Update: Hier noch ein paar Eindrücke zum Rest der Folgen von Marvels Luke Cage Staffel 1. Manche von euch haben es bereits kommentiert, auch wenn die neue Soloserie ebenfalls ein hohes Niveau aufweist, machen sich im Verlauf doch auch mehr und mehr Schwächen im Drehbuch bemerkbar - szenisch wie auch in Bezug auf die Dialoge. Ein anfangs nur namentlich genannter Schurke, der später auftaucht, gefiel uns gar nicht. Weder die Art wie er eingeführt wurde, noch seine ganze Präsenz. Das liegt nicht am Darsteller, sondern an erwähnten Drehbuch-Schwächen, die natürlich auch die Charakterzeichnung beeinflussen.
Sagen wir es möglichst spoilerfrei so: Wenn ein Oberfiesling eine solche Agenda mit Luke Cage teilt, ist die erste Begegnung in der Gegenwart ziemlich unglaubwürdig. Auch den Kritikpunkt der Vorhersehbarkeit teilen wir mit euch. Bis Episode 3 hatten wir noch nicht das Seriengefühl, das ArneDias bekritelt, doch ab Episode 4 schlich es sich auch bei uns mehr und mehr ein und Cage erinnert in seiner Auseinandersetzung mit sich selbst mehr und mehr an Arrow.
Dennoch ist Luke Cage sehenswert und hat sich uns ausreichend ins Herz gespielt, nur dass die Begeisterung nicht so groß ist wie bei den ersten beiden Netflix/Marvel-Serien. Shades wird im Verlauf spannender, ganz ausgeschöpft wird das Potenzial der Figur aber nicht. Man hätte seinen zu Beginn Hintermann vielleicht als Cliffhanger bringen und sich mehr auf ihn konzentrieren sollen mit spannenderen Entwicklungen. Denn die Präsentation seines Hintermanns wird der zuvor aufgebauten Spannung nicht ganz gerecht und lässt ihn auch im Vergleich zur starken Cottonmouth-Performance blass aussehen. Zudem verbleibt Shades dadurch leider noch mehr im Schatten als nötig wäre für den Schattenmann. Die Entwicklungen von Black Mariah, Missy Knight und das Knight Nurse-Comeback haben uns gut gefallen, trotz mancher auch hier Drehbuch-Schwächen.
Zur pathetischen Rede am Ende sagen wir mal nichts, interessant sind dennoch die Bezüge zu aktuellen politischen Ereignissen. Stichwort Terror und die Rolle der Polizei im System - wie auch das System an sich. Referenzen an die anderen Netflix/Marvel-Serien gibt es hin und wieder auch, wie auch zu The First Avenger - Civil War. Auch wir empfinden Luke Cage als die schwächste aller drei bisherigen Soloserien, können sie aber dennoch empfehlen.
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Marvels Daredevil wie auch Marvels Jessica Jones hatten ihren je ganz eigenen Stil und überzeugten auf ihre Weise. Gemeinsam war ihnen der düstere Straßenkampf-Stil, spannende Charakterentwicklungen und eine interessante Story mit dramatischen Momenten, aber auch krassen Szenerien. Marvels Luke Cage mit Mike Colter in der Titelrolle reiht sich nahtlos ein...
Der große Unterschied in Marvels Luke Cage ist das Harlem-Setting und die entsprechend ganz andere Stimmung, die alle Szenen durchzieht. Das ist nicht nur der groovigen chilligen Musik zu verdanken, sondern auch der ebenso chilligen Langsamkeit, mit der sich sowohl die Story als auch die Szenerien entwickeln.
"Marvels Luke Cage" Season 1 Trailer 3
Colter gelingt es in Marvels Luke Cage, Unzerbrechlichkeit und Superkraft spürbar zu machen, unterstützt durch die Ruhe und Kraft, die jede Szene zu atmen scheint. Dieselbe Ruhe strahlt aber auch Oberschurke Cottonmouth (Mahershala Ali) aus, der King ist außerordentlich entspannt, und dennoch spürt man die gefährliche Raubtierpower in jeder Szene. Er mag seinen Spitznahmen übrigens so gar nicht.
Das selbstsichere Lächeln wird begleitet von egozentrischen King-Allüren und äußerst schlagkräftigen Fäusten. Luke Cage wiederum, der versucht, ein ruhiges Leben im Verborgenen zu leben, strahlt die Ruhe eines unter Anspannung Stehenden aus. Man merkt überdeutlich, dass er sein Potential zurückhält. Doch seine Vergangenheit holt ihn schon bald ein.
Der Einstieg zum Ausstieg aus der Ruhe: Drei junge Nachwuchsgangster reiten sich so richtig in die - ihr wisst schon. Auf die Kosten von Cottonmouth, der gleich alles daran setzt, sie zu finden. Und mit ihnen eine Millionen Scheinchen, die eigentlich Cousine Mariah Dillard (Alfre Woodard) bekommen sollte...
Familie geht eben über alles und Cottonmouth schuldet ihr den Gefallen, mehr verraten wir mal nicht. Sie hat in Marvels Luke Cage so ihre eigenen Ziele als politische Strippenzieherin von Harlem und möchte natürlich aus seinen dunklen Machenschaften möglichst rausgehalten werden. Unterstützung bei der Fahndung nach den Moneten bekommt er durch Fiesling Shades (Theo Rossi).
Da beim Coup der Nachwuchsdiebe in Marvels Luke Cage ordentlich was schief ging, ist ihnen auch die Polizei flott auf den Fersen. Wodurch Det. Misty Knight (Simone Missick) und Kollege Rafael Scarfe (Frank Whaley) ins Spiel kommen. Ersterer war Cage zuvor bereits inkognito begegnet. Die Jungs sind wiederum gute Bekannte von Pop, der so seine eigenen Gründe hat, warum er ihnen hilft und auch Cage ohne große Nachfragen in seinem Barber Shop Unterschlupf gewährt.
Und so dauert es nicht lange, bis sowohl die Bullen als auch Cottonmouth und seine Verbündeten ihre Augen auf den Laden werfen. Zudem arbeitet Cage auch noch als Barkeeper im Nachtclub von Cottonmouth. Ihr ahnt jetzt sicher grob, wie sich die Geschichte weiter zusammen strickt. Der Straßenkamf-Gangsterstyle überzeugt noch mehr als in den anderen Netflix/Marvel-Serien, Cage ist eben kein Martial-Art-Kämpfer. Und die Gangster-Bros natürlich auch nicht, ihre Sprache sind Fäuste oder Waffen.
Die Nachtclub-Szenerien dürften Boardwalk Empire-Fans auch ein bisschen vertraut vorkommen, in Harlem schmeckt die Atmosphäre dennoch noch etwas anders. Schaut einfach selbst rein, wir sind jedenfalls nach zwei Folgen gut angefixt. Die Darsteller machen ihre Sache allesamt gut, da gibt es nichts zu meckern. Sie passen gut in ihre Rollen - nur Rossis Shades wirkt noch ein bisschen zahm, aber seine Zeit kommt im Folgenden ja vielleicht noch.
Wir können Marvels Luke Cage definitiv empfehlen, gerade der Kontrast zwischen langsamer Spannung und dann kurzen harten Kampf- oder Konfliktszenerien macht den sehr eigenen Stil der neuen Superhelden-Serie aus. Kleine Referenzen an Daredevil gibt es ebenfalls, die spoilern wir euch hier aber nicht.