Bewertung: 4.5 / 5
Bryan Singers vierter ist zugleich sein erster Trilogieabschluss, da er damals seine erste Trilogie nach dem zweiten verließ. Hat Singer nun also mit seinem ersten Finale nach 6 Filmen der X-Men-Kernreihe einen würdigen Film abgeliefert? Soviel vorab - der Film war ganz große Klasse und bewegt sich innerhalb beider Trilogien auf ganz hohem Niveau.
Inhalt:
1983/10 Jahre nach den Ereignissen des vergangenen Films - Magneto lebt zurückgezogen in seiner alten Heimat Polen, hat eine Frau und ein Kind und verdingt sich schwer arbeitend in einem Stahlwerk. Professor Xavier hat seine Schule für begabte Kinder weiter ausgebaut und unterrichtet etliche junge Mutanten, darunter auch den Neuankömmling Scott Summers und die starke Telepathin Jean Grey. Währenddessen ist Mystique in Europa unterwegs, um Mutanten zu retten, die wie Zirkusattraktionen präsentiert werden. Doch in Ägyptens Wüstensand regt sich eine uralte Macht: der erste der Mutanten, ein Wesen mit fast gottgleicher Kraft, erwacht nach Jahrtausenden des Schlafs und will sich die Welt untertan machen - das Unheil nimmt seinen Lauf...
Trailer zu X-Men - Apocalypse
Kritik:
Als vor einigen Jahren das X-Men-Universum eine Art Soft-Reboot erfuhr und mit First Class unter Matthew Vaughn revitalisiert wurde, hätte wohl kaum jemand damit gerechnet, dass der Film nicht nur die Rückkehr von X-Men-Altmeister Bryan Singer einläuten würde, sondern auch eine Trilogie startet, die die erste in den Schatten zu stellen vermag. Mit Days of Future Past gelang Singer das große Kunststück, die beiden Casts in einem großen Zeitreise-Spektakel zusammenzuführen und somit den Cast "seiner" Filme in den verdienten Ruhestand zu schicken. Nun darf sich Singer also erstmals nur mit der neuen Rasselbande vergnügen und was soll man sagen, es ist ihm gelungen.
Apocalypse setzt im Grunde genau da an, wo uns die After-Credits-Szene von Days of Future Past entließ - im alten Ägypten unter der Herrschaft von En Sabah Nur aka Apocalypse (Oscar Isaac), der sich die Kräfte anderer Mutanten mittels Transfer seines Geistes zu eigen macht. Als er grade die Kräfte eines Regenerators (ähnlich Wolverine) in sich aufnimmt wird er von Verrätern unter seiner eigenen Pyramide lebendig begraben. Diese Ausgangslage wird hervorragend eingefangen und wundervoll in die Opening Credits überführt, so dass man gleich im Bilde ist und zudem eine kleine Reise durch die Jahrtausende vollführt. Singer inszeniert das alles gewohnt routiniert und schafft es zugleich innerhalb der ersten 20-30 Minuten alle zentralen Figuren seiner Geschichte, sinnvoll und anhand ihrer aktuellen Lebenslage, einzuführen. Quicksilver (Evan Peters) lebt noch immer im Keller seiner Mutter, wird jedoch vom Gedanken an seinen Vater umgetrieben, Magneto (Michael Fassbender) führt wie erwähnt ein ruhiges Leben in Polen, Xavier (James McAvoy) und Beast (Nicholas Hoult) unterrichten in Xaviers Institut, Mystique (Jennifer Lawrence) lebt eine Leben in Einsamkeit und Rückkehrerin Moira Mac Taggert (Rose Byrne) ist unfreiwillig direkt vor Ort als Apocalypse sich erhebt.
