Bewertung: 1.5 / 5
An Übernatürliches, behauptet James Randi, glauben die Menschen nicht, weil sie wollen - sondern weil sie müssen: "Sie brauchen diese Hoffnung, diesen Glauben, dass da noch mehr ist", vermutet der prominente Skeptiker. Seit den 70-ern zieht der Zauberer gegen "Kollegen" zu Felde, die von sich behaupten, mehr als nur Tricks auf Lager zu haben: Selbsternannte Auserwählte wie Löffelverbieger Uri Geller oder Fernsehprediger Peter Popoff, deren übersinnliches Talent vornehmlich darin zu bestehen scheint, heiße Luft in Geld zu verwandeln. Im Prinzip macht Randi also das, was in Rodrigo Cortés Mystery-Thriller Red Lights Cillian Murphy und Sigourney Weaver versuchen, nämlich mutmaßliche Scharlatane auffliegen lassen. So gern der Berufsskeptiker wohl eine Frau wie Weavers Wissenschaftlerin Margaret Matheson für seine James Randi Educational Foundation gewinnen würde - man muss kein Experte sein, um den Film, in dem sie mitspielt, als faulen Zauber zu entlarven.
Es bedarf schon einer gewissen Professionalität, um die Aufmerksamkeit von Margaret Matheson (Weaver) und ihres Assistenten Tom Buckley (Murphy) zu gewinnen. Das kleine Mädchen, das die beiden Wissenschaftler zu Beginn des Films als Urheberin des Spuks in ihrem Elternhaus ausmachen, kann sich also trotz ihres Misserfolgs auf die Schulter klopfen. In der Vorlesung, die sich an die atmosphärische Eingangsseance anschließt, erklärt die Professorin ihren Studenten und Zuschauern, mit welchen so gar nicht übernatürlichen Tricks die Kleine ihre Eltern zum Umzug bewegen wollte. Das Geheimnis von Zauberei bestehe darin, dass das Publikum in die falsche Richtung schaue, schärft die Dozentin ihren Zuhörern in Hör- und Kinosaal ein. Eine Herausforderung von Regisseur und Autor Rodrigo Cortés, die man mit Freuden annimmt.
Mit Simon Silver (Robert De Niro) führt Cortés schon bald einen Mann ein, der Mathesons Behauptung in Frage stellen soll: Nach 30 Jahren der Zurückgezogenheit kehrt der blinde, bedrohlich wirkende Parapsychologe unter großem Tamtam auf die Bühne zurück, um zu heilen und zu verblüffen. Wen, wenn nicht ihn, würde es mehr zu enttarnen lohnen? Doch während Tom lieber heute als morgen mit den Ermittlungen beginnen würde, zögert seine Mentorin: Schon einmal scheiterte sie an der Causa Silver. Und als sich plötzlich immer mehr seltsame Dinge im Alltag des Forschers ereignen, beginnt Tom zu zweifeln ...
Robert De Niro, Sigourney Weaver und Cillian Murphy in den Hauptrollen, Toby Jones, Joely Richardson und Elizabeth Olsen als Nebenfiguren - das ist schon eine beachtliche Darstellerauswahl, auf die der Spanier Rodrigo Cortés in seinem dritten Langfilm zurückgreifen kann. Aber sein vorheriger Thriller Buried - Lebend begraben (2010) war schließlich wie dafür gemacht, Eindruck bei Hollywoods Kreativen zu schinden: In einer Zeit, in der sich Regisseure mit Special Effects zu überbieten versuchen, traute sich Cortés, einen Film zu drehen, der minimalistischer kaum sein könnte. Über eine Filmlänge hinweg beobachtete man darin einen von Ryan Reynolds gespielten Mann, der sich in einem Sarg gefangen fand. Die Holzkiste blieb der einzige Handlungsort, ein Handy der einzige Kontakt zur Außenwelt, 94 Minuten fesselnde Minuten lang.
Cortés weiß also, wie man Spannung aufbaut. Nur reicht Aufbauen diesmal nicht: Wenn man in einem Mystery-Thriller mehrfach damit kokettiert, dass sich des Rätsels Lösung meist direkt vor der Nase des Publikum befände, kommt man nicht umhin, sich eine einfallen zu lassen. Und je länger der Film dauert, desto mehr besteht man darauf, dass es sich dabei um eine besonders clevere Lösung handelt. Nach etwa der Hälfte bleibt die Hoffnung auf eine überzeugende Erklärung nämlich das Einzige, was einen noch bei der Stange hält. Diese Hoffnung lässt Logiklöcher akzeptieren, da die ja vielleicht nur scheinbar in der Handlung klaffen, weil man als Zuschauer den großen Zusammenhang noch nicht kennt. Sie entschädigt für die bestenfalls moderaten Schockmomente. Und sie tröstet darüber hinweg, dass die namhaft besetzten Nebenfiguren eigentlich verzichtbar wären.
Umso größer die Enttäuschung: Die vielen Fragen, die Cortés vor allem in Hinblick auf Silvers Vergangenheit aufwirft, bleiben unbeantwortet, und viele Handlungsfäden einfach lose in der Luft hängen. Der Regisseur behilft sich stattdessen mit einem finalen Kniff, der noch inkonsequenter erscheint als der, mit dem Christopher Nolan 2006 auf der Zielgeraden seinen ansonsten ansehnlichen Zauberei-Thriller The Prestige - Meister der Magie vergeigte. Das Gefühl, betrogen worden zu sein, wird einen so schnell nicht loslassen. Nein, dieses Ende hat wohl wirklich keiner kommen sehen. Brüsten sollte sich Cortés damit nicht.
Red Lights bekommt 1,5 von 5 Hüten.
(Quelle: teleschau - der mediendienst | Annekatrin Liebisch)