Hier dreht sich alles um die News Auflösung Oscar-Tippspiel 2023: Wer hat gewonnen?. Tausch dich mit anderen Filmfans aus.
@ MB80
Nicht so überraschend wenn man bedenkt, dass von den Kritikern im angloamerikanischen Raum vermutlich nur ein verschwindend kleiner Prozentsatz den Roman gelesen haben dürfte, während es gerade im deutschsprachigen Feuilleton, wo der Film am härtesten verrissen wurde, sicher deutlich mehr sind. Selbiges dürfte für die Kenntnis der historischen Implikationen des problematischen Erzberger-Strangs gelten, die wir schon ausgiebig diskutiert haben.
PaulLeger:
Da würde ich tatsächlich widersprechen. Zum einen war der Roman ein Welterfolg, und wird durchaus auch an den Schulen im angloamerikanischen Raum gelesen. Zum anderen sind wir hier wieder bei der "Film muss exakt das Buch wiedergeben" Diskussion glaube ich, und ich denke weiterhin hier wurde der richtige Weg gewählt. Der Film von 1930 war ja schon eng am Material, das nochmal 1:1 "in modern" zu Filmen hätte wenig gebracht. Insofern ist die neue Adaption eine sinnvolle Erweiterung.
Das dem Film wegen einer Szene revisionistische Tendenzen unterstellt werden ist für mich weiterhin schwer nachvollziehbar. Und der Sieg bei zwei internationalen Awards sollte da eigentlich nen soliden Deckel drauf machen.
"Fanatical legions worshipping at the shrine of my father’s skull."
@ MB80
Da würde ich tatsächlich widersprechen. Zum einen war der Roman ein Welterfolg, und wird durchaus auch an den Schulen im angloamerikanischen Raum gelesen.
Wie viele US-Bürger den Roman gelesen haben, werden wir jetzt nicht klären können. Es fällt aber auf, dass je mehr man sich US-Kritiken anschaut, die in angesehenen klassischen Medien erschienen sind, desto eher trifft man auf recht ähnliche Kritikpunkte wie sie hierzulande geäußert werden, siehe diesen Verriss im Wall Street Journal. Leider hinter einer Paywall aber auch der lesbare Abschnitt lässt erahnen, dass der Autor sich unter anderem ebenfalls an der berüchtigten Erzberger-Szene stört. Glenn Kenny, der auch für die New York Times schreibt, zeigt sich wiederum über die Diffamierung der Franzosen verwundert.
Dass Redakteure des WSJ, der New York Times oder der Washington Post im Schnitt mehr Wissen über deutsche Literatur und die Geschichte des 20. Jahrhunderts haben dürften als Blogger und YouTuber (von denen es bei RT sehr viele gibt), dürfte keine steile These sein. Ich finde daher, wenn man sich die Kritiken genauer ansieht, gibt es gar keine so große Diskrepanz zwischen Deutschland und den USA, sondern vielmehr eine zwischen klassischem Feuilleton und Online-Kritikern.
Der Unterschied ist, dass der Diskurs hierzulande eben noch mehr durch die klassische Filmkritik in den Feuilletons bestimmt wird (ich bin mir sicher, dass der Film bei deutschen Online-Portalen wie Filmstarts usw. überwiegend gut wegkommt), während in den USA Rotten Tomatoes darüber bestimmt, und da die klassischen Medien bei den erfassten Kritiken auf RT in der Minderheit sind, wirkt es so als werde der Film universell unkritisch gesehen.
Und der Sieg bei zwei internationalen Awards sollte da eigentlich nen soliden Deckel drauf machen.
Oscar-Sieger 2023: EEAAO, RRR, Avatar: The Way of Water, Top Gun: Maverick, Black Panther: Wakanda Forever
Filme, die bei den Oscars leer ausgegangen sind: Tar, The Banshees of Inisherin, The Fabelmans, Babylon, Elvis
Sollte keine Frage sein welche Reihe die künstlerisch hochwertigeren Filme enthält. So eine absurde Statistik erwartet man eher von den MTV Movie Awards als von einem Filmpreis, der ernst genommen werden will.^^
Insofern weiß ich nicht was Oscar-Gewinne über den künstlerischen Wert von IWNN aussagen sollen.
Glückwunsch, Paul und Zeldan
"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."
PaulLeger:
"Leider hinter einer Paywall aber auch der lesbare Abschnitt lässt erahnen, dass der Autor sich unter anderem ebenfalls an der berüchtigten Erzberger-Szene stört. Glenn Kenny, der auch für die New York Times schreibt, zeigt sich wiederum über die Diffamierung der Franzosen verwundert."
Glenn Kenny ist aber auch der einzige, der da eine "Diffamierung" gesehen hat (kenne seine Review, die war leider auch eine seiner schwächeren). Generell kann man da jetzt versuchen, bei einigen doch mehr Kritik rauszulesen, aber der Kernpunkt, warum die Szene nicht problematisch ist, ist ja folgender:
Mann muss das sauber trennen. Dass der harte Frieden, ich schmeiße jetzt mal den Waffenstillstand und Vertrag von Versailles in einen Pott, Gift für die Weimarer Republik war, ist übergreifend akzeptiert, auch international. Ich empfehle da mal die Serie Hitlers Kreis des Bösen (Hitlers Circle of Evil), bei der kann man bestimmt auch einiges monieren (Dramatisierung, Schauspieler wechseln, Titel..) aber den Punkt kriegt sie auch raus.
