Anora (2024)

@TiiN
"In Once Upon A Time In Hollywood hat Tarantino damals echt einige Leute gecastet, die nun inzwischen Stars sind, damals aber niemand kannte."

Ja, das ist in der Tat faszinierend, Maya Hawke würde ich noch ergänzen.

"Top Gun: Maverick" nimmt eine ähnliche Entwicklung. Glen Powell ist immens populär, Danny Ramirez ist der neue Falcon im MCU, Monica Barbaro ist Oscar-nominiert für "A Complete Unknown".

Wenn ich mir die Wollmilchcast-Folge von Jenny Jecke und Matthias Hopf zum Film anhöre, bin ich mit meinem Text unten unzufrieden^^

https://www.podcast.de/episode/645600498/268-anora-von-sean-baker

Wolfgang Schmitt:
"Sean Baker meldet sich mit einem 140-minütigen Trip durch das Rotlichtmilieu und die Welt der Superreichen zurück. In einer Mischung aus Thriller, RomCom und Actionkomödie erzählt „Anora“ gekonnt von der Herrschaft des Geldes über Menschen."

https://www.youtube.com/watch?v=iZ5UKTaqEuI

Im Vergleich mit dem jüngeren Kino hat "Anora" - abseits der klaren Handschrift Sean Bakers - viel von "Uncut Gems" der Safide-Brüder und den früheren Kriminal-/Gangster-Komödien der Coen-Brüder, beim älteren Kino werden oft die klassischen Screwball-Komödien von Ernst Lubitsch, Howard Hawks und Billy Wilder genannt (ohne dass ich diesbezüglich selbst große Expertise hätte).

Der Film beschäftigt sich intensiv mit dem Klassen- und Geldsystem (in den USA und allgemein). Abhängigkeiten, Transaktionen, Macht- und Druckmittel, körperliche Arbeit (sowohl Sexarbeit als auch die Gangster-Henchman als Gegenstück), Ausbruchsversuche, Rebellion und Solidarität, des weiteren eine Abkehr vom romantischen/romantisierten Heilsversprechen einer Rettung durch die Reichen bzw. konkreter durch einen reichen Prinz Charming, der hier selbst wiederum auch nur vom Geld abhängig ist.

"Anora" durchleuchtet das tragisch, nach dem Sex, der Erotik, der von den Figuren aus Eigeninteresse inszenierten Romantik und Verliebtsein folgen der Kater und die Ernüchterung. Gleichzeitig nimmt der Film das Klassen- und Geldsystem großartig überzeichnet zwischen Fremdscham und brüllender Komik aufs Korn.

Mikey Madison (OUATIH, Scream) ist als fast weißes Blatt eine Offenbarung, ihrem Mund ist kein Freier, kein Gangster und kein Oligarch gewachsen. Der subtile Juri Borissow und der lebensfreudige Mark Eydelshteyn, vorher nur in Russland bekannt, sind ebenfalls tolle Neuentdeckungen. Mark Eydelshteyn hätte ferner glatt dem neulich ausgetragenen Timothée-Chalamet-Lookalike-Contest entspringen können, oh boy. In den ersten 30 Minuten des Films gibt es für Bisexuelle wie mich einiges zu sehen^^

Hat mir besser gefallen als ich dachte. Der Film fesselt von der ersten Sekunde an und schafft es bis zum Ende, mein Interesse hoch zu halten. Gutes Pacing, ein toller Look, gute Darsteller, sympathische Charaktere (weitestgehend), die zudem ziemlich "realistisch" wirken. Gerade auf der Seite der Russen. Keine NPC-Handlanger, kein typischer böser Oberboss. Nein, das sind Leute, die einfach nur ihren Job machen wollen. Und sie wirken sympathisch, tun einem sogar etwas Leid, und sind auch noch echt witzig. Herausstechend ist Yura Borisovs Charakter, selten einen so realistischen und sympathischen Charakter gesehen, anfangs hab ich mich gefragt, wieso gerade er für den Oscar uvm. nominiert wurde, aber nun da der Film vorbei ist, verstehe ich es. Mikey Madison ist super, was soll ich hier noch groß sagen. Mark Eydelshteyn fand ich auch gut. Hoffentlich sieht man von den drei in Zukunft noch mehr.

Ich fand den Film sehr unterhaltsam, überraschend witzig und trotz allem was passierte, war der Ton nie sehr ernst gehalten, was ich aber gut fand. Gegen Ende war es dafür etwas ruhiger und ganz am Ende dann emotional, ein kleiner Dämpfer zum Abschluss. Und dadurch wirksam.

Drücke die Daumen bei den Oscars, die Chancen stiegen ja in den letzten Wochen immer weiter.