Wie in der Startnews zu Krieg der Welten angekündigt, konnten wir gemeinschaftlich mit der geladenen Presse aus aller Welt am 30. September die ersten beiden Folgen in Paris sehen, als spezielles Premierenevent mit den Machern und fast dem kompletten Cast im Cinéma Gaumont Champs Élysées. Hierzulande startet die Alieninvasion am 6. November im Pay-TV beim FOX Channel, beim Co-Partner Canal+ war es am 28. Oktober schon soweit.
Krieg der Welten-Premiere - Review Episode 1 & 2
Wie sich rasch zeigte, geht es in Krieg der Welten um weitaus mehr als Aliens, und The Walking Dead-Kenner können sich gut erschließen, warum FOX die moderne Adaption des H.G. Wells-Klassikers für Deutschland übernommen hat. Denn ähnlich wie bei der Zombieserie geht es um mehr als eine apokalyptische Bedrohung böser Kreaturen, es geht vor allem darum, wie die Menschheit auf das auf die Alieninvasion folgende Chaos reagiert. Im Guten wie Schlechten, und das hier nun in einem zeitgenössischen europäischen Setting. Zudem ohne comichaft überzeichnete Schurken und Helden, sondern mit geerdeten Durchschnittsmenschen in zum Beispiel Paris und London. Doch wie in der Zombieserie sind hier die Menschen die eigentliche Gefahr.
Der nicht gerade kleine europäische Cast von Krieg der Welten, prominent angeführt von Gabriel Byrne als Wissenschaftler Bill, stellt eine interessante Vielfalt der Figuren mit den verschiedensten Hintergründen und Beziehungsgeflechten dar: auch ein blindes Mädchen und ein Geflüchteter gehört in die Gruppe der Überlebenden, die allesamt getrennt eingeführt werden, deren Wege sich aber zum Teil bereits kreuzen und später noch mehr kreuzen werden, so viel sei vorab schon angeteasert.
Und auch wenn die Alieninvasion in der Premiere von Krieg der Welten visuell ordentlich etwas her macht, nimmt sich die erste Folge reichlich Zeit: sowohl für das Entdecken dessen, was da aus dem All auf die Menschheit zukommt, wie auch für die Einführung der Charaktere. Dass die Serie nicht zum puren Alienspektakel verkommt, war mit einer der Gründe, dem Belgier Gilles Coulier die Regie anzuvertrauen. Dessen Kurzfilm Mont Blanc bot die Atmosphäre, die man sich auch für Krieg der Welten wünschte, natürlich waren auch die Sprachen Englisch und Französisch ein Grund. Serienschöpfer Howard Overman (Misfits) war wiederum eine deutlich eigenständige Serie wichtig, die nur lose die Vorlage und frühere Adaptionen bedient, was mit FOX/Canal+ möglich wurde.
Wer langsame Entwicklungen nicht so mag, wird jedoch mit Krieg der Welten Schwierigkeiten haben. Anklänge an andere Serien wird man einige finden, vor allem eine gewisse Black Mirror-Folge kam uns in den Sinn: wenn ihr die ersten beiden Folgen gesehen habt, werdet ihr wissen, warum. Das SciFi-Thema bietet wiederum ein cooles und horribles Endzeit-Szenario, das noch ganz andere Gruselmomente und Schocker bietet als es eine Zombieapokalypse vermag...
Zum einen bietet Krieg der Welten schlagartige zerstörerische und tödliche Masseneffekte, zum anderen aber auch Aliengrusel-Situationen mit Einzelpersonen, bei denen auch die coole Musik viel zur Suspense-Stimmung beiträgt. Die Mysteryschiene ist dabei ebenfalls spannend, die sich einerseits auf die Aliens bezieht, andererseits aber auch auf die menschlichen Reaktionen. Schnell werden die moralischen Werte auf die Probe gestellt und dem Zuschauer mit seinen Erwartungshaltungen und Vorurteilen kritisch ein Spiegel vorgehalten. Und auch die Nützlichkeit der Fähigkeiten der Charaktere wird bezüglich Vorher-Nachher-Erleben auf den Kopf gestellt, was durch die blinde Emily (Daisy Edgar-Jones, Cold Feet) gut verdeutlicht wird. Ty Tenannt (Tolkien) mimt ihren Bruder Tom und fand gerade die Sicht und das Erleben eines Teenagers in einer solchen Lage spannend.
So lautet eine der Fragen, ob es immer gut und richtig ist, die Wahrheit zu sagen, basierend auf der Situation von Byrnes Bill und dessen Exfrau Helen (Elizabeth McGovern, Downton Abbey). Léa Drucker (Nach dem Urteil) bekommt als Catherine, eine eigentlich in der Einsamkeit einer Observationsstation sich am wohlsten fühlende Singlelady, im Chaos ein Kind an die Seite, und wird damit plötzlich sozial und empathisch gefordert. Drucker beschreibt sich auch selbst als Einzelgängerin und konnte sich daher gut mit der Rolle identifizieren. Um nur zwei Beispiele zu nennen.
Mit den Charakteren so deutlich im Vordergrund wird es von jedem Zuschauer selbst abhängen, wie gut Krieg der Welten bei ihm ankommt, nämlich abhängend davon, wie warm man mit den Figuren wird, und wie viel Zeit man bereit ist zu geben, ihnen bei ihrem Entwicklungsweg zuzuschauen. Uns hat es gut gefallen und definitiv neugierig auf weitere Folgen gemacht. So mancher Charakter kommt auch in einer Doppelfolgen-Premiere noch zu kurz, könnte aber in Folgeepisoden der achtteiligen Serie mehr in den Fokus rücken.