Davon muss man dann wieder klar die Nazi Ideologie, Dolchstosslegende, Überfall auf Polen und den ganzen Rattenschwanz trennen, da gibt es keine Kausalität, dazu hat die Deutschen damals keiner gezwungen. Und die Unterscheidung trifft der Film klar, und nur um das zu unterstreichen attackiert er ja noch zwei selbstgemachte Probleme von Weimar (Dolchstoss (Hindenburg empfielt die Unterschrift, später wird er diese Verschwörungstheorie verbreiten) und Militarismus). Eine Kausalität, ergo "wegen dem harschen Frieden tragen die Alliierten Mitschuld an Auschwitz", ist natürlich Unfug und wird eben nur von rechts-revisionistischen Kreisen geführt.
Im übrigen waren die Verhandlungen wohl ähnlich unangenehm, insofern wäre es seltsam, dem Film einen Vorwurf draus zu machen (dieses Wechselspiel aus emotionaler Kälte und vermittelter "viszeraler" Kälte ist übrigens noch ein Pluspunkt des Filmes, der wenig erwähnt wird).
Bei den Awards ging es mir vor allem um das internationale. Oscar bashing ist ja was feines, mache ich auch regelmäßig mit, aber dieses Jahr war ich zum ersten mal daccord mit den Entscheidungen (Tár nicht gesehen, ebenso Banshees, wartet auf D+...). Mein einziger gripe dieses Jahr wäre die Abwesenheit von Nope, aber darüber hast du dich denke ich eher gefreut^^
"Fanatical legions worshipping at the shrine of my father’s skull."
@MB80
Dass "Nope" zumindest beim Ton fehlt, darüber waren wir uns ja alle einig^^
"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."
@ MB80
Glenn Kenny ist aber auch der einzige, der da eine "Diffamierung" gesehen hat
Der einzige? Nicholas Barber begs to differ
Ich weiß ehrlich gesagt nicht wie man da eine Einseitigkeit in der Darstellung abstreiten kann, seine Aufzählung ist ja noch nicht einmal vollständig. Auf der anderen Seite wurden mehrere Passagen aus dem Roman, in denen deutsche Soldaten in einem schlechten Licht gezeigt werden, gestrichen. Das hinterlässt mindestens einen schalen Beigeschmack.
Übrigens hätten wir damit jetzt Autoren vom WSJ, der NY Times, der Post und des Guardian. Ich halte das für eine recht eindrucksvolle Liste angloamerikanischer Qualitätsmedien und Bestätigung meiner zuvor formulierten These, hierzulande sind es schließlich auch die FAZ oder die Süddeutsche und nicht Filmstarts, die die Probleme des Films benennen.
Mann muss das sauber trennen. Dass der harte Frieden, ich schmeiße jetzt mal den Waffenstillstand und Vertrag von Versailles in einen Pott, Gift für die Weimarer Republik war, ist übergreifend akzeptiert,
Schon, aber das Problem ist doch, dass hier jeglicher Kontext fehlt. Die Haltung der Franzosen war die Revanche für 1871 als sie von den Deutschen besiegt worden sind und diese zu ihnen "nicht gerecht" waren (Stichwort Elsass-Lothringen, etc.). Darüber hinaus hatte sich das Deutsche Reich gerade einmal ein halbes Jahr zuvor gegenüber Russland im Diktatfrieden von Brest-Litowsk alles andere als "gerecht gegenüber den Besiegten" gezeigt, da wirkt es wie Hohn, dass Erzberger hier von Gerechtigkeit faseln darf und der Film seine Position auch noch unterstützt, da er nichts unternimmt, um Erzberger hier irgendwie im Unrecht zu zeigen, im Gegenteil. Er wird eindeutig als der Gute gezeichnet und Foch als Schurke.
Ist es nicht sogar so, dass Erzberger unbedingt will, dass der Waffenstillstand sofort eintritt, weil er möglichst viele sinnlose Tode verhindern will, während der schurkische Marschall Foch dessen Beginn erst auf einige Stunden nach der Unterzeichnung ansetzt? (und damit in der filmischen Logik eine Mitschuld am Tod unseres Helden trägt, ganz zu schweigen von den zahlreichen weiteren sinnlosen Toden der Schlusssequenz)
Im übrigen waren die Verhandlungen wohl ähnlich unangenehm, insofern wäre es seltsam, dem Film einen Vorwurf draus zu machen
Selbstverständlich kann man dem Film vorwerfen diesen Handlungsstrang, der im Buch nicht vorkommt, überhaupt hineingenommen zu haben.
aber dieses Jahr war ich zum ersten mal daccord mit den Entscheidungen (Tár nicht gesehen, ebenso Banshees, wartet auf D+...).
Stell ich mir schwierig vor diese Einschätzung abzugeben ohne die dafür relevanten Filme gesehen zu haben. Es sei denn es geht nicht vorrangig um die Qualität, sondern um die gleichen Gründe, aus denen die Academy ihre Entscheidungen getroffen hat. Dass Blanchett keine Asiatin ist, weiß man in der Tat auch ohne "Tar" gesehen zu haben.
Auflösung Oscar-Tippspiel 2023: Wer hat gewonnen?
Moviejones | 17.03.2023