Hier dreht sich alles um die Oppenheimer von MobyDick. Tausch dich mit anderen Filmfans aus.
So, da haben wir es, hat ja auch lang genug gedauert. Damit dürfte ich mit meinen Jahres-Must-Sees endlich durch sein!
@Moby: Ich liebe deine Kritiken ja immer wieder
Meistens weiß ich schon im Vorhinein, dass du bei "schlechten" Filmen aufgrund einiger lustigen Erklärungen zu einer hohen Bewertung kommst oder umgekehrt (wirklich überhaupt nicht böse gemeint ;)) Auch hier hab ich irgendwie damit gerechnet.
Ich kann deine Erklärungen verstehen, aber - die Kinosichtung ist bei mir doch schon wieder einige Monate her - den Film bzw. die Aussage des Films hab ich damals komplett anders wahrgenommen. Für mich war Oppenheimer nie eine sympathische Figur, die glorifiziert oder zum Helden erhoben worden wäre, geschweige denn "immer das Richtige tut und mit seinen Ansichten recht hat" - eher das Gegenteil. Du zählst es ja selbst auf - er geht fremd, kümmert sich nicht um seine Kinder, zwischenmenschlich agiert er generell immer sehr fragwürdig. Sollte das im Film gutgeheißen worden sein, hab ich es damals scheinbar übersehen... ![]()
Ja, durch manche Dialoge (Truman, mit Einstein am Schluss,...) könnte man argumentieren, dass Oppenheimer echte Schuldgefühle hat - auf der anderen Seite gibt er Tipps, wie/wo die Bombe explodieren muss, damit so viele Menschen wie möglich erwischt werden. Für mich nicht unbedingt ein Mann, den Nolan als Helden zeigen möchte. Und wenn ich mich richtig erinnere, war es im Film auch Oppenheimer selbst, der den Abwurf der Bombe vorantreibt? Da bröckelt seine ach so noble Motivation (Krieg gegen Nazis gewinnen) auch gewaltig, wenn man den Zeitpunkt bedenkt und alle anderen Wissenschaftler gegen den Einsatz der Bombe sind. Eher bekommt man den Eindruck, sein Lebenswerk soll nicht umsonst gewesen sein.
Daher hat Nolan ihn mMn die ganze Zeit vor diesen Szenen, die seine Reue zeigen sollen, nicht unbedingt in einem guten Licht dargestellt. Für mich ist/war er die ganze Zeit ein Mann, mit einem äußerst fragwürdigen moralischen Kompass (moralisch eher miserabel) und einem übergroßen Ego. Aber gut, bei mir ist es schon ein halbes Jahr her, kann also auch sein, dass es am Schluss im Endeffekt weniger ambivalent war, als ich es noch im Hinterkopf habe. Auf jeden Fall war er für mich nie der unbescholtene Held der Nation.
Die Rolle von Strauss war natürlich in großen Teilen dazu da, dass Oppenheimer als der "Gute" wahrgenommen wird, aber bei Spielfilmen werden eben immer gewisse Punkte von Pro- oder Antagonist aus dramaturgischen Zwecken überspitzt (wenn nciht sogar verfälscht). Ist für mich aber nicht unbedingt störend in Erinnerung.
Edit: Strauss sollte man schon korrekt schreiben
Tolle Kritik, die gott sei dank auch mal anders ist. Mir ergeht es da eher wie Jool, aber auch bei mir ist die Sichtung ein halbes Jahr her. Trotzdem weiß ich noch, welche Wucht dieser Film war und wie er mich auch tagelang danach noch beschäftigte.
Aber vieles was du schreibst ergibt Sinn und viele Punkte kann ich auch so unterschreiben. Bei anderen ergeht es mir dann wie Jool wie gesagt. Trotzdem eine tolle Kritik mit sehr interessanten Gedankengängen!
Jool, Duck:
Vielen Dank für die Hüte und eure Kommentare :-)
Ich nehme jetzt nicht für mich in Anspruch, dass ich es richtig wahrnehme und andere es falsch sehen, ist nur meine Interpretation.
