Bewertung: 3.5 / 5
Sind sie wirklich eine Legende? Während in England wohl jeder schon einmal von den Kray-Brüdern gehört hat, dürften sich hierzulande nur Fans des organisierten Verbrechens mit dem ungleichen Geschwisterpaar auskennen. Dabei waren die Krays in den 50er und 60er Jahren gefürchtete Persönlichkeiten, die sich mit politischen Kontakten, Erpressung und Mord ein kleines Imperium im Londoner East End aufbauten. Eine echte Legende eben.
Bereits seit einigen Jahren hat Reggie Kray (Tom Hardy) die Unterwelt im Londoner East End fest in seinem Griff, doch er will mehr. Zusammen mit seinem kürzlich aus der Psychiatrie entlassenen Bruder Ronnie (Tom Hardy) arbeitet er an ihrer Zukunft, beide schmieden Allianzen und beseitigen Konkurrenten. Politiker und Berühmtheiten gehen in ihren Clubs ein und aus und als Reggie die junge Frances Shea (Emily Browning) kennenlernt und sich in sie verliebt, scheint alles perfekt. Doch dann holt ihn seine Vergangenheit ein und während er seine Strafe im Gefängnis absitzt, wirtschaftet sein Bruder das gemeinsame Unternehmen beinahe in den Ruin. Wieder auf freiem Fuß will Reggie das Imperium neu aufbauen, doch gerade die Liebe zu seinem Bruder und der Hang zur Illegalität stellt die Beziehung zu Frances auf eine harte Probe.
Trailer zu Legend
Legend Kritik
Tom Hardy galt bereits vor Legend als großer Schauspieler und es wäre falsch, diese Kritik zu beginnen, ohne den Hauptdarsteller angemessen zu würdigen. Mit Legend unterstreicht er erneut, wozu er in der Lage ist und schafft das, was wir nur wenigen Schauspielern wirklich zutrauen würden: In einem Film zwei Rollen absolut glaubhaft zu verkörpern. Dabei geht es nicht einfach nur darum, zwei Figuren auszufüllen, dieser Herausforderung stellten sich schon viele Darsteller vor ihm. Hardy verkörpert eineiige Brüder, die dennoch grundverschieden sind. Der eine elegant, durchsetzungsstark, der andere psychotisch und eine Gefahr für sich und seine Umwelt. Hardy schafft es, selbst in Szenen, in denen er mit sich selbst interagiert, den Zuschauer vergessen zu lassen, dass hinter den zwei Gesichtern nur ein Mann steckt. So wie er glänzt, ist es fast schon traurig zu sehen, dass die ebenfalls charmant spielende Emily Browning mit einer ebenfalls tollen Leistung regelrecht verblasst.
Solch eine Darbietung gemixt mit einer spannenden Unterwelt-Geschichte über zwei gefürchtete Verbrecher, was kann da schon groß schiefgehen? Leider ordentlich viel, denn Regisseur Brian Helgeland schafft es nicht, die Geschichte hinter den Brüdern überzeugend zu vermitteln. Dabei steht Zeit genug zur Verfügung, mit 130 Minuten hat Legend nämlich genau die Länge, die es braucht. Der Filmfluss ist da, die Atmosphäre stimmt und doch, dem Zuschauer selbst erschließt sich die Lage nicht wirklich. Statt den Aufstieg und Fall der Krays zu dokumentieren, konzentriert sich Helgeland stark auf die Beziehung zwischen Reggie und Frances, während die illegalen Machenschaften nur zusätzlich thematisiert werden. Ein Konzept nicht unähnlich zu Der Pate 2.
Doch Legend findet dabei nie zu sich selbst und schafft es nicht, dem Zuschauer glaubhaft zu vermitteln, warum nun diese beiden Brüder so viel Macht erlangt haben. Trotz Filmfluss ergibt sich für den Zuschauer kein Fluss in der Entwicklung der Charaktere. Zwar kann alles erfasst werden und macht im filmischen Zusammenhang Sinn, es wirkt aber nicht harmonisch. Alles geschieht immer plötzlich, Gegenspieler werden aufgebaut und nebenbei aus der Handlung gefegt, Ronnie wird von einer Szene auf die nächste immer psychotischer ... und auf einmal bricht das ganze Kartenhaus in sich zusammen. So top die Hauptdarsteller sind, so schlampig wird hier Charakterentwicklung betrieben. Hinzu kommt, dass viele tolle Darsteller nicht zur Geltung kommen. Ein Paul Bettany wird in einer Nebenrolle verheizt und erscheint nicht einmal im Abspann, Taron Egerton darf bis auf ein bis zwei Sätze kaum etwas sagen, obwohl er ständig um Ronnie kreist. Glücklicherweise bekommt wenigstens David Thewlis mehr Bedeutung beigemessen.
Legend Fazit
Tatsächlich hätte aus Legend für ein herausragender Film werden können, wenn die Handlung so gut wie die Leistung Tom Hardys umgesetzt worden wäre. Ohne Hardy ist Legend nur Mittelmaß, etwas für Genrefans. Sicherlich atmosphärisch (vor allem dank der tollen Musik), aber leider nicht mehr. Doch zum Glück gibt es ihn, zwar kann auch er den Film nicht nur durch seine Darbietung in den Olymp heben, aber er kann aus Mittelmaß einen durchaus sehenswerten Film machen. Und das ist eine beachtliche Leistung.