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Wochenendrebellen

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Prädikat: besonders wertvoll

Wochenendrebellen Kritik

Wochenendrebellen Kritik
1 Kommentar - 17.08.2023 von FBW
Hierbei handelt es sich um eine Kritik der Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW).
Wochenendrebellen

Bewertung: 4 / 5

Marc Rothemund verfilmt mit Wochenendrebellen den autobiografischen Erfahrungsbericht von Mirco von Juterczenka, der vor zehn Jahren in einem Blog begann, die Erfahrung des "Groundhopping" mit seinem damals sechsjährigen und mit Autismus diagnostizierten Sohn Jason zu schildern. Das Ergebnis ist ein ungeheuer feinfühliger Film, der Spannung, Humor und die Geschichte einer Ermutigung grandios verbindet mit absolut ungeschönten Einblicken in die Konfliktsituationen, in die einen das Unverständnis zwischen Autisten- und "Normie"-Welt bringen kann.

Der Kunstgriff des Films ist natürlich seine geglückte Anbindung zum populären Thema Fußball: Als Jason - der im Film zehn Jahre alt ist - einmal wieder große Schwierigkeiten in der Schule erlebt, stößt sein Opa (Joachim Król) den Gedanken an, er bräuchte eine Lieblingsfußballmannschaft. Mit autistischer Akribie trägt Jason seine Kriterien zusammen, die ein Verein, der ja schließlich sein Lieblingsverein werden soll, erfüllen müsste - und Vater Mirko (Florian David Fitz) entwickelt daraus die Idee, gemeinsam die Bundesrepublik zu bereisen, zu Spielen der verschiedensten Ligen, um vor Ort zu recherchieren, ob alle Kriterien erfüllt sind. Die Reisen fordern nicht nur Jason einiges ab, sondern auch dem Vater. Wieder und wieder müssen die beiden gemeinsam aushandeln, wie sie auch durch unpässliche Situationen kommen, und wie Fortschritt möglich ist, auch wenn sich an Jasons Autismus an und für sich nichts ändert.

Wochenendrebellen besticht durch die große Authentizität der gezeigten Konfliktsituationen, die wenig beschönigen, und zugleich nuancenreich klarmachen, dass es hier nie um Schuld geht: Nicht Jason kann etwas dafür, dass ihn manche Situation in einem vollen Zug überfordert, und auch sein Vater darf sich mal am Ende seiner Kräfte und Kapazitäten zeigen. Sehr gut funktioniert im Film die Einbindung der Szenen aus den realen Fußballstadien, die auf schöne Weise das Verbindende und Hochemotionale der Fan-Kultur belegen.

Grandios sind die beiden Hauptdarsteller: Florian David Fitz porträtiert präzise und sensibel einen Vater, der alles für den Sohn tun möchte, aber oft auch überfordert ist. Dass er die Widersprüche zeigen kann, erleichtert die Identifikation; er ist kein Übermensch. Und Cecilio Andresen als Jason gelingt das große Kunststück, seine schwierige Position im Leben verständlich zu machen - die Abhängigkeit von selbstgesetzten Regeln, die manchmal auch zu Stolpersteinen werden. Er nervt gleichsam mit seiner Rigidität und seinen Hilflosigkeiten, bleibt dabei aber immer sympathisch und nachvollziehbar, ohne je ins Süßliche oder Kitschige zu verfallen. Ebenfalls feine Akzente setzen sowohl der wunderbar zurückhaltend agierende Król als Opa und Aylin Tezel als unbedingt mitfühlende Mutter.

Wochenendrebellen erzählt populär und mitreißend und spart doch neben den positiven auch die negativen Gefühle nicht aus. Er wird dem Thema Autismus auf wunderbare Weise sehr gerecht - und nimmt völlig die Scheu vor einer Auseinandersetzung damit. Außer Schauspiel und Regie tragen noch viele weitere Gewerke hier ihren Teil bei: wie etwa ein Sounddesign, das Jasons Empfindsamkeiten in vielen Situationen sehr gut hervorhebt, und eine Produktion, der es gelang reale Drehorte wie die einschlägigen Stadien und die deutsche Bahn zu gewinnen. Und dann schließt der Film auch noch mit einem gewinnenden Appell zur Nachhaltigkeit und zum Klimaschutz.

Prädikat: besonders wertvoll

Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung

Wochenendrebellen Bewertung
Bewertung des Films
810

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1 Kommentar
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Cairbre : : Moviejones-Fan
03.10.2023 18:22 Uhr | Editiert am 03.10.2023 - 18:26 Uhr
1
Dabei seit: 23.11.11 | Posts: 348 | Reviews: 0 | Hüte: 9

Heute im Kino gesehen, ein berührender Film der ein schwieriges Thema (Kinder mit Autismus) mit Fussball verbindet. Dass er auf einer wahren Geschichte beruht macht den Film noch bewegender, die beiden suchen noch immer. Mich hatte damals schon der Trailer gepackt und das Gezeigte dann auch nicht enttäuscht. Ein Film nicht nur aber gerade auch für Eltern mit manchmal herausfordernden (oder je nach Experte: autonomen, selbstbestimmten, aktiven..) Kindern, die jeden Tag aufs Neue kämpfen für die Familie um den Tag möglichst ohne grösseren Zwischenfall zu überstehen. Auch wenn hier natürlich wieder mal das Klischee bedient wird des (im Vergleich zum 40h Tag der Hausfrau und Mutter) zur "leichteren" Arbeit fliehenden Vaters, der erst lernen muss seinen Sohn kennenzulernen und seine Familie nicht im Stich zu lassen, sei dies hier ausgeblendet aufgrund der Tatsachenbasierung. Im Fokus steht hier ganz die Sohn-Vater-Beziehung und die wurde auch von den Darstellern toll umgesetzt. Es bleibt nur höchsten Respekt dieser Familie im Besonderen und allen anderen Familien (egal ob Vater und/oder Mutter neben der täglichen Arbeit alle verbliebene Kraft den Kindern schenken) auszusprechen, die das Gefühl kennen bei jeder Gelegenheit auf dem Sprung zu sein und auf dem Spielplatz zu hoffen, dass das eigene Kind dem anderen nicht doch noch ne Schaufel überzieht, oder egal wie schön die Feier war man ein bisschen froh ist zu gehen weil bis jetzt nichts kaputt gegangen ist, oder die kleine Schwester nicht traktiert wurde weil sie auf dem "falschen" Platz sass, oder dass man beim Abholen von der Schule nicht schon wieder zum Gespräch reingerufen wird, oder wieder eine Nachricht im Hausaufgabenheft hat, oder eine Rechnung für eine zerrissene Hose mitbekommt, oder mit ner Leiter anrücken muss weil ein Schuh aufs Dach geflogen ist, oder beim Elternabend alle sagen "Ach Sie sind die Eltern von.." Sorry jetzt bin ich wohl irgendwie abgeschweift, aber der Film hat mich wirklich mitgenommen und feuchte Augen gemacht. Guter Film. Den Vater bewundere ich, ich glaube nicht dass ich das so packen würde.

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