
Die meisten von euch denken vermutlich erst einmal an Men in Black, wenn sie Weltausstellung 1964 hören. In diesem Artikel soll es jedoch nicht um die spektakuläre Zerstörung der Unisphere durch die als UFO getarnte Aussichtsplattform eines der Observatory Towers gehen, sondern natürlich um den Ursprung von Karate Kid.
Wie alles begann
Als der damals 17-jährige New Yorker Robert Mark Kamen die besagte Weltausstellung besuchen wollte, wurde er von einer Bande Schläger angegriffen. Diese folgenschwere Erfahrung trieb den Jungen dazu, sich in Selbstverteidigung auszubilden.
Auf der Suche nach einem geeigneten Trainer, der ihm den Kampfsport Karate nahebringen sollte, landete er jedoch zunächst bei einem schonungslosen US Marines Captain, der rohe Gewalt predigte. Doch war "zuerst schlagen, hart schlagen, keine Gnade" das, was Kamen wirklich suchte? Nein. Er strebte eher nach einer defensiveren – nach einer spirituellen Verbindung mit jener Kampfkunst. Und diese entdeckte er für sich im okinawanische Goju-Ryu (was so viel heißt, wie "harter und weicher Stil"). Kamens neuer Lehrer sprach zwar kaum Englisch, konnte aber auf eine beachtliche Ausbildung zurückblicken: Sein Sensei war Chojun Miyagi, der eben diesem Karate-Stil den Namen Goju-Ryu gab.
Eine Geschichte, die das Leben schreibt
Robert Kamen kann auf ein ereignisreiches Leben zurückblicken. So wurde er nicht nur Träger des schwarzen Gurtes in Karate, sondern studierte nebenbei Literatur, promovierte in Amerikanistik und wurde ein erfolgreicher Drehbuchautor. Insbesondere mit dem Regisseur Luc Besson arbeitete er an bekannten Actionknallern, wie Das fünfte Element, The Transporter oder 96 Hours.
Es war der Produzent Jerry Weintraub, der mit einem Artikel an den Columbia Pictures-Vorsitzenden Frank Price herantrat. Darin ging es um einen neunjährigen Jungen, der von Schlägern drangsaliert wurde und den schwarzen Gürtel in Karate erlangte. Price, der zu jenem Zeitpunkt Kamens Mentor in Hollywood war, bat um dessen Meinung. doch Kamen hielt diese Geschichte für völlig unglaubwürdig:
"Wenn man bedenkt, dass ich fünf Jahre gebraucht habe, um meinen ersten Grad des schwarzen Gürtels zu erlangen, denke ich, dass diese Sache mit dem neunjährigen Kind sehr amerikanisiert ist."
Schließlich verkaufte Kamen dem Columbia-Chef stattdessen seine eigene Geschichte.
Entstehung eines Kultfilms - Realität und Fiktion
Kamen begann sofort, das Skript zu schreiben, und 13 Monate später begannen die Dreharbeiten. Seine eigene Geschichte stand Pate für eine "kitschige" und "zuckersüße" Geschichte, wie Ralph Macchio (Daniel LaRusso) es später beschrieb.
Sylvester Stallone scherzte mit Kamen, er habe mit Karate Kid seine Story geklaut. Und tatsächlich gab es Parallelen:
- Der italienische Junge …
- Der weise alte Mentor …
- Der Regisseur John G. Avildsen, der zuvor Rocky inszeniert hatte.
Nicht zuletzt war da auch noch der ikonische Song You`re The Best von Joe Esposito, in welchem eine bestimmte Zeile - "History repeats itself, try and you`ll succeed“ (dt. „Die Geschichte wiederholt sich, versuche es und du wirst erfolgreich sein“) – von seiner wahren Herkunft zeugte: Rocky 3, wenn bei Rocky Balboa, nach seiner Niederlage gegen Clubber Lang, das Feuer im Eye of the Tiger neu entfacht wird.
Dennoch basiert die Geschichte in ihren Wurzeln auf Kamens persönlicher Erfahrung, gewürzt mit einer ordentlichen Portion romantisierter Kampfsport-Magie: Die Bewegungen bei „Auftragen, Polieren“, „Fußböden schleifen“ und „Zäune streichen“ mögen klassischen Blocktechniken beim Karate ähneln, aber niemand würde tatsächlich so unterrichtet werden. Auch der legendäre Kranich-Kick ist in der Realität wenig effektiv. Darryl Vidal, einer der wenigen echten Schwarzgurte am Set und Pat Moritas Stunt-Double, konstatierte, er würde seinen Gegner überrumpeln und ihm in den Hintern treten, wenn jener mit dem Kranich-Kick auf ihn zukäme.
Kamens "Kranich-Erfindung" war eine Technik, die weder Gleichgewicht noch Verteidigungsposition bot – aber sie funktionierte perfekt für den Hollywood-Moment im Kino.