
In den Straßen von Springfield, wo eine gelbe Familie seit Generationen ihren chaotischen Alltag immer wieder neu erlebt, scheint die Zeit stillzustehen - oder doch nicht? Die neueste Staffel von Die Simpsons wirft mit Rückblenden in die 90er-Jahre Fragen auf, die Fans seit Langem beschäftigen: Warum altern Homer und Marge plötzlich in die Generation der Millennials?
Showrunner Matt Selman greift diese Debatte in einem Interview auf und liefert eine Botschaft an die Zuschauer: Die Serie lebt von ihrer Anpassungsfähigkeit, nicht von starren Regeln!
Die Diskussion dreht sich um den sogenannten „floating timeline“-Ansatz, der Die Simpsons seit dem Start 1989 ermöglicht, Figuren wie Bart, Lisa und Maggie in einem ewigen Kindesalter zu halten. Würden die Bewohner Springfields realistisch altern, wäre Bart heute Mitte vierzig, Homer längst in seinen Siebzigern und Maggie eine Frau Ende dreißig.
Stattdessen passt die Serie ihre Hintergründe an aktuelle Zeiten an, was zu Konflikten führt. Frühere Episoden versetzten Homer und Marge in die 70er-Jahre als Teenager, doch seit der Folge „Die wilden 90er“ aus der 19. Staffel von 2008 verschiebt sich das Bild: In dieser Version werden sie zu jungen Erwachsenen der 90er - Grunge statt Schlaghosen, Jeansjacken statt Hippie-Shirts. Diese Änderung löste damals bereits Widerspruch aus, da sie die etablierte Kontinuität brach.
In der jüngsten 37. Staffel, die kürzlich in den USA gestartet ist, vertieft sich dieser Trend. Die Premiere-Folge zeigt Lisa, wie sie Marges alte Kleidung aus den 90er-Jahren trägt, um Nostalgie zu nutzen und zu zeigen, dass Marge in diese Ära gehört. Ähnlich wirkt in der 32. Staffel die Episode „Träumen Pizzabots von E-Gitarren?“, in der Homer als Teenager der 90er-Jahre dargestellt wird, was bei langjährigen Fans auf Unverständnis stieß.
Because The Simpsons timeline is forever changing, Homer and Marge are now millennials, which doesn’t go over so well with longtime fans of the series. https://t.co/JuDMTL91AQ
— /Film (@slashfilm) October 19, 2025
Selman, der seit 2019 als Showrunner fungiert, sieht darin jedoch keinen Bruch, sondern eine logische Weiterentwicklung. „Ein Teil des Geschichtenerzählens ist, dass Menschen sich an ihre Jugend, an ihre Kindheit erinnern. Jeder Mensch trägt seine Kindheit direkt in sein Verhalten als Erwachsener. Man kann die Kindheit nicht ignorieren, wenn man ein Erzähler sein will. Deshalb ignorieren wir sie auch nicht. Es wäre interessant gewesen, als Experiment einfach in den 70ern zu bleiben und die Figuren sagen zu lassen: ‚Nun, Lisa, als ich ein Kind in den 70ern war…‘ und alles nur auf die 70er auszurichten - obwohl wir jetzt in der verdammten postapokalyptischen Zukunft leben.“
Fans, die die Serie seit den klassischen Staffeln 1 bis 10 verfolgen, fühlen sich oft übergangen. Dennoch beharrt er: „Unsere Show ist sowohl in den USA als auch international immer noch sehr beliebt. Ich mache mir keine Sorgen darum, die Timeline zu verändern. Ich denke, dass die Geschichten und die Charaktere an erster Stelle stehen sollten, und die Regeln eines filmischen Universums - von denen unsere Show keine hat - kommen an zweiter Stelle.“
Diese Haltung spiegelt die Evolution der Serie wider. Experten wie der Simpsons-Kenner TheRealJims, der in einem YouTube-Video die subtilen Anpassungen der frühen Jahre beleuchtet, zeigen auf, dass der „floating timeline“-Prozess schon in den 90er-Jahren begann. Damals verschob sich das Geburtsjahr von Figuren leicht, jedoch ohne großen Aufhebens. Später, in den „Teen-Staffeln“ nach 2000, vermied man zunächst Rückblenden, um Lücken geschickt zu umgehen. Der Wendepunkt kam mit der Folge „Die 90er-Show“ (2008), die Homer und Marge in einer Parallelwelt der 90er platziert - mit Jobs in einem Coffeeshop und einer Band namens „Sonic Death Monkeys“. Die Episode endet damit, dass sie trotz Trennung zueinander finden, was die Kernbotschaft der Serie verstärkt: Ihre Beziehung überdauert Epochen!
Selman geht sogar so weit, die Absurdität dieser Timeline bewusst anzunehmen. „Nichts davon ist passiert! Es ist nur eine dumme kleine Show“, sagt er lachend. „Alles hat und hat nicht stattgefunden, mit gleicher historischer Genauigkeit.“ Für ihn ist das der Kern von Die Simpsons: Ein Paradoxon, das Zuschauer hinnehmen, weil die Figuren über Jarhzehnte bleiben.
Die verschiedenen Ursprungsstories unterstreichen zudem die Seelenverwandtschaft von Homer und Marge - sie finden immer zusammen, egal ob in den 70ern oder 90ern. Diese Strategie hat der Serie geholfen, mittlerweile 37 Staffeln und bald auch zwei Kinofilme zu bestehen - der zweite Film ist für 2027 angekündigt, zwei Jahrzehnte nach dem ersten von 2007.
Trauriger Fun-Fact: Zwischen erstem und zweitem Film liegt mehr Zeit, als zwischen Serienstart 1989 und dem ersten Film.
Trauriger Fun-Fact 2: Wir altern, während Springfield scheinbar unverändert bleibt.