Ja, er tut einige Sachen, die nicht in Ordnung sind, und das wird auch im Film gezeigt, aber für mich stellt es Nolan so dar, dass das ok ist, da er nunmal ein großer Mann ist und daher kann dieser Mann amnestiert werden.
De eine Szne, die Jool beschreibt beispielsweise, nehme ich im Film anders wahr:
auf der anderen Seite gibt er Tipps, wie/wo die Bombe explodieren muss, damit so viele Menschen wie möglich erwischt werden. Für mich nicht unbedingt ein Mann, den Nolan als Helden zeigen möchte. Und wenn ich mich richtig erinnere, war es im Film auch Oppenheimer selbst, der den Abwurf der Bombe vorantreibt?
Für mich stellt es sich etwas anders dar: Er gibt tatsächlich Tipps, aber zu dem zeitpunkt hat er schon einen inneren Wandel durchlebt und versucht diese Tipps zu geben, um den Schaden zu minimieren. Er treibt zudem den Abwurf zwar voran, aber nur, weil er weiss, dass die Katze aus dem Sack ist und er aber in seiner Position versuchen will, seine Einflüsse geltend machen will, um den anrichtbaren Schaden zu minimieren und ein Wettrüsten zu vermeiden.
Für mich macht es Nolan hier sehr geschickt, indem er uns die "Fakten" nicht vor enthält, aber sie immer für seine Argumentation entweder inszenatorisch anders gewichtet oder die Bilder anders wirken lässt als es tatsächlich der Fall war. Eine gewisse Ambiguität behält er bei, klar, du kannst so einen Mann nicht durchweg als Guten darstellen, aber indem er ihm dann drei Bösewichter entgegen setzt, die allesamt auf ihre Art wirklich böser wirken, macht er Oppenheimer hier zum tragischen Helden der Geschichte, der im rahmen immer nur versucht hat, das Richtige zu tun.
Ich frage mal so: Ob es unbedingt richtiger gewesen wäre, wenn die Bomben in Deutschland abgeworfen worden wären? Wäre Oppenheimer dann ein besserer Mensch gewesen? Menschenleben sind Menschenleben, ich denke nicht, dass man sowas irgendwie rechtfertigen kann, erst recht nicht mit der Zweck heiligt die Mittel...
@MobyDick:
Für mich stellt es sich etwas anders dar: Er gibt tatsächlich Tipps, aber zu dem zeitpunkt hat er schon einen inneren Wandel durchlebt und versucht diese Tipps zu geben, um den Schaden zu minimieren.
Hm, das kann ich leider nicht mehr so genau sagen.. Dazu müsste ich den Film nochmal sehen, um das zeitlich besser einordnen zu können.
Ich frage mal so: Ob es unbedingt richtiger gewesen wäre, wenn die Bomben in Deutschland abgeworfen worden wären? Wäre Oppenheimer dann ein besserer Mensch gewesen? Menschenleben sind Menschenleben, ich denke nicht, dass man sowas irgendwie rechtfertigen kann, erst recht nicht mit der Zweck heiligt die Mittel...
Nein, hätte natürlich überhaupt nichts geändert. Mir ging es eigentlich genau darum, dass seine ganze Motivation sowieso nur ein Vorwand war. Dachte das "ach so noble" in meinem Satz hätte das zum Ausdruck gebracht
Dass er den Abwurf dann aber trotzdem noch forciert hat, obwohl sein ursprüngliches (offizielles) Ziel ja eigentlich schon erreicht war, wirkt für mich dann doch so, als würde es ihm um nur Selbstverwirklichung/Ego/Ruhm oder was auch immer gehen.
Wie es um seine Moral bestellt ist, zeigt Nolan ja auch schon relativ früh -> vergifteter Apfel. Und das zieht sich mMn doch irgendwie durch den ganzen Film hindurch.. also zwischenmenschlich und moralisch hat er einen an der Waffel, er selbst ist nicht das große Genie, das er gerne wäre, will sich aber in Fachkreisen unsterblich machen und ordnet diesem Ziel einfach alles unter - das wäre so mein Fazit von seinem (Film-)Charakter.
