Geständnis vorweg, das war mein erster Film von Ruben Östlund, ich habe tatsächlich auch den oft gelobten The Square nicht gesehen. Das gesagt, kann man Triangle of Sadness eigentlich vorbehaltlos empfehlen, denn der Film wirkt und funktioniert wunderbar auf vielen Ebenen. Und es hilft denke ich, ihn nicht zu bierernst zu nehmen (auch wenn er manchmal bitterböse ist), und das direkt am Anfang des Filmes zitierte „Triangle of sadness“ zwischen den Augenbrauen und der Nase nicht zu sehr zu strapazieren.
Österlund serviert und hier ein ganz schönes Brett: eine biestige Satire über die scheinbar schöne Welt der Models und Superreichen, und das ganze in drei Akten die eigentlich als einzelne Kurzfilme schon interessant und diskussionswürdig wären. Akt 1 wirft einen wenig charmanten Blick auf die Modebranche, fokussiert sich aber vor allem auf den Konflikt zwischen unseren zwei Kern-Protagonisten Yaya (Charlbi Dean) und Carl (Harris Dickinson). Das Paar arbeitet jeweils als Model, auch wenn Yaya deutlich mehr Erfolg hat, was bei Carl natürlich zu Unsicherheit und schnell zu einer ziemlich schlauen Debatte über Geschlechterrollen wird. Der armen Carl, kleiner Spoiler seien mir verziehen, wird sein lavieren um moderne Männlichkeit später noch hart auf die Füße fallen. Akt 2 bringt die beiden dann auf die Luxusjacht und mit den anderen Reichen und Schönen (oder halt einfach nur Reichen) zusammen, bis nach diversen Unannehmlichkeiten und Spitzen die ganze Situation wortwörtlich mit einem Knall endet. Hier könnte der Film eigentlich auch enden, wir werden allerdings mit reduziertem Cast noch einmal in die Wildnis geschickt, und hier wird der Film tatsächlich am cleversten. Nach und nach fallen die Masken, Windbeutel werden als Windbeutel enttarnt, und plötzlich steht das ganze Machtverhältnis Kopf.
Trailer zu Triangle of Sadness
Es ist völlig legitim, den Film einfach als Breitseite gegen Kapitalismus und Machtgefüge zu genießen, der dabei ähnlich subtil vorgeht wie sagen wir einmal Alex Garlands Men (den ich auch mochte, ihr wisst also auf was für eine Empfehlung ihr euch hier einlasst). Wenn man genau schaut, fallen einem dann aber doch diverse gut konstruierte Details auf, die halb versteckt sind. Dass der Film sich doch recht klar mit dem Punkt „Männlichkeit“ in der Machtdiskussion auseinandersetzt (und positioniert) kommt z.B. etwas diskreter daher. So etwa in diversen Szenen des langsam zum Punching Bag mutierenden Carls, der sich gerne modern und progressiv gibt, aber doch bestimmten Rollenbildern absolut verpflichtet ist, was zu diversen cringe-würdigen Szenen führt. Auch schön, der betrunkene Diskurs zwischen dem scheinbar idealistischen Kapitän (Woody Harrelson, hätte mehr Screentime verdient) und dem kapitalistischen „Scheiße-Baron“. Natürlich lassen es sich die beiden nicht nehmen, ihre ach so wichtigen Ergüsse das ganze Schiff über die Sprechanlage wissen zu lassen. Beide komplett voll, beide vollkommen nutzlos. Am Ende muss die resolute Paula die Situation mehr schlecht als recht zusammenhalten (die kriegt aber später auch ihr Fett noch weg). Ob der letzte Akt wieder eine besonders eloquente Auseinandersetzung zum Thema Klassenkampf und Produktionsmittel ist, oder plumpe Befriedigung des angefixten Publikums… eh, wie gesagt, subtil ist der Film nicht, aber unterhaltsam. Dafür sitzt die letzte Szene, die noch einmal zeigen soll, wie sehr unsere Machtgefüge, auch wenn wir sie umdrehen, korrumpieren.
Rein technisch ist der Film zweifellos gelungen, besonders schön ist dabei natürlich die permanente Instagram Perspektive an Bord der Jacht. Ich habe allerdings nicht das Gefühl, dass Östlund jetzt irgendeine komplett für ihn speziellen Regiestil hat, oder die Filmwelt jetzt mit komplett überraschenden Framings oder Schnitten überraschen kann. Das ist alles perfekt kompetent, aber außergewöhnliches wäre mit jetzt noch nicht aufgefallen (dann wiederum, erster Film für mich). Die Schauspieler:innen lassen nichts anbrennen, allerdings stiehlt Carl mit seiner Fragilität natürlich ein wenig die Show. Iris Berben würde ich gerne noch erwähnen, die mit dem besten Sprachfehler, den nur die Upper Class haben kann, noch für einige Schmunzler sorgen kann. Audiovisuell ist auch alles fein, wenn die zentrale Sequenz dann durch den Kern-Song von „Refused“ pointiert in Szene gesetzt wird, schlägt zumindest mein Herz natürlich etwas höher.
Vielleicht sind zweieinhalb Stunden doch ein wenig zu viel, und vielleicht ist nicht jeder Gedankengang perfekt ausformuliert oder gelöst. Macht aber auch nichts, dafür sitzen zu viele Pointen zu genau und Denkanstöße gibt es reichlich hier. „Good frames wont save bad paintings!“ aber dieses Bild ist kein schlechtes und sollte im Kino gesehen werden.