Bewertung: 4 / 5
Die Schöne und das Biest ist auch als Realfilmadaption eine wunderschöne Erfahrung. Die Musik, die Kostüme sowie die gesamte Darstellung verzaubern ebenso in dieser Fassung, dennoch lebt dieser Film ganz stark vom Mythos des Trickfilms und schafft es nicht, aus dessen Schatten zu treten. So ist es beinahe eine 1:1-Nacherzählung im neuen Gewand, welche keine eigenen Akzente setzt, im Gegensatz zu so manch anderer Disney-Adaption. Das Ergebnis ist noch immer atemberaubend, aber wer das perfekte Original kennt, braucht das Plagiat nicht wirklich.
Die Schöne und das Biest Filmkritik
In ihrem Dorf ist die wunderschöne Belle (Emma Watson) schon immer als ein wenig eigenartig verschrien, denn so richtig passt sie nicht hierher. Auch für die Avancen des Dorfschönlings Gaston (Luke Evans) interessiert sich Belle nicht ein bisschen. Eines Tages findet ihr Vater Maurice (Kevin Kline) im Wald ein verwunschenes Schloss und wird dort prompt von einem einsiedlerischen Biest (Dan Stevens) gefangengenommen. Daraufhin bietet sich Belle mutig als Austausch für ihren Vater an, die fortan im Schloss leben muss. Dort freundet sie sich mit den magischen Geschöpfen an und entdeckt Schönheit hinter der düsteren Fassade...
Trailer zu Die Schöne und das Biest
1991 brachte Walt Disney mit Die Schöne und das Biest ein wahres Meisterwerk in die Kinos. Dieser Trickfilm war in nahezu allen Belangen perfekt und wurde besonders durch seine Musik zu einem unvergesslichen Erlebnis. Ganz dem heutigen Zeitgeist entsprechend, in dem Mut bei Filmstudios keine ausgeprägte Eigenschaft mehr ist, wird diese Geschichte nun neu als Realfilm erzählt. Wobei "neu" ist nicht ganz korrekt, ist Die Schöne und das Biest eine fast 1:1-Kopie des Originals und auch Realfilm trifft es nicht, denn wo früher der Pinselstrich und erste Gehversuche mit dem Computer gemacht wurden, sind im Jahr 2017 gefühlt 50% des Films im CGI-Labor entstanden.
Wie robust die Geschichte von Die Schöne und das Biest ist, zeigt sich, wenn man sich diesen Film im Detail ansieht und dann fallen auch schnell ein paar kleine Unterschiede auf. Im Gegensatz zum im letzten Jahr veröffentlichten The Jungle Book, welcher versuchte, die bekannte Geschichte auch atmosphärisch und inhaltlich zu verändern, sind die Änderungen bei Die Schöne und das Biest nur marginal. So sind wir stellenweise etwas dichter an der Originalstory, erfahren etwas mehr über die Vorgeschichte des Biests, ein wenig zu Belles Mutter und, was durchaus eine Verbesserung ist, wird sich mehr Zeit für die Annäherung zwischen Belle und dem Biest genommen.
Während alle Musikklassiker aus dem Originalfilm, teils mit Abwandlungen, auch im neuen Die Schöne und das Biest zu finden sind, wurde das musikalische Aufgebot auch um ein paar neue Songs erweitert. Doch wirklich zünden wollen diese Musikstücke nicht, denn verglichen mit der epischen und orchestralen Größe der bekannten Titel wirken diese lahm und uninspiriert und man hofft eher, dass diese schnell vorbeigehen und man wieder zu den guten und bekannten Stücken kommt.
In diesen Momenten zeigt sich, wie sehr Die Schöne und das Biest von dem Mythos des Originals lebt, der Film zitiert, kopiert, aber erschafft selbst nichts denkwürdig Neues, weil er es nicht wagt, aus dem Schatten des übergroßen Vorbilds herauszutreten. Zwar werden immer wieder zaghafte Versuche gemacht, aber diese wirken nicht selten wie eine Verschlimmbesserung. So manche Storyänderung hätten sich die Macher getrost sparen können, die Szenen wirken aufgesetzt und unnötig und ziehen den Film auch mit seinen 130 Minuten unnötig in die Länge. Dabei wäre es gar nicht verkehrt, länger in dieser Welt zu verweilen, denn die Ausstattung ist atemberaubend und auch viele Darsteller perfekt gecastet. Vor allem Luke Evans als Gaston trifft den Nagel auf den Kopf und an seiner Seite Josh Gad als LeFou. Bereits die beiden sind absolut sehenswert. Auch das Biest ist sehr gut getroffen und wie treu man dem Original bleibt, zeigt sich spätestens, wenn das Biest als Mensch am Ende genauso befremdlich wirkt wie einst im Trickfilm. Die große Schwachstelle im Cast ist eigentlich Emma Watson, die hübsch ist und durchaus eine ansehnliche Belle abgibt, doch ihr Minenspiel viel zu eingeschränkt ist und so läuft es auf die immer gleichen Gesten und Gesichtszüge hinaus, wahre Emotionen transportiert sie nicht.
Eine teils harsche Kritik und doch bekommt dieser Film vier Hüte, wie ist das möglich? Weil Die Schöne und das Biest für sich genommen ein wunderschöner Film geworden, Kritik im Vergleich aber unabdingbar ist. Gäbe es das Original nicht, würde die Bewertung mal wieder höher ausfallen, die Kritik anders klingen. Wer Die Schöne und das Biest ein wenig mutiger möchte, sollte sogar besser zur 2014 veröffentlichten französischen Interpretation greifen - denn wirklich brauchen tut diesen neuen Film trotz seiner unzähligen Qualitäten niemand. Es ist ein Film, der oft die gleiche Qualität wie das Original erreicht, aber eben wie jede gute Kopie nur fast. Ein Film, der da ist, weil es eben geht, weil Disney inzwischen nur noch auf Nummer sicher spielt. Ein Film, dessen einzige Daseinsberechtigung letztlich ist, dass gezeichnete Figuren durch echte Menschen ausgetauscht werden. Wenn wir in Zukunft zwischen diesem Film und dem Trickfilm wählen müssten, würden wir immer zum Trickfilm greifen. Ein Film, der atemberaubend aussieht und immer noch atemberaubend ist, ganz im Gegensatz zu 2017, wo man das Gefühl nicht loswird, dass es den perfekten Film doch schon gab.