Jool
Dann sind wir ja in der Wahrnehmung ja gar nicht so weit auseinander, das freut mich. Wie ich ja auch schon sagte, Nolan zeigt diese gewissen Punkte ja, aber für mein Empfinden relativiert er die ganzen negativen Aspekte ja immer wieder, um den Mann trotzdem auf ein Podest zu erheben: "Ja, er ist ein Arsch, aber es gibt größere Ärsche. Ja, er tut dies und forciert es, aber nur um langfristig Menschenleben zu retten. Ja, er wollte seinen Prof. vergiften, tut es aber nicht, und dann holt er sich ja psychiatrische Hilfe usw..."
@MobyDick
Ich würde das wie Jool sehen, man muss hier schon weit gehen, um Robert Oppenheimer im Film als sympathisch, heldenhaft und moralisch integer anzusehen. Er handelt doch durchgehend manisch und dominant, die Macht an sich reißend, alles ihm und dem Ziel unterordnend. Bürgermeister, Sheriff und Priester des Glaubens an die Atombombe zugleich. Für mich hatte Robert Oppenheimer hier schon viel von Daniel Plainview aus "There Will Be Blood".
Schnitt und Musik arbeiteten auch ständig gegen Robert Oppenheimer bzw. allgemein gegen die Mitglieder des Manhattan Projektes, durchkreuzen die behauptete Heldengeschichte.
Der Film rechtfertigt die Atombombenabwürfe auf Japan auch nicht, die Notwendigkeit bzw. der die Mittel heiligende Zweck wird sehr wohl hinterfragt. Und insbesondere die Mittel, also die Atomwaffen, werden im Film zu keiner Sekunde geheiligt. Sehr wohl spricht natürlich eine naturwissenschaftliche Fasination für die Atomkraft aus dem Film heraus.
"Dabei wäre es so einfach gewesen die Geschichte eines Mannes zu erzählen, der dem Rausch der eigenen Macht verfällt, Erfolg hat und danach Zeit seines Lebens zu Recht Gewissensbisse hat."
Das ist doch genau die Geschichte des Films^^ Die Gewissensbisse führen mitunter ja dazu, dass Oppenheimer u.A. gegen das Wasserstoffbomben-Projekt vorgeht. Am Ende befindet sich Oppenheimer nur eben in einer Position, in der sich das Projekt US-Atomwaffen in der Gesellschaft, der Politik und dem Militär verselbstständigt hat, auch weil ein komplett neues politisches Klima herrscht.
Die Dissonanz bzw. Verselbstständigung sieht man allein ja schon eindrucksvoll in der Plenarsaal-Szene, in der sich das Publikum zum faschistoiden Hochgefühl aufpeitscht, während Oppenheimer nicht mehr der Führer ist, sondern nur noch den Führer spielt.
"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."
luhp92
Das würde ich tatsächlich auch durchgehen lassen, wenn da nicht die komplette zweite Hälfte des Films damit beschäftigt wäre, ihn als Opfer und Märtyrer zu stilisieren, der den Mächtigen in die Quere kommt und zermalmt werden muss. Dadurch bekommt der Film eben die eine Ebene, die ihn rechtfertigt und den Film komplett in eine Richtung bugsiert, wo er eigentlich nicht hingehört. Und das ist meines Erachtens eine bewusste Entscheidung seitens Nolan, diesen Mann, eben doch zu glorifizieren.
@Mobydick: Ich verstehe komplett was du meinst. Und deine Ansicht wird je mehr ich darüber nachdenke auch durch einige Szenen mehr als gestützt. Da hätte man seine Rolle sicher etwas weniger beschönigen können - gerade da er in der Realität scheinbar relativ wenig Reue gezeigt hat.
Allerdings denke ich nicht, dass Nolan ihn (oder Amerika) glorifizieren möchte. Gibt dazu ein Interview, ich glaube in de NY Times, in dem Nolan nach seiner Aussage gefragt wird, Oppenheimer sei "die wichtigste Person, die je gelebt hat". Darin erläutert Nolan seine Gedanken - Oppenheimer sei deswegen die wichtigste Person, weil er der Mann ist, der für die Zerstörung des Planeten verantwortlich sein könnte. Der quasi sofort nach der ersten Kernspaltung an Waffen gedacht hat, für Atomwaffen und im Endeffekt auch die Wasserstoffbombe mitverantwortlich ist. Also der Menschheit mehr oder weniger den Knopf geliefert hat, den man nur mehr drücken muss, um alles zu beenden.