Andererseits vermag das Schicksal eines Kindes oder Hundes rasch emotional zu fesseln, während große anonym bleibende Zahlen wie 2,6 Milliarden Tote rasch in den Hintergrund rücken. Welche aktuellen Themen und menschlich typischen Empathie-Phänomene damit aufgegriffen werden, liegt auf der Hand: Stichwort Flucht und Seenotrettung. Die Frage, ob man der Held wäre, der man gern in einer solchen Situation sein möchte, kann wohl keiner vorab wirklich beantworten, Gabriel Byrne sieht es jedenfalls eher pessimistisch:
Krieg der Welten Interviews - Crew & Cast
Wir können natürlich nicht alles wiedergeben, was bei den Roundtable-Interviews am Dienstag im Shangri-La Hotel gesagt wurde, das würde den Rahmen sprengen. Doch hier zu dem, was wir oben schon eingeflochten haben, ein kleiner Mix spannender oder auch cooler bis auch mal lustiger Aussagen. So wäre Gabriel Byrne wirklich gern der Held, der in einer Katastrophensituation massig Menschen und Babys rettet, doch er wagt es zu bezweifeln. Und so erscheint ihm auch sein Charakter als einerseits Wissenschaftler, andererseits Mensch spannend und angesichts der Situation äußerst menschlich und nachvollziehbar.
Dennoch gibt es eine Situation in Krieg der Welten Episode 2, die sowohl empathisch wie auch wissenschaftlich begründet aus unserer Sicht zu einer anderen Entscheidung hätte führen sollen, doch dazu gab es eine lustige produktionspragmatische Erklärung. Wir verraten die genaue Situation nicht, es geht jedoch um den oben schon erwähnten Hund. Also eine kleine Spoilerwarnung:
Mit dem Hund kam man am Set von Krieg der Welten einfach nicht zurecht und man hätte ihn auch nicht mal eben austauschen können, erklärte Howard Overman, und so wurde sein Handlungsbogen spontan verändert. Wenn ihr die Folge gesehen habt, verraten wir euch, wie die Situation eigentlich hätte ausgehen sollen. ;-)
Er verriet auch, dass Krieg der Welten für drei Staffeln anvisiert ist, er habe eine klare Story samt Ende vor Augen, die mit drei Seasons auch rund abzuschließen sei. Er wolle keine Serie, die endlos läuft, und bei der die Zuschauer irgendwann das Interesse verlieren, sondern eine spannende Geschichte intensiv erzählen und auf einem hohen Spannungslevel abschließen.
Cast und Crew waren sich darin einig, dass das Einzigartige von Krieg der Welten die als von allen wirklich als eigene Story empfundene Adaption für die heutige Generation mit dem Fokus auf die Menschen in einer zeitgenössischen Endzeit-Situation ist: den Fragen nach der Menschheit und Menschlichkeit, der Einheit trotz Vielfalt, also dem Zusammenhalt über die Unterschiede hinweg, die Frage, was einen verbindet in einer Survivalsituation, aber auch grundsätzlich die Frage nach der Basis von Beziehungen - aber auch negativ gesehen dem Egoismus und Werteverfall. Typische Themen wie von der Familie getrennt worden zu sein sind natürlich auch dabei, den Part erfüllt hier der Charakter Jonathan (Stephen Campbell-Moore). Natasha Little (Absentia), welche Sarah, die Mutter von Emily und Tom spielt, konnte sich mit deren Beschützerinstinkt für ihre Kinder gut identifizieren.
Die sich steigernde Panik in Krieg der Welten konnten einige besonders gut in den Tunnelszenen nachfühlen, doch auch großflächige Szenerien auf der Straße sorgten am Set für passend schockierte Stimmung. Natürlich halte diese nach dem x-ten Take dann aber nicht mehr ganz so vor. Man habe viel am Set gelacht, um mit der beklemmenden Situation umzugehen, erklärten mehrere unabhängig voneinander. Den Stars machten vor allem die phyischen Herausforderungen zu schaffen, wie die Kälte in den stundenlangen Außendrehs und viel wiederholtes Gerenne, sowie psychologisch, auch nach dem x-ten Take noch die emotionale Spannung aufrecht zu erhalten.
Ansonsten war bezüglich der Alieninvasion natürlich viel eigene Vorstellungskraft gefragt, weshalb den Darstellern eher die emotionalen Charakterdramen das Gefühl von Intensität gaben, das war von den meisten so zu hören. Gilles Coulier war es wichtig, alles aus der Perspektive der Figuren zu zeigen und nicht den Aliens selbst zu folgen, auch wenn eine solche Szene zu Beginn mal angedacht war. Gabriel Byrne wie auch Elizabeth McGovern waren voll des Lobes für Coulier, der ihnen viel Zeit für die Charakterentwicklung gegeben habe. Gerade Byrne erlebt dies im Filmgeschäft eher weniger, in der Charaktere eher bloß bestimmte Storyplots zu erfüllen hätten, mit einer der Gründe, warum er gern in der Serie mitspiele, welche einem die Zeit gebe, tiefer in die Rolle einzusteigen, eine wirklich menschliche Figur zu spielen.
Fazit: Die Frage, wie normale Menschen auf eine Alieninvasion reagieren, und wie sie miteinander in einer Survivalsituation umgehen, was aus Beziehungen und Liebe in einer solchen Lage wird, das ist der wesentliche Fokus von Krieg der Welten. Und wir sind dankbar für das tolle Premieren-Event und sympathisch lockere Interviewrunden, wir freuen uns auf weitere Folgen! :-)
Update: Coole Marketingaktion einen Tag vor dem Start in Berlin: