Erinnert ihr euch an unsere Debatten-Rubrik? Ist schon eine kleine Weile her, genauer gesagt im Juli 2019, als wir das letzte Mal ein heiß diskutiertes Thema aus Redaktionssicht kommentiert haben. Einem Impuls folgend, möchten wir in Zukunft gerne wieder verstärkt vielfach diskutierte Themen in den Fokus rücken - dabei aber auch euch die Chance geben mitzumachen!
Den Anfang macht ArneDias, der sich mit zwei Texten an uns gewendet hat. Wenn ihr es ihm gleichtun wollt, findet ihr am Ende des Beitrags mehr Infos dazu. Beginnen wollen wir mit folgendem hinterfragenden Kommentar zum Thema Disney und Mulan!
+++ Es handelt sich um einen Usertext. Der Kommentar spiegelt nicht unbedingt die Meinung der MJ-Redakteure wider. +++
Das Thema Mulan beschäftigt die Filmlandschaft nun schon seit Wochen und Monaten. Seit dem 4. September, also knapp einen Monat bereits, ist der Film für Disney+-Kunden als VIP-Zugang verfügbar. Zeit, mal rückblickend einen genauen Blick auf den so kontrovers diskutierten VIP-Zugang zu werfen.
Disney hat dem Ganzen zwar einen neuen Namen verpasst, aber neu ist die Idee hinter dem VIP-Zugang nicht, und Disney hat sie in diesem Jahr auch nicht erfunden. Und doch wird vor allem Disney für die Art dieser Veröffentlichung kritisiert. Schon im Frühjahr und Sommer, als die Kinos Corona-bedingt schließen mussten, sahen sich viele Studios nach Alternativen der Veröffentlichung um. Den Anfang machten Filme wie Bloodshot mit Vin Diesel oder Sonic the Hedgehog. Diese und weitere Filme wurden als Heimkino-Premiere veröffentlicht.
"Mulan" Trailer 2 Disney+ (dt.)
VoD-Nutzer wissen, dass die normale Gebühr zum Ausleihen eines Filmes gewöhnlich 4,99 Euro beträgt, man einen Film dann für 30 Tage ausgeliehen und, sobald man ihn innerhalb dieser Frist startet, 48 Stunden Zeit hat, diesen zu gucken. Nach diesen 48 Stunden endet die Leihfrist. Natürlich gibt es auch immer die Option einen Film, digital zu kaufen, statt zu leihen, die Preise sind hier relativ breit gefächert.
Bei den Heimkino-Premieren besteht jedoch nur eine Leihoption und auch der Preis ist hier wesentlich höher, mit um die 17 Euro. Eines der aktuellsten Beispiele ist Bill & Ted Face the Music, welchen es aktuell als Heimkino-Premiere für 14,99 Euro gibt. Nur noch mal zur Klarstellung: Die Filme sind dann nur geliehen, nicht gekauft. Und das alles bereits Monate bevor Disney sich dazu entschied, Mulan ebenfalls als Heimkino-Premiere zu veröffentlichen, nur unter dem anderen Branding VIP-Zugang! Ein nicht unbedeutender Unterschied zwischen dem VIP-Zugang und der Heimkino-Premiere: Mulan wird nicht für einen begrenzten Zeitraum geliehen, sondern dauerhaft erworben.
Vor allem an dem Preis äußern viele Leute Kritik. In den USA beträgt dieser 29,99 Dollar. Was einige hierzulande nicht wissen, wenn man sich so manche Kommentare zu dem Preis in Deutschland ansieht, ist, dass er bei uns mit 21,99 Euro etwas niedriger ausfällt.
Ist dieser Preis wirklich zu hoch? Ja, der VIP-Zugang kostet etwas mehr als die Heimkino-Premieren, dafür hat man Mulan dauerhaft und kann ihn sich so oft ansehen, wie man möchte. Ein weiterer Unterschied: Disney+ ermöglicht das Erstellen von bis zu sieben Profilen und durch den VIP-Zugang haben alle sieben davon Zugriff auf Mulan. Ist Disney also wirklich so unverschämt teurer als die Heimkino-Premieren?
Ebenfalls oft diskutiert wird der Preis im Vergleich zum Kinoeintritt. Im Grunde gibt es hier zwei Sichtweisen: Die eine Seite argumentiert, im Kino würde man allein von den Eintrittskarten her genauso viel zahlen wie für den VIP-Zugang. Als Familie sogar mehr, und gerade für letztgenannte sei der VIP-Zugang die günstigere Alternative. Die andere Seite argumentiert dagegen, dass man das Erlebnis im Kino damit nicht aufwiegen kann. Selbst mit einem großen Fernseher, einem Beamer und einer Soundanlage kommt das Heimkino nicht an das tolle Erlebnis in einem Kino heran. Vor allem Mulan würde mit seinen tollen Bildern und Aufnahmen im Heimkino nur verlieren.
