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Anna Karenina

Kritik Details Trailer News
Ein kunstvolles Drama, das spalten wird

Anna Karenina Kritik

Anna Karenina Kritik
4 Kommentare - 18.11.2012 von Moviejones
Wir haben uns "Anna Karenina" für euch angeschaut und verraten euch in unserer Kritik, ob sich dieser Film lohnt.
Anna Karenina

Bewertung: 5 / 5

Man kommt schon in den ersten Sekunden nicht umhin, sich an Baz Luhrmanns Moulin Rouge erinnert zu fühlen, jedoch nicht bunt, poppig und laut inszeniert wie dort passend, sondern prunkvoll und dennoch elegant, wie es einem russischen Klassiker des 19. Jahrhunderts weitaus besser gerecht wird. Entweder als strahlend-leichtfüßiger oder gemeinschaftlich, man kommt nicht umhin es zu sagen, sozial-kommunistischer oder militärisch anmutender Tanz, oder dunkel-schwermütig und zutiefst tragisch im wahrsten Sinne des Wortes stillen Kämmerlein, den man leicht als Hängeboden eines Theaters erkennt. Ein Element des hinter die oberflächlichen Kulissen des Geschehens Führens, das auch in Moulin Rouge und anderen Filmen dieser Art bereits gekonnt benutzt wurde. Für das Produktiondesign (Sarah Greenwood) und Kostümdesign (Jaqueline Durran) wäre ein Oscar absolut verdient.

Wer ein bisschen Ahnung von der russischen Seele hat, weiß zudem, welch hohen dramatisch-emotionalen Stellenwert Musik und Tanz für Russland haben, weswegen man sagen kann, dass dieser Stil der Inszenierung dem russischen Klassiker weitaus gerechter wird als jeder andere zuvor - auch wenn historische Elemente zugunsten der Fokussierung auf die Liebes- und Ehedramen nur Randerscheinung bleiben können, aber dennoch spürbar die Handlungen der Figuren motivieren. Ein Tanz ist es von Beginn an, harmonisch tänzeln und bewegen sich die feine Gesellschaft und die Hauptfiguren im Takt der Musik, nicht umsonst spricht Wronskij an einer Stelle davon, diese "Operette" zu verlassen (keine Sorge, es wird nicht gesungen!). Der Begriff Operette trifft es gut, denn bekanntermaßen unterscheidet sich die Operette durch ihren humoristischen Touch von der Oper. Die zentrale alles tragende Bedeutung der Filmmusik (Dario Marianelli) führt auch dazu, dass es ebenso falsch wäre, nur von einem filmischen Theaterspiel zu sprechen.

Passend dazu werden die Statisten in den Gesellschaftsszenen zu tatsächlich erkennbar inszenierten Statisten, sie freezen, wenn die Handlung sich zum Beispiel beim Ball auf die Hauptfiguren konzentriert und deren ganz persönlicher Liebes- und Eifersuchtstanz beginnt, und bewegen sich erst weiter, wenn diese vorbeigetanzt sind oder wie auf Stichwort, wenn die dramatische Szene vorbei ist. Oder werden zur bedrohlichen Masse, wenn das Handeln der Hauptfiguren plötzlich unangenehm im wahrsten Sinne des Wortes die Blicke der feinen Gesellschaft auf sich zieht - ruckartig drehen sich die Köpfe der Umstehenden zu den Hauptfiguren, die sich von einer sie strafend anstarrenden Masse umringt sehen. Im Kontrast dazu spielen viele hochdramatische Momente sich ohne Musik ab, konzentriert auf Blicke, Mimik, Worte.

