In unserem Special zu den bestehenden und geplanten Shared Universes sieht der geneigte Leser schnell, dass jedes Filmstudio im Moment bestrebt ist, den Erfolg von Marvel/Disney zu kopieren.
Doch so toll und effektiv die Idee eigentlich ist, gibt es auch hier einige Nachteile, die sich genau dann zeigen, wenn nicht kreative Autoren sondern Manager die Federführung übernehmen.
Warum will jeder sein eigenes "MCU"?
Fragen wir uns doch mal, woher in den letzten Jahren eigentlich der Wunsch vieler Filmstudios nach diesen geteilten Universen kommt. Es wäre zu einfach, nur finanzielle Gesichtspunkte anzuführen, denn letztlich bedient jedes Filmstudio nur einen vorhandenen Markt und greift somit auf Konzepte zurück, die in Büchern und Comics längst Alltag sind. Warum verkaufen sich auch Fantasy-Romane so viel besser, wenn diese einem langen Zyklus angehören?
Die Antwort ist einfach: Viele Leser wollen eintauchen in eine ihnen vertraute Umgebung und haben oft auch keine Lust beziehungsweise es sogar verlernt, sich auf neue Situationen einzustellen.
Sich ständig mit neuen Regeln, Figuren und Konflikten auseinanderzusetzen, ist mühsam und für viele Menschen heutzutage sogar zu fordernd. Gleiches gilt fürs Kino. Selbst wenn es einfach wäre, das Kino zu verurteilen, da zu viele Fortsetzungen, Reboots und Remakes existieren, ist es aber anscheinend das, was ein nicht unbedeutender Teil der Zuschauer verlangt. Wenn schlechte Fortsetzungen Rekorde an den Kinokassen brechen, kreative und gelobte neue Ideen jedoch untergehen - wer mag es da einem Filmstudio verübeln, aufs sichere Pferd zu setzen?
Hinzu kommt, dass sich mit der Allgegenwärtigkeit von YouTube die Sehgewohnheiten massiv gewandelt haben, was gerade bei Jugendlichen zu beobachten ist. Immer mehr in immer kürzeren Abständen müssen Videos produziert werden, um nicht aus dem Fokus zu rutschen und so Gefahr zu laufen, Abonnenten zu verlieren. Und bloß nicht zu lang oder sogar komplex! Die Qualität der Inhalte ist nicht immer erstrangig, was leider auch viele deutsche YouTuber auszeichnet.
Diese Notwendigkeit, immer schneller zu produzieren, hält nun seit Jahren auch in Hollywood Einzug. War es in den 90ern absolut üblich, dass eine Fortsetzung drei bis vier Jahre und sogar noch länger in Entwicklung war, werden heute schon zwei Jahre als lang empfunden. Besonders Jugendbuchadaptionen haben sogar den jährlichen Zyklus für sich entdeckt. Das ideale Marketing sieht zudem vor, dass bereits vor dem Kinostart die Fortsetzung in den Medien platziert wird, der Film kaum aus den Kinos auch schon als Stream oder DVD/Blu-ray käuflich zu erwerben ist. Mit dem Gedanken eines Franchise wird der Name in den Medien gehalten, nur um nicht aus dem Fokus der Zielgruppe zu rutschen und in Vergessenheit zu geraten.
Dabei haben viele Filmreihen das Problem, dass nur bis zu einem gewissen Grad das Größer/Höher/Weiter greift und ab spätestens dem dritten Teil eine Fortsetzungsmüdigkeit bei den Zuschauern festzustellen ist. Nur wenn sich Filmreihen neu erfinden, so wie es die Fast & Furious-Reihe getan hat, besteht die Chance, sich am Markt zu behaupten. Aber dies sind Ausnahmen und in dem beschriebenen Umfeld besteht mit klassischen Trilogien für jedes Filmstudio das Problem, dass nicht zwingend ein Ersatz zur Hand ist, der ebenso erfolgreich sein wird, sobald der letzte Teil im Kino lief.