Bewertung: 4.5 / 5
Das Thema sei erledigt, fürchtete Dr. Lutz Hachmeister. Einige Jahre schon trug der renommierte Filmemacher die Idee von einem Film über den amerikanischen Senator Joseph McCarthy mit sich herum, als George Clooney 2005 Good Night, and good Luck. in die Kinos brachte: Einen Spielfilm über das Journalistenteam um Edward R. Murrow, das sich Mitte der 50-er gegen den Republikaner und dessen Kommunistenjagd auflehnte. Doch da sich das sechsfach oscarnominierte Drama mehr auf die Gegner als das Leben McCarthys konzentierte, durchforstete Hachmeister weiter die Archive - und kann dank Clooneys Vorlage nun auch hierzulande auf gesteigertes Interesse an seinem Hochglanzdokudrama The Real American - Joe McCarthy hoffen.
Mit der Jagd auf Stinktiere verglich Farmerssohn Joseph McCarthy seine unermüdliche Hatz auf Kommunisten, die er den amerikanischen Staatsapparat unterwandern sah: Man müsse sie ausgraben, um sie dann unschädlich zu machen. Und McCarthy grub. Bis er schließlich auf Widerstand stieß. Spannend arbeitet Hachmann heraus, wie sich der Republikaner mit Anschuldigungen gegen die Armee, die CIA und Parteigenossen sein politisches Grab schaufelte.
Dabei sei McCarthy nur ein Opportunist gewesen, der eigentlich keine Vorbehalte gegen Kommunisten hegte, meinen dessen Gegner und Opfer. Aber er suchte eben einen geeigneten Katalysator für seine politische Karriere, die er mit ungebremsten Ehrgeiz vorantrieb. Fürsprache für den Senator aus Wisconsin halten ehemalige Mitarbeiter und letzte Angehörige des Politikers - und die erzkonservative Autorin Ann Coulter, die McCarthy bescheinigt, er habe die USA gerettet, bevor Ronald Reagan 20 Jahre später die ganze Welt rettete.
Mit einer beeindruckend großen und hochwertigen Auswahl an Gesprächspartnern rekonstruiert Hachmeister den Werdegang eines Mannes, der sich bestens zu inszenieren wusste. Und der Schotte John Sessions (Gangs of New York) schafft es tatsächlich, McCarthy in ausgiebigen Spielszenen die von Zeitzeugen attestierte große Anziehungskraft zu verleihen. Für das Publikum wird jedenfalls gut verständlich, wieso ein schmerbäuchiger Alkoholiker den Grimme- und Fernsehpreisträger Hachmeister ein knappes Jahrzehnt lang nicht mehr los ließ.
The Real American - Joe McCarthy bekommt 4,5 von 5 Hüten.
(Quelle: teleschau - der mediendienst | Annekatrin Liebisch)