Nolan sagt auch, dass einige Ansichten von Oppenheimer komplett naiv sind und er einfach eine kontroverse Person ist.. Müsste das aber alles nochmal genau nachlesen. Auf jeden Fall denke ich nicht, dass er persönlich ihn als Helden sieht. Nur als jemand, der (wenn auch nicht gerade positiv behaftet) eine sehr wichtige Person in der Geschichte ist.
Aber du hast natürlich recht, durch den Spagat zwischen Historizität und Spielfilm wird der eine oder andere Aspekt sicher in ein falsches Licht gerückt.
Jool
Das sind allerhand interessante Aspekte, die den Film zumindest in einen anderen Hintergrund verpacken. Allerdings ist der Film auch nicht wirklich hilfreich die These Nolans, Oppenheimer wäre auch nur ansatzweise die wichtigste Person des Jahrhunderts gewesen zu unterfüttern: Oppenheimer ist nur Erfüllungsgehilfe der Regierung, und wenn er es nicht gewesen wäre, hätten sie jemand anderen gefunden, der die Bombe für sie baut. Zudem ist er auch gar nicht wirklich der Fitteste, auch wenn es immer wieder behauptet wird, zeigt der Film immer wieder seine Unzulänglichkeiten, sei es, dass er zu lange nur theoretisch unterwegs und es für unmöglich hält, bis ihm ein Experiment das Gegenteil beweist. Später hat dieser andere Physiker die Idee der H-Bombe, und sie sind alle zu dem Zeitpunkt offen für die Idee, verwerfen diese aber nur, weil sie es momentan für unmöglich halten. Und er ist gar nicht tatsächlich derjenige, der die Bombe irgendwie baut, er ist nur der Überwacher, dass alles in geordneten Bahnen verläuft und funktioniert. Später erteilt ihm sogar der Präsident Absolution, mit einer gar biblischen Geste. All das passt da nicht in dieses Bild, das Nolan anscheinend vermitteln möchte, womit ich aber irgendwie wieder bei seinen erzählerischen Unzulänglichkeiten wäre.
Das alles rückt meine Wahrnehmung allerdings dann natürlich in ein noch subjektiveres Bild, womit ich aber ganz gut leben kann, denn solch ein Film kann ja jeder anders wahrnehmen :-)
@Jool
Ich denke, man muss sich ohnehin von dem Gedanken verabschieden, dass "Oppenheimer" den Anspruch hat, ein historisch genaues Bild Oppenheimers zu zeichnen. Ich habe ihn mehr als Symbolfigur für die neue Zeitenwende durch Atomkraft und Atomwaffen verstanden.
@MobyDick
Sowohl der Verhör- als auch der Strauss-Handlungsstrang dienen finde ich schon gut dem Ansinnen, um in Bezug auf die Atomwaffen in die Zeit, den politischen Wandel und die ideologische Verschärfung nach dem Zweiten Weltkrieg einzuleiten. Die nächsten 45 Jahre sollten schließlich davon bestimmt werden. Den Strauss-Handlungsstrang hätte man allerdings stark kürzen können, das stimmt.
Der Verhör- und der Strauss-Handlungsstrang rechtfertigen nicht Oppenheimers Taten während des Manhattan-Projektes und Zweiten Weltkrieges, sie rechtfertigen den Wandel hin zum kritischen Blick auf die Produktion und Weiterentwicklung von Atomwaffen unter Einfluss ideologischer und nationalistischer Motive.
"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."
luhp92
Ich finde da machst du es sowohl dem Film als auch dir zu einfach. Oppenheimer stand zu keinem Zeitpunkt im Film zur Disposition, egal wie seine Ideologie war, egal in welchen Zeiten. Erst als dieser lächerliche Racheplot in Gang kommt, steht er auf der Abschußliste. Und dann wird das ganze so aufgerollt, dass Strauss letztlich über Oppenheimer stolpert? Mit einem Ehrenreich, der stellvertretend für das Publikum mal entsetzt schauen, mal Genugtuung erfahren darf? Das unterläuft tatsächlich sogar ein Stück weit die Dringlichkeit und die Gefahr, in der man in der McCarty Ära sich ratzfatz befunden hat.
Der Film geht sogar soweit anzudeuten, dass um Oppenheimer vor einer möglichen Kompromitierung zu schützen, man sogar einen Mord begangen haben könnte. Da ist der Film schon sehr deutlich, dass manchmal der eine oder andere höher bewertet wird und eben immun gegen eine Hexenjagd sein könnte. Was also für mich schon ein Stück Heldenverehrung ist.
Auf der anderen Seite wird sogar das Antisemitismus Thema mit eingebunden, als es darum geht, warum die USA in dem Wettlauf einen Vorteil haben könnten, aber dann im entscheidenden Moment des Racheplots komplett außen vor gelassen und nur auf das Oppenheimer reduziert? Wie gesagt, da passt für mich einiges nicht zusammen.
Und auch wie gesagt, ich möchte den Film niemandem madig machen, ich schreibe ja selbst, dass er hervorragend inszeniert ist usw., nur mir stiess so einiges sauer auf.
Die Argumente von Jool halte ich tatsächlich für greufabarer, aber dann sehe ich Nolan tatsächlich sogar noch unvermögender, da er einen - für mich - komplett anderen Film gedreht hat als es seine Intuition war.
Desweiteren muss ich auch sagen, dass diese ganze Anhörungssache einfach der falsche Rahmen für den Film ist, der er bis dahin war, denn für ein Drama über die McCarty Ära ist der Film einfach nicht in der richtigen Situation, da Oppenheimer tatsächlich nur seine Freigabe verliert und sonst eigentlich nichts, im Gegensatz zu vielen anderen, die in dieser Zeit einer tatsächlichen Hexenjagd ausgeliefert waren und wirklich alles verloren haben, und da gibt es zig Filme, die das auch besser, aufwühlender und authentischer auf den Punkt bringen konnten.
@MobyDick: Allerdings ist der Film auch nicht wirklich hilfreich die These Nolans, Oppenheimer wäre auch nur ansatzweise die wichtigste Person des Jahrhunderts gewesen zu unterfüttern: Oppenheimer ist nur Erfüllungsgehilfe der Regierung, und wenn er es nicht gewesen wäre, hätten sie jemand anderen gefunden, der die Bombe für sie baut.
Tatsächlich sagt Nolan das in dem Interview auch ziemlich ähnlich. Hab jetzt nochmal nachgelesen, daher hier der entsprechende Auszug:
I think it’s very easy to make the case for Oppenheimer as the most important person who ever lived, because he is the person who facilitated and achieved atomic weapons and indeed the hydrogen bomb, because he let Teller work on it. So he is the individual who was able to marshal the forces effectively.
Is there a parallel universe in which it wasn’t him, but it was somebody else and that would’ve happened? Quite possibly. That’s the argument for diminishing his importance in history. But that’s an assumption that history is made simply by movements of society and not by individuals. It’s a very philosophical debate.
Apparently within about 15 minutes of hearing that the atom had been split, he was suggesting that you could make a bomb in a chain reaction. But I think a lot of scientists had that same, “Oh, this could be a bomb.”
His story is central to the way in which we live now and the way we are going to live forever. It absolutely changed the world in a way that no one else has changed the world. You talk about the advent of the printing press or something. He gave the world the power to destroy itself. No one has done that before.
Also ja, wie du sagst, hätte es auch ein beliebiger anderer sein können. Und Oppenheimer war wie im Film gezeigt nicht der beste/schlauste Wissenschaftler, aber meiner Meinung nach bringt Nolan genau das gut auf den Punkt - durch sein manisches Antreiben der wirklich schlauen Köpfe, ist es zum Bombenbau und -abwurf gekommen. Somit ist im Endeffekt eben doch Oppenheimer hauptverantwortlich, auch wenn sich an der Geschichte selbst vielleicht nichts geändert hätte, wäre ein anderer Wissenschaftler, Offizier oder Politiker in seiner Position gewesen.
@luph92: Sicher hat der Film nicht den Anspruch auf 100% historische Korrektheit, da bin ich ganz bei dir. Aber ich verstehe den Einwand von Moby, dass man aufpassen muss, nicht ein falsches Bild zu vermitteln.
@Duck-Anch-Amun
Die Wucht liegt darin, daß Oppenheimer - vermutlich wie kaum ein anderer Film zum zweiten Weltkrieg - einen grandiosen Bezug zur Gegenwart schafft. All diese Diskurse, Ängste und das Verhalten der Gesellschaft, spiegeln unsere gegenwärtige Realität. Etwas, was in diesem "sub-Genre", sofern man den Film überhaupt auf ein einfaches Genre festnageln kann, beispiellos ist.
Es geht um politische Spielreiehn, Macht, Vernatwortung vor der Gesellschaft, notegdrungene Maßnahmen, Faknews gepaart mit brilliantem Schauspiel, ungalublichen Übergängen und so weiter und so fort. Klar, daß zu erklären dauerte auch wieder ewig, deshalb lass ich es jetzt. Aber ja, Oppenheimer ist mit deutlichem Abstand der beste Nolan, einer der brisantesten Filme dieses Jahrzehnts - da kann man sich jetzt schon sicher sein. Und als reiner Film atembraubend gespielt und inszeniert.
Es ist ein Meisterwerk, definitiv.
Consider that a divorce!
Ich habe bei den 9 von 10 Punkten aufgehört zu lesen. Freut mich, dass dir der Film so gefallen hat!
Spaß beiseite, ich habe natürlich deinen ganzen Text gelesen. Leider ist die Kinosichtung bei mir auch schon ein Weilchen her, sodass ich nicht mehr alles 100 % im Kopf habe. Aber mir gehts wie Jool und luhp92 und ich habe Oppenheimer im gesamten Film auch nicht als Held, heldenhaft oder der gleichen wahrgenommen.
Auf ein paar Aussagen mag ich kurz eingehen:
Er ist sensationell eingefangen, er ist sensationel geschnitten, er ist sensationell gespielt und er ist einfach sensationell komponiert.
Tatsächlich fand ich den Schnitt an 1-2 Stellen innerhalb einer Szene etwas zu wild.
Wenn Matthew McConaughey seine Kinder in Interstellar verlässt und dabei so extrem leidet, dann leidet jeder Zuschauer mit diesem Heuchler, der seinem Sohn nicht eine Träne hinterher heult, aber die ganze Zeit über seine Tochter vermisst. Und warum? Weil sie intelligent ist und er nur ein Bauer.
Seine Tochter beschimpft ihn, sein Sohn unterstützt seinen Aufbruch. Da sind die Tränen verständlich. Tatsächlich bricht Cooper in Tränen aus, als er sieht wie sein Sohn erwachsen wird und z.B. von seiner ersten Freundin erzählt. Die Bindung ist also schon da gewesen.
Trotzdem mag ich nicht leugnen, dass es zwischen beiden Kindern schon ein Ungleichgewicht gibt.
Dieser Engländer iszeniert amerikanischer als die ganzen Trumpisten der Welt und rechtfertigt alles weg, was ihm nicht in den Kram passt, das ist schon irgendwie schmerzhaft.
Tatsächlich ist dieser Engländer auch ein Amerikaner. Seine Eltern kommen aus den USA (Mutter) und UK (Vater) und ist in beiden Ländern groß geworden.
Letztlich noch eine kleine Einwertung der Brüder Nolan, ich habe das gefühl, dass seitdem die Brüder getrennte Wege gehen, dass Chris die schlechteren Filme macht und ich bei Jonathan besser aufgehoben wäre, auch intellektuell.
Gibt es Filme von ihm, welche dir einigermaßen gefallen? Prestige, Memento, evtl. ein Batman?
Ich werde mir Oppenheimer diese oder nächste Woche ein zweites Mal anschauen und einige deiner Punkte auf jeden Fall im Hinterkopf haben. Spannende Betrachtung von dir.
Kritik: Oppenheimer von MobyDick
MobyDick | 05.12.2023