Die letzten beiden Folgen von Better Call Saul, Episode 5 "Schäferbub" (Originaltitel: "Alpine Sheperd Boy") und Episode 6 "Fünf-Null" (Originaltitel: "Five-0") beleuchteten etwas mehr die anderen Charaktere als Ganovenanwalt Jimmy McGill (Bob Odenkirk) selbst. Beziehungsweise in Episode 5 die Beziehung zwischen Jimmy und seinem Bruder Chuck (Michael McKean). Denn dass dieser ein ernstes Phobieproblem hat, ist offensichtlich. Und so führt der Diebstahl der Zeitung aus Episode 4, den Chucks Nachbarin ernst nimmt, obwohl Chuck mehr Geld als nötig hinterlassen hatte, dazu, dass die Cops vor seiner Tür stehen und mit ihm reden wollen.
Da Chuck sich aufgrund seiner Phobie äußerst merkwürdig für die Cops verhält, gerät die Situation außer Kontrolle und Chuck landet schließlich im Krankenhaus. Und droht, in einer Psychiatrie zu enden. Droht? Das ist die Frage, die sich Jimmy nun stellen muss. Denn dass Chuck Hilfe braucht, genau damit muss er sich nun intensiver als bisher auseinandersetzen. Bisher funktionierte Chucks Alltag, da Jimmy dafür sorgte, dass Chucks Leben trotz der Phobie vor Strahlung machbar ist. Doch kann das auf ewig so weitergehen? Was wäre, wenn Jimmy ihn mal nicht umsorgen kann? Ist es überhaupt richtig, nichts gegen die Phobie zu tun, sondern Chucks Leben an diese anzupassen? Jimmy muss also entscheiden, was für Chuck das Beste ist.
Es ist wieder einmal lobenswert, wie ein Format wie Better Call Saul tief schürfende Fragen aufwerfen kann. Etwas offensichtlicheren Humor gibt es neben dem kuriosen Drama trotzdem, denn Jimmy hat nun einige Mandantenanfragen, und deren Fälle sind äußerst witzig. Der Begriff "Sextoilette" dürfte schon ausreichen, um genug anzudeuten. Am Ende kommt wieder mehr Crime ins Spiel, denn das FBI taucht vor Mikes (Jonathan Banks) Tür auf. Und entsprechend dreht sich die nächste Folge, Episode 6 "Fünf-Null", um Mikes Hintergrundgeschichte...
Episode 6 "Fünf-Null" von Better Call Saul ist wahrlich die bisher berührendste und auch für Breaking Bad-Kenner spannendste Folge, denn was wusste man bisher schon groß über "Fixer" Mike Ehrmantraut aus der Mutterserie? Er ist wortkarg, ein guter Killer und hat als Background eine Enkelin, der er Geld zukommen lässt, um ihre Zukunft abzusichern. Was es mit dieser Enkelin auf sich hat und was das FBI von Mike will, darum dreht sich die komplette Folge, die dramatischste bisher beziehungsweise die mit dem geringsten Humoranteil. Die Leistung, die Jonathan Banks in seiner Beichtszene bringt, sollte mit einem Emmy belohnt werden, uns hat er jedenfalls zutiefst zu Tränen gerührt, und damit dürften wir nicht allein stehen.
Man wusste, Mike hat ordentlich Dreck am Stecken, doch er hat bitter dafür bezahlt und wird sein Leben lang weiter dafür zahlen, wie man in dieser Folge erfährt. Und man erfährt, wie aus einem Cop ein korrupter Cop und schließlich ein Mörder aus Rache wird. Wir wollen euch nicht zu viel verraten, mit den wenigen Worten haben wir schon viel angedeutet. Denn der Spannungsbogen ist ebenfalls gut gemacht, gebannt zu rätseln, was denn nun genau geschehen ist. Man ahnt früh schon so einiges, aber die detaillierte Wahrheit haut einen dann doch um.
Um es nicht unerwähnt zu lassen - Mike holt aufgrund des FBI-Besuchs Jimmy als seinen Anwalt dazu, wodurch der Kontakt der beiden zueinander nun also einen Schritt weiter ist - und Mike bittet ihn um einen ungewöhnlichen Gefallen. Jimmy errät durch das folgende FBI-Gespräch einiges von der Wahrheit, doch die ganze Wahrheit beichtet Jimmy jemand anderem. Und damit aber zumindest auch uns Zuschauern. Eine gequälte Seele, die große Schuld auf sich geladen hat, grandios inszeniert und gespielt.
Nächste Woche geht es in Better Call Saul mit Episode 7 "Bingo" weiter, unten ein Clip für euch dazu, der zeigt, dass Jimmys Minibürozeiten offenbar bald vorbei sind.