Kurz vor der Veröffentlichung sorgte zudem die Ankündigung, der Film sei ab Dezember für alle Disney+-Kunden auch ohne VIP-Zugang verfügbar, dafür, dass sich wohl viele gegen den VIP-Zugang entschieden haben und auch Disney erneut kritisiert wurde. "Ich soll jetzt dafür zahlen, wenn ich es im Dezember ohnehin kostenlos bekomme?" Dabei war auch dieser Vorgang im Grunde wenig überraschend. Auch die Heimkino-Premieren werden früher oder später kostenlos über die diversen Streamingdienste wie Amazon Prime oder Netflix verfügbar gemacht: 17 Euro für Bloodshot zahlen oder einige Monate warten, bis er kostenlos per Streaming verfügbar ist. Bei Kinofilmen kann man ebenfalls so argumentieren und auf die Streaming-Veröffentlichung warten, statt für ein teures Kinoticket und Popcorn zu zahlen.
Die Frage ist: Wieso werden Heimkino-Premieren im Grunde gar nicht kritisiert, Disneys VIP-Zugang aber so heftig? Letzten Endes nehmen sich die Angebote kaum etwas und die Kritikpunkte sind bei beiden Angeboten nahezu dieselben. Hat also Disney hier wirklich etwas Kritikwürdiges getan?
Man darf bei dieser Diskussion natürlich nicht vergessen, dass wir hier über Disney reden und der Konzern eine besondere Stellung innehat. Würde man den Vergleich zur Fußball Bundesliga ziehen, müsste man hier Bayern München nennen. Extrem erfolgreich, viele Fans, aber mindestens genauso viele Kritiker. Je erfolgreicher man ist, desto stärker wohl auch der Gegenwind. Und Disney hat zudem mit einigen Entscheidungen, sowohl kreativen als auch wirtschaftlichen, in den letzten Jahren nicht unbedingt zur Beliebtheit beigetragen. Sind die kreativen sicher auch Geschmackssache, so ist die Tatsache, dass man von den Kinos einen immer höheren prozentualen Anteil der Einnahmen durch die Kinotickets einfordert, sicher thematisch nicht ganz unwichtig. Ein Großteil der heutigen Blockbuster stammen mittlerweile von Disney. Filme, auf die gerade die großen Kinoketten nicht verzichten können. Disney ist dadurch in der Position, solche Forderungen stellen zu können. Die Kinos jedoch geraten so in eine finanziell schwierige Lage, und die haben es ohnehin schon seit vielen Jahren schwer, auch schon vor Corona. Mulan den Kinos nun zu verwehren, zeugt nicht unbedingt von Solidarität und wurde vielfach kritisiert.
Doch kann man es Disney vorwerfen, finanziell egoistisch zu handeln? So ganz einfach ist die Antwort darauf vermutlich nicht. Disney ist in erster Linie sich selbst, seinen Angestellten und Aktionären gegenüber verpflichtet, nicht den Kinos. Etwas, was Disney übrigens mit allen anderen Wirtschaftsunternehmen gleich hat, einschließlich aller Filmstudios der Welt. Denn trotz mancher Filmromantik sollte allen klar sein: Jedes Studio produziert Filme vor allem und in erster Linie aus dem Grund heraus, um damit Geld zu verdienen. Jeder Film, der veröffentlicht wird, hat dieses Ziel. Doch auch hier wirkt es oftmals so, als würde man diesen Vorwurf einzig Disney machen. Vergessen sollte man auch nicht, dass auch Disney schwer unter der aktuellen weltweiten Situation leidet. Die Rede ist von Verlusten bis zu 5 Mrd. Dollar und das war bereits Ende Juni . Kann man es Disney da wirklich vorwerfen, neue Wege zur Geldeinnahme zu suchen?
Fest steht: Disneys Politik mit Mulan hat die Gemüter erhitzt. Und ich habe mich hier jetzt mal nur auf die Politik der Veröffentlichung konzentriert. Der Film, besonders seine Produktion, bietet ja noch weit mehr Angriffsflächen.
Aber jetzt seid ihr dran: Ist der Preis wirklich unverschämt, obwohl er sich von anderen VoD-Veröffentlichungen nicht groß unterscheidet? Schadet Disney dem Kino? Oder gibt es eventuell Gründe, warum vor allem Disney ständig so stark kritisiert wird? Diskutiert, teilt eure Meinungen und verratet in den Kommentaren, ob ihr euch den Film geholt habt oder nicht und was die jeweiligen Gründe dafür waren!
+++ Wenn ihr auch ein Thema habt, das euch unter den Nägeln brennt und ihr anderen einen "Denkanstoß" verpassen wollt, dann schreibt uns! Sendet euren Text an info(a)moviejones.de und wir veröffentlichen ihn! Natürlich sollte er wie auch Kommentare im Forum den gängigen Regeln entsprechen - und wenn sich Rechtschreibfehler im Rahmen halten, wäre das auch großes Kino ;-) +++