Vorweg muss man sagen, dass grundsätzlich komplett gänzlich neue Charaktere für das Supernatural-Spin-off Supernatural - Bloodlines sowie die Idee, auch noch gleich fünf Monsterfamilien in einer Episode etablieren zu wollen, schon nicht gerade einfach ist. Zudem wirft der Plot für Supernatural-Fans reichlich Fragen auf, die das Spin-off wird beantworten müssen, wenn es wirklich ein Spin-off sein soll, also im gleichen Universum wie Supernatural spielen soll. Dazu ein völlig anderer Ton und Stil, der für Liebhaber von Supernatural erstens fremd und zweitens eher weniger attraktiv ist, grundsätzlich aber zum Soap Opera-Stil anderer The CW-Serien passt.
Man nehme zum Vergleich das Vampire Diaries-Spin-off The Originals: Man hat Charakteren aus Vampire Diaries, die sich dort also schon etabliert hatten und zu Fanfavorites wurden, eine eigene Serie verpasst, die dem Trend, mehr Blut und Horror zu zeigen, ebenfalls entgegenkam, da die Urvampire erwachsener, abgezockter und blutrünstiger sind. Supernatural ist dagegen deshalb etwas außerhalb des restlichen The CW-Programms vom Stil her, weil es von Beginn an diesen eher düsteren, dreckigen Roadmovie-Touch hatte, Monster diejenigen sind, die es zu killen gilt, und nicht die, die man ins Herz schließen soll. Ambivalenzen tauchten erst später auf in Form von "liebenswerten", heißt, gern in der Serie öfter gesehenen und nicht gleich gekillten Bösewichten wie Crowley (Mark Sheppard), Abaddon (Alaina Hoffman) und Metatron (Curtis Armstrong) oder auch Castiels (Misha Collins) ambivalenter Werdegang. Diese Figuren nehmen ungefähr den Part ein, den in Vampire Diaries die Urvampire einnahmen.
Ein Spin-off, das sich wirklich wie ein Supernatural-Spin-off anfühlen könnte, wäre also zum Beispiel die Idee, die Story von Figuren wie Abaddon und Crowley oder Castiel näher zu beleuchten. Oder eine Art Prequel-Story, wie eigentlich Sam (Jared Padalecki) und Deans (Jensen Ackles) Vater (Jeffrey Dean Morgan) zum Hunter wurde. Statt dessen haben wir nun reiche und schöne Monsterfamilien und einen ganz neuen Hauptprotagonisten mit Ennis Ross (Lucien Laviscount), der seine Verlobte in ein schickes Restaurant ausführt, das Sam und Dean niemals von innen sehen würden, denkt man an ihre eher ranzigen Diner-Besuche. Aber genau dieser ranzige Stil hebt die Serie von anderen ab und macht sie interessant.
Zwar wurde auch in The Originals recht schnell der Kampf um eine Stadt - New Orleans - Thema, doch dass im Vampire Diaries-Universum zwischen den alten übernatürlichen Familien Machtkämpfe angesagt sind, ist auch in Vampire Diaries durch spätestens die Urvampire zuvor über fast zwei Staffeln etabliert worden. Dazu wieder der Punkt, dass man in Vampire Diaries die Vampire von Beginn nicht als böse Monster, sondern Love Interests etabliert hat, die zugegeben durchaus auch gefährlich sein können. Es ist eben eine Vampirserie und keine Vampirhunterserie.
Supernatural ist aber eine Monsterhunterserie, und Ennis bekommt für das Spin-off Supernatural - Bloodlines eigentlich auch ein Motiv, auf die Jagd nach diesen zu gehen, allerdings ein simples, wie selbst die Winchester-Brüder ironischerweise Ennis vorhalten, nämlich Rache. Denn wie es der Zufall so im Skript will, tötet ein Monster Ennis' Verlobte. Allerdings stellt sich später raus, immerhin eine nette Wendung, dass es nur ein Mensch war, der aber ein Monster sein wollte. Damit ist der Mensch am Ende der Böse und wird auch gekillt, während die eigentlichen Monster weniger monströs als dieser wirken.
Für das Spin-off Supernatural - Bloodlines soll also der Spieß umgedreht werden, man soll mit den Monstern mitfiebern, zugleich soll Ennis aber dennoch ein Monsterjäger werden. Man darf gespannt sein, wie dieser Spagat funktionieren soll. In Vampire Diaries ist schon Jeremy (Steven R. McQueen) als Vampirhunter genau deswegen schwierig und bekommt höchst selten in der Show als Vampirhunter etwas zu tun, seit die Urvampire weg sind.
Dazu der Soap Opera-Stil in Supernatural - Bloodlines mit reichen Familien, die miteinander im Clinch liegen, dem sehr abgegriffenen Plot, dass sich Blutlinien nicht vermischen sollen, dazu die typische Geschwisterrivalität und auch ein Romeo und Julia-Plot darf nicht fehlen. Seltsam wirkt die Monster-Kehrtwende auch angesichts von noch in der aktuellen Supernatural Staffel 9 gesehenen Folgen, in denen Sam und Dean haderten, ob sie einen Werwolf nun killen oder eine Ausnahme machen sollen.
Gerade in der Folge vor "Bloodlines" ging es noch um Vampire, in denen letztlich die Vampire klar die Bösen waren, nur das bei ihnen aufgewachsene Kind war ambivalent zu betrachten. Das Mädchen entschied sich am Ende allerdings selbst gegen die Vampire und für die Menschen. Wie soll sich danach der Supernatural-Zuschauer plötzlich für Monster positiv erwärmen, ohne dass es sich einfach fremd anfühlt?
Fragen, die es in Supernatural - Bloodlines zu beantworten gilt, wären: Warum hat das Hunternetzwerk noch nichts davon mitbekommen, die Winchesters selbst es nicht gewusst, dass gleich fünf Monsterfamilien in Chicago Der Pate spielen - und wenn es irgendwer im Netzwerk wusste - warum wurde nichts dagegen unternommen? Warum haben sich die Monsterfamilien nicht bei der Apokalypse gezeigt? Warum muss das Spin-off gleich mit einem Krieg zwischen den Zuschauern unbekannten Charakteren starten, zu dem in Supernatural einige Staffeln erst langsam hinführten?
Reviews und Fanreaktionen quergelesen waren die US-Zuschauer eher enttäuscht als interessiert. Nun darf man gespannt sein, ob Supernatural - Bloodlines dennoch die Chance bekommt, sich über eine erste Staffel hinweg zu beweisen. Unten noch einmal der Promo-Teaser dazu zum Reinschnuppern sowie der Promo-Teaser für die nächste Supernatural-Folge "King of the Damned" für euch, in dem Crowley, Abaddon und Castiel stark Thema sind.
Kleiner, aber wichtiger Nachtrag: The CW sah es wohl ähnlich wie wir und viele Supernatural-Fans und sägte die Spin-off-Idee nun ab.