nominiert.
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@luhp:
Also: dass das keine klassischen Kinofilme sind, weiß ich doch. Dass der Unterschied zwischen Kino und TV immer kleiner wird, weiß ich auch - habe ich sogar geschrieben (Ernsthaft: guck "True Detective" - das ist ein acht Stunden langer Kinofilm). Fernsehen auf Kinoniveau ist aber noch eher die Ausnahme statt der Regel. Was ICH davon halte, steht aber auch weniger zur Debatte, es geht darum, dass Spielberg den Terminus abwertend benutzt. Der Industrie geht gerade wegen Netflix (und anderen Streamingdiensten) extrem die Muffe, deswegen versucht man, sich dem Streaming gegenüber zu legitimieren. Ich mein, Spiebergs Aussagen stehen ja nicht im luftleeren Raum: "TV Movie" ist ein abwertender Begriff (Bsp.: Brad Pitt benutzt den Begriff in "Sieben" gegenüber Kevin Spacey GENAU so), der seine Bedeutung ja trotz dem "golden age of television" nicht verloren hat.
Netflix erklärtes Ziel ist es doch, dem Kino auf lange Sicht den Rang abzulaufen, was ja nur geht, wenn man auf dem gleichen Niveau produziert. Spielberg als Nutznießer des alten Systems steht dem natürlich abwehrend gegenüber...
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-Vern
Passend zum Thema:
In Cannes werden Netfix-Filme dieses Jahr von der Competition ausgeschlossen.
https://www.hollywoodreporter.com/news/cannes-artistic-director-banning-netflix-competition-why-he-allowed-streaming-movies-last-year-1096800
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Steven Spielberg vs. Netflix und sein größter "E.T."-Fehler
Moviejones | 23.03.2018