Bewertung: 4 / 5
Manchmal stellt sich Oliver Tate vor, was die Leute sagen würden, wenn er tot wäre. In Fernsehfeatureform: Er sieht seine Eltern, die eine bewegende Pressekonferenz abhalten, Mitschülerinnen, die verspätete Liebesgeständnisse in die Kamera heulen, und Nachrichtensprecherinnen, die von dem Trauermarsch berichten, der ihm zu Ehren organisiert wurde. Dem Zuschauer bleibt kaum eine Chance: Man muss diesen verschrobenen Jungen mit der bescheuerten Frisur einfach ins Herz schließen. Und dabei ist Submarine noch nicht einmal über den Prolog herausgekommen.
Oliver (Craig Roberts) redet viel. Nicht unbedingt mit seinen Mitmenschen, sondern mit dem Publikum, aus dem Off. Und zwar nicht nur ein bisschen am Anfang, so wie in den Filmen, in denen den Regisseuren einfach nichts Besseres einfiel, um ihre zentrale Figur originell einzuführen. Richard Ayoade - Komiker, Schauspieler, Musikvideo-Regisseur (Arctic Monkeys, Vampire Weekend) - zieht die Sache durch. Mit wechselnder Intensität, aber von Anfang bis Ende.
Er lässt Oliver schnell sprechen, wenn er aus dem Off über Jordana (Yasmin Paige) philosophiert, das Mädchen, in das er verliebt ist. So schnell, dass der Schnitt manchmal kaum hinterherkommt. Die Cutter Christopher Dickens und Nick Fenton scheinen keinerlei Einfluss darauf zu haben, wann eine Einstellung die nächste jagt und wann ein Bild plötzlich einfriert. Es ist Olivers Film, er allein gibt den Ton an. Er entscheidet, ob die ersten zwei Wochen seiner Beziehung mit Jordana gerafft in Super-8-Optik laufen oder ob die Handlung kurz warten muss, weil ein kleiner Exkurs über bestimmte Personen fällig ist. Über seine Mutter (Sally Hawkins) oder seinen Vater (Noah Taylor) beispielsweise.
Dass die beiden in einer Ehekrise stecken, ist für den 15-Jährigen nichts Neues. Schließlich haben sie seit sieben Monaten nicht miteinander geschlafen. Das weiß Oliver, weil er allmorgendlich die Einstellung des Dimmschalters im elterlichen Schlafzimmer überprüft. Aber dass sich seine Mutter jetzt zu dem Esoterikguru (Paddy Considine) aus der Nachbarschaft hingezogen fühlt, das beunruhigt ihn schon sehr. Darum beschließt er, die Beziehung seiner Eltern zu retten - und lässt dabei seine eigene schleifen.
Der Brite Richard Ayoade versteht sich hervorragend darauf, Wort und Bild so zusammenzuführen, dass jener trockene Witz entsteht, für den seine Landsleute berühmt und berüchtigt sind - Unterstatement inklusive. Auf die Schwärze, die damit oft Hand in Hand geht, verzichtet er jedoch - und setzt stattdessen auf eine aufregende Optik, nachdenkliche Songs von Arctic-Monkeys-Frontmann Alex Turner und viel Herz. Eine Kombination, die auch nach dem Epilog noch begeistert.
Submarine bekommt 4 von 5 Hüten.
(Quelle: teleschau - der mediendienst | Annekatrin Liebisch)
