Bewertung: 3 / 5
Wer in den 90ern und frühen Jahren des neuen Jahrtausends dem professionellen Radsport ein Auge zuwarf, kam an einem Namen nicht vorbei: Lance Armstrong. Ein Sportler, der sich durch persönliche Tiefschläge nicht unterkriegen ließ und es allen zeigen wollte. So sehr, dass er ganze sieben Mal die Tour de France für sich entschied und der Millionen Menschen mit seinem Kampfeswillen beeindruckte. Doch kann ein Mann tatsächlich zu solch einer Dominanz fähig sein allein durch eigene Fertigkeiten? Die Antwort gibt The Program - Um jeden Preis.
Anfang der 90er. Lance Armstrong ist ein passabler, aber kein wirklich überragender Radsportler. Der bissige junge Mann gibt sich mit seinem Status aber nicht zufrieden und legt einen unbeirrbaren Kampfeswillen an den Tag, der beeindruckend, aber auch einschüchternd wirkt. Als ihn 1996 die Diagnose Krebs erreicht, entscheidet sich Armstrong für eine äußerst belastende, aber auf lange Sicht seine körperliche Leistungsfähigkeit nicht einschränkende Chemotherapie. Und das Wunder geschieht: Armstrong erholt sich und kehrt mit einem derartigen Knall in die Szene zurück, der Geschichte schreibt: Ab 1999 dominiert er mehrere Jahre in Folge die Tour de France und weitere international bekannte Radrennen - doch entgegen all seiner Beteuerungen holt ihn eine Sache immer wieder ein, das Gerücht zu dopen...
Trailer zu The Program - Um jeden Preis
The Program Kritik
David Joseph Walsh arbeitet als Sportreporter bei der Londoner Sunday Times, der sich hartnäckig darum bemühte, Lance Armstrong des Dopings zu überführen. The Program - Um jeden Preis basiert auf seinem Enthüllungsbuch "LA confidential – Die Geheimnisse des Lance Armstrong" aus dem Jahr 2004, das dem Sportler deutlich vorwirft, Blutdoping betrieben zu haben. Ende Oktober 2012 wurde Armstrong offiziell des Dopings seitens der United States Anti-Doping Agency (USADA) bezichtigt, der in Folge lebenslang gesperrt wurde und dem alle Erfolge seit dem 1. August 1998 aberkannt wurden. Dies betraf auch die Siege bei der Tour de France von 1999 bis 2005. Armstrong, der sich immer zu Unrecht als Beschuldigter sah, räumte im Januar 2013 in der US-Show "Oprahs Next Chapter" gegenüber Oprah Winfrey die Vorwürfe ein.
Wer erinnert sich nicht daran, wie Armstrong wenige Wochen nach dem Urteil der USADA ein Bild twitterte, auf dem er vor seinen sieben gelben Tourtrikots relaxte und damit die offizielle Entscheidung verspottete. Sich als unantastbarer Saubermann darstellen, das konnte er, und so nimmt es sich The Program - Um jeden Preis zur Aufgabe, Armstrong regelrecht zu demontieren. Wer die Tour de France kennt und die Historie Armstrongs verfolgte, dem wird im Film nichts Neues präsentiert, nur dass Fakten an Fakten gelegt werden bis zum unrühmlichen Abgang. Und selbst gegen Ende wirkt es nicht so, als hätte der Sportler etwas Einsicht gewonnen, der durchweg unnahbar und regelrecht kaltblütig dargestellt wird.
Um die passenden Worte eines anderen Redakteurs aufzugreifen: The Program - Um jeden Preis fühlt sich an wie ein Wikipedia-Artikel, in dem Stationen abgehakt werden. Und so interessant es ist, Armstrongs Aufstieg und Fall zu sehen, dem man tatsächlich wünscht, erwischt zu werden, so wenig packend wirkt der Film auch. Es ist die Übersetzung eines Buches auf die Leinwand, der etwas mehr Persönlichkeit gutgetan hätte. Sicherlich erfahren wir viel über Armstrongs sportliche Karriere, seine Wegbegleiter und Gegner, jedoch bleibt der Mensch Armstrong auf der Strecke. Das, was eine derartige Story abseits der Fakten und Vergehen noch spannend macht, ein paar Rosinen am Rande und auch Details wie die bekannte Konkurrenz zu Jan Ullrich bleiben außen vor. Es mag sein, dass Armstrong tatsächlich ein überaus egoistischer, abgeklärter Mann ist, für den nicht der Weg sondern nur das Ziel zählt. Doch woher kommt dieser Biss? Was macht diesen Mann zu einer Kampfmaschine? Wie kann man derart unsympathisch werden weil aller Welt arrogant überlegen? Damit ist The Program - Um jeden Preis so etwas wie eine verkappte Dokumentation, interessant, aber eben auch nicht wirklich rund für einen Kinofilm.
Sehr gelungen ist dabei die Wahl von Ben Foster als Lance Armstrong. Die Ähnlichkeit ist verblüffend, die Verbissenheit zu spüren und Sympathie...Fehlanzeige. Er liefert uns einen Sportler, für den der Sieg allein zählt und der nur in einer Szene im Film etwas Menschlichkeit zeigt, wenn er einem krebskranken Jungen im Krankenhaus begegnet. Doch diese Szene fühlt sich derart deplatziert an, dass man sich beim Schauen fragt, ob es für den Film konstruiert wurde oder ob dieser Übermensch tatsächlich soziale Kompetenz besitzt. Das muss er, denn mit mit seiner Livestrong Foundation half er jahrelang Krebspatienten, auch wenn diese humanitäre Seite in The Program - Um jeden Preis untergeht. Zu erwähnen sind noch Jesse Plemons als Teamfahrer Floyd Landis, der Armstrong einst mit seiner Aussage zu Fall brachte, Chris O'Dowd als Sportreporter David Walsh und Guillaume Canet als berüchtigter Mediziner Michele Ferrari.
The Program Fazit
The Program - Um jeden Preis liefert uns den Film zum Enthüllungsbuch von David Walsh und zeigt Aufstieg und Fall des Lance Armstrong. Spannend anzusehen, wenn auch persönliche Dinge aus seinem Leben abseits der Sportkarriere nicht behandelt werden. Es muss kein Gossip sein, was diesen Film runder machen würde, aber einige Anekdoten hätten nicht geschadet. Armstrong ist kein Sympath, aber eine interessante Persönlichkeit, an der man sich abarbeitet.