Bei einem solchen Wust an Figuren war die Gefahr sicherlich groß, dass die eine oder andere zu wenig Screentime bekommt, doch Singer wäre nicht Singer, wenn er nicht unter Nutzung des hervorragenden Scripts, geschrieben von Singer selbst, Simon Kinberg, sowie seine alten Kumpane aus X-Men 2-Tagen Michael Daugherty und Dan Harris, allen Figuren Raum zum entfalten und funktionieren geben würde. Trotz der Laufzeit von über 140 Minuten kommt im Film keine Langeweile auf, jeder Charakter bekommt seine Momente - Quicksilver toppt seinen Auftritt aus Days of Future Past eventuell noch - und neben den tollen Charaktermomenten bietet der Film auch reichlich fürs Auge. Insbesondere im großen Finale kommt niemand zu kurz und die Einsätze sind extrem hoch. Zudem gibt es noch den einen oder anderen interessanten Cameoauftritt zu bewundern, über den sich Fans durchaus freuen dürften.
All die Figuren fühlen sich jedoch trotz ihrer Vielzahl wirklich lebendig an; grade dadurch, dass der großartige Cast sie so mit Leben füllt. Es gibt keine Ausfälle zu verzeichnen und insbesondere die Newcomer wie Cyclops (Tye Sheridan) und Jean Grey (Sophie Turner) fügen sich so gut in das Kollektiv ein, weil sie auf einem Level mit den "großen" des Films spielen. So wirken die Interaktionen und Emotionen zwischen den Charakteren auch wie sie sollen und fühlen sich nicht aufgesetzt an.
Der Score ist gewohnt treibend und neben dem altbekannten "Singer"-X-Men-Theme aus der Feder des leider viel zu früh verstorbenen Michael Kamen finden sich weitere tolle Melodien von John Ottman, der Singers X-Men-Filme seit Teil 2 begleiten durfte. Die visuellen Effekte sind wie bei einem Projekt dieser Größenordnung zu erwarten großartig und die Kräfte der unterschiedlichen Mutanten werden hervorragend umgesetzt.
Negativ fällt allerhöchstens auf, dass Apocalypse "Sidekicks" abgesehen von Magneto relativ blass bleiben. Angel (Ben Hardy) und Psylocke (Olivia Munn) machen zwar visuell einiges her, werden aber abgesehen davon, dass sie von Apocalypse rekrutiert werden innerhalb der Story eher aufs bedrohlich aussehen reduziert. Einzig Ororo Munroe aka Storm (Alexandra Shipp) bekommt mehr Hintergrundstory und auch eine Motivation mit auf den Weg gegeben, wodurch sich ihr Character-Arc zum Schluss auch wirklich rund anfühlt. Generell dauert es teils bis ganz zum Ende, bis alle angelegten Storyelemente wirklich irgendwohin führen, was aber letztlich umso befriedigender ist. Es ist in unserer schnelllebigen Zeit einfach, so etwas als schlechtes Drehbuch abzuurteilen, bloß weil die Aufmerksamkeitsspanne nicht bis zum Ende reichte. Wenn man allerdings am Ball bleibt, belohnt der Film mit einer gut erzählten Geschichte bis zum Schluss.
Fazit:
X-Men: Apocalypse ist Singers erstes Trilogie-Finale und als solches enorm gelungen. Es führt etliche Fäden aus den anderen beiden Filmen zusammen und schnürt sie am Ende mit den in diesem Film angelegten Handlungssträngen zu einem tollen Ende zusammen. Die Darsteller liefern allesamt einen tollen Job ab, der Score ist gelungen und die visuellen Effekte große Klasse. Einzig das 3D hätte man sich mal wieder größtenteils sparen können, auch wenn die Titelsequenz in 3D durchaus etwas hermacht. Singer liefert nach X-Men 2 und Days of Future Past ein weiteres Meisterstück ab und zeigt wie hervorragend er zum X-Men-Universum passt. Bleibt zu hoffen, dass er uns weiterhin erhalten bleibt und das Niveau halten kann.
Von mir gibt es für diesen großartigen Comicfilm 4,5/5 Hüte bzw. 9/10 Punkte,
er steckt die "Großen" wie Marvels Civil War und DCs Batman v Superman dieses Jahr jedenfalls in die Tasche und steht neben Deadpool ganz oben bei den Comicverfilmungen 2016.