Dementsprechend viel wurde von den Darstellern gefordert, in jeder kleinsten und banalsten Bewegung schwingt Choreografie (Sidi Larbii Cherkaoui) mit, dies darzustellen, ohne dabei theatral zu wirken, ist wahrlich Kunst und gelingt bis in die Nebenrollen hervorragend. Hier leisten vor allem Keira Knightley, Jude Law und Aaron Taylor-Johnson Unglaubliches. Knightley hätte wie schon Natalie Portman in Black Swan einen Oscar für diese Rolle verdient, Jude Law zeigt bravourös, dass er nicht nur bekanntermaßen als charmanter Liebhaber, sondern auch als gehörnter und gebrochener Ehemann absolut überzeugen kann. Selbst die wichtigen bis weniger wichtigen Nebenrollen liefern eine beeindruckende Leistung ab, genannt seien hier daher nur die großen Nebendarsteller: Kelly Macdonald ergreift als leidende Dolly, die etwas mehr Spielzeit verdient hätte, Alicia Vikander überzeugt als Kitty, die einen beeindruckenden Wandel von der naiv-verliebten jungen Dame auf Wolke 7 zur heart-broken Leidenden bis zur erwachsen gewordenen Ehefrau und Mutter zeigt, genauso überzeugt Domhnall Gleeson als ebenso broken-hearted Levin, dessen eingeflochtene Geschichte auch am Rande die Probleme nach der Bauernbefreiung aufzeigt, Matthew Macfadyen amüsiert als alles mit Humor betrachtender Schürzenjäger Oblonskij. Mit nicht so viel Spielzeit, aber dennoch beeindruckend, sind Emily Watson als Gräfin Lydia und Ruth Wilson als Prinzessin Betsy zu nennen.

Ist Joe Wrights Inszenierung der zeitlosen Geschichte von Anna Karenina ein Meisterwerk? Liebhaber kunstvoll-dramatischer Filme können diese Frage nur mit "ja" beantworten. Absolute Anti-Kunstfilm-Verfechter werden zumindest die grandiose Leistung von Crew und Cast (Produktion: Tim Bevan, Eric Fellner, Paul Webster) anerkennen müssen, wenn auch der Stil ihren Geschmack nicht treffen kann. Im Bezug auf startende Filme kann diesem Machwerk in puncto kunstvoller Literaturverfilmung höchstens noch Tom Hoopers Les Misérables Anna Karenina den Rang ablaufen. Da Les Misérables aber ein Musicalfilm ist, dürfte der Stil unterschiedlich genug sein. Es mag sein , dass der theatrale Stil manchen Zuschauern eher als negativer Aspekt erscheinen wird - von uns gibt es dennoch oder besser gesagt gerade deswegen die volle Punktzahl.

Trailer zu Anna Karenina

Anna Karenina Bewertung
Bewertung des Films
1010

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4 Kommentare
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Winter : : Moviejones-Fan
20.11.2012 12:15 Uhr
0
Dabei seit: 26.07.10 | Posts: 901 | Reviews: 0 | Hüte: 35

Dieser Kommentar ist gesperrt.

MJ-Pat
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luhp92 : : BOTman Begins
19.11.2012 23:39 Uhr
0
Dabei seit: 16.11.11 | Posts: 17.406 | Reviews: 180 | Hüte: 635
Wow, das ist die erste Kritik, die ich lese, die 10 Punkte erreicht!

Mal schauen, ob ich Zeit finde, mir den Film anzusehen. Wahrscheinlich nicht, da er mich von der Thematik her nicht so interessiert. Als Filmliebhaber und nach dieser Kritik ist die DVD/Blueray aber Pflicht!

"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."

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hekra : : Moviejones-Fan
19.11.2012 09:28 Uhr
0
Dabei seit: 18.07.12 | Posts: 1.382 | Reviews: 0 | Hüte: 17
wui, volle punktzahl.
trailer schon im kino gesehen und dort hab ich schon entschieden, dass ich den film sehen will.
obwohl ich knightly nicht mag, ist sie in diesen kostümfilmen immer sehr überzeugend.
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Sully : : Elvis Balboa
18.11.2012 20:40 Uhr | Editiert am 18.11.2012 - 20:41 Uhr
0
Dabei seit: 29.08.09 | Posts: 10.557 | Reviews: 30 | Hüte: 555
10 Punkte für eine hervorragende, mit Herzblut geschriebene Kritik!

Es kommt im Leben nicht darauf an wie viel Du austeilst, sondern darauf wie viel Du einstecken kannst und trotzdem weiter machst!

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