Bewertung: 3.5 / 5
Ebenfalls neu gezeichnet werden musste Bruce Banner/Hulk. Es ist das dritte Mal in den letzten zehn Jahren, dass Hulk in einem Film in Erscheinung tritt und nach Eric Bana und Edward Norton ist Mark Ruffalo der dritte Darsteller, der das übernimmt. Auch Hulk selbst unterlief zum dritten Mal in Folge einem Re-Design. Glücklicherweise sind die Änderungen nicht störend und schnell kann Ruffalo als Banner akzeptiert werden, der jener Figur eine deutlich verletzlichere und zurückhaltendere Komponente verleiht. Der neue Banner unterscheidet sich nicht gravierend, aber spürbar von den früheren Varianten, das Casting ist also durchaus gelungen. Ebenfalls muss Tom Hiddleston erneut für seine gelungene Darbietung als Loki gelobt werden. Es war ein cleverer Schachzug, ihn nicht bereits in Thor komplett zu verheizen, sondern der Figur eine fulminante Rückkehr zu ermöglichen.
Abseits dessen gibt es keine neu eingeführten Helden, es wäre auch zuviel des Guten geworden. Zwar plant MARVEL bereits intensiv die Zeit nach den Avengers und benötigt einen Ersatz für das Hauptzugpferd Iron Man, The Avengers wurde aber nicht wie im Vorfeld spekuliert zum Ausgangspunkt dieser Entwicklung. Viel eher ist der Film das geworden, was er immer sein sollte, denn er verbindet gekonnt das bisherige MARVEL-Filmuniversum.
Trailer zu Marvels The Avengers
Bei all dem Lob kommen wir aber nicht umhin festzustellen, dass auch The Avengers kein perfekter Film ist. So gelungen die charakterliche Inszenierung und die Dialoge sind, so weist das Drehbuch deutliche Schwächen auf. Bei aller Liebe muss auch die Frage gestellt werden, warum im Film der Einsatz der Avengers überhaupt nötig ist. Mit Loki als Hauptfeind gibt es lange Zeit nur ein Bedrohungsszenario, welches spätestens mit der Ankunft von Thor nur seines Einsatzes bedurft hätte. Erst gegen Ende bekommen alle Helden dank Lokis Armee etwas zu tun. Doch auch hier will sich keine allumfassende Bedrohung einstellen. Zwar steht New York in Flammen wie schon im Trailer zu erahnen, aber auch nicht mehr als in anderen Katastrophenfilmen. Vor allem sind die Gegner nicht so zahlenmäßig und technisch überlegen, dass nicht auch eine normale Armee des Problems Herr geworden wäre.
Des Weiteren wirkt es trotz Spaßfaktors störend, wie oft sich die Avengers in teils sinnlosen persönlichen Scharmützeln verfangen. Zwar sieht es cool aus, wenn sich Iron Man, Thor und Captain America im Wald ein Duell liefern - wenn jedoch Loki derweil unbewacht nebenan zuschauen darf, macht dies keinen Sinn. Etwas unlogisch muten auch manche Entscheidungen der Regierung an, denen S.H.I.E.L.D. untergestellt ist. Wie leichtfertig und zügig hier Massenvernichtungswaffen freigegeben werden, ist geradezu erschreckend. Hintermänner werden bestenfalls angedeutet, bleiben aber konturenlos, was der Spannung abträglich ist. Vor allem im letzten Drittel, wenn die Action hoch- und die Interaktionen der Figuren runtergefahren werden, offenbaren sich die vielen kleinen Schwächen des Films. Denn im Grunde bleibt auch The Avengers wie alle bisherigen MARVEL-Filme relativ klein und überschaubar, die Story einfach, bunt und relativ anspruchslos.
Die Action am Ende kann damit nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir die Inszenierung des Finales schon ähnlich im vergangenen Jahr in Transformers 3 erleben durften. Die Ähnlichkeiten im Showdown sind frappierend, es wird schnell klar, wer die Decepticons und wer die Autobots sind, nur war die Bedrohung letztes Jahr gewaltiger. Sicher wird viel für das Auge geboten und wenn Hulk entfesselt wird, Captain America die Taktik vorgibt, Iron Man in der Luft für Chaos sorgt, Thor den Hammer schwingt und Hawkeye und Black Widow am Boden für den nötigen Stil sorgen, dann frohlockt das Geek-Herz. Die ganzen eingestreuten Gags in dieser Phase sind göttlich, das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass MARVEL leider große Chancen vergibt, indem The Avengers bei der Story erschreckend unambitioniert daherkommt. Zwar wird die Handlung vor allem mit dem Thor-Erzählstrang gut verknüpft, aber etwas epischer hätte alles ruhig ausfallen können. So muss auch die Bedrohung schnell ausgeschaltet werden, damit danach jeder der Helden wieder seine Soloabenteuer erleben darf. Die Action und die Effekte sind toll und der Kinozuschauer bekommt das geboten, was er erwartet, es wirkt aber alles recht vertraut. Der Grund für den fehlenden Pepp dürfte hier auch daran liegen, dass Lokis Alien-Armee ziemlich blass bleibt. Es fehlt hier an echten Motiven und einer ordentlichen Charakterzeichnung.
Zusammenfassend ist The Avengers der ultimative Geek-Film geworden. So viele Superhelden pro m²-Leinwand gab es bisher im Kino noch nicht zu bewundern. Alle Helden haben ihren witzigen, charakterlichen und heroischen Moment. Wer mit den bisherigen MARVEL-Filmen zufrieden war, kann blind sein Ticket an der Kinokasse lösen und wird glücklich den Saal verlassen. MARVEL und Disney halten das Niveau, aber es bleibt noch viel Luft nach oben für The Avengers 2. Die Tür für diesen Film wird am Ende bereits aufgestoßen. Denkbar wäre aber auch, dass dies die ersten Andeutungen für Thor 2 sind - den Abspann einige Minuten laufen lassen, lohnt also auch bei The Avengers...
(AS)