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Die Hölle sind wir

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Lee Marvin Retrospektive

Die Hölle sind wir Kritik

Die Hölle sind wir Kritik
3 Kommentare - 07.09.2021 von MobyDick
In dieser Userkritik verrät euch MobyDick, wie gut "Die Hölle sind wir" ist.

Bewertung: 4.5 / 5

Hola Companeros,

heute widme ich mich mal DEM härtesten Hund der Filmgeschichte, ich werde seine Schlüsselfilme besprechen und erklären, warum dieser Mann die Messlatte für "harter Hund" ist. Die Hölle sind wir ist da jetzt leider nicht der repräsentativste Film dafür, aber der Film, der es wäre (Point Blank) ist schon von mir besprochen, und der Film, der es eventuell auch hätte sein dürfen (Der Tod eines Killers) ist eben nicht in der MJ Datenbank. Der dritte Film, der da hätte den Poppes für hätte hinhalten können (Das Dreckige Dutzend) ist leider auch nicht wirklich repräsentativ, da eben ein Ensemble Film.

Also dann: Vorhang auf für Lee Marvin.

Vorab: Ich war nie ein großer Fan von Lee Marvin, gefühlt war er recht begrenzt in seinem Schauspiel und als heranwachsender hatten seine Filmfiguren kaum Bezugspunkte für eine Identifikations- geschweige denn Idealisierungsfigur, aber dazu komme ich gleich wahrscheinlich mehr zu sprechen. Hinzu kommt, dass man gefühlt an einer Hand abzählen kann, in welchen Filmen er mitgespielt hat (das stimmt zwar nicht, aber auch dazu komme ich gleich).

Lee Marvin war ursprünglich eher für Nebenrollen, zumeist irgendwelche Abziehschablonen, und zweitrangige Bösewichter abonniert, die berühmteste wahrscheinlich als einer der Antagonisten in 12 Uhr Mittags. So dümpelte seine Karriere vor sich hin, und er verlagerte sich zunehmend in Richtung Fernsehproduktionen. Sein einziges markantes Kennzeichen waren seine viel zu früh ergrauten Haare. Alleine das ist schon ein Armutszeugnis, wenn man als Schauspieler auf seine Haarfarbe reduziert wird, aber wenn es nun mal stimmt.

Schicksalsjahr 1964:

Der Tod eines Killers

Don Siegel - seines Zeichens einer der letzten großen "Männerfilmregisseure" - bekam wieder die Chance Ernest Hemmingways Story The Killers zu drehen. Als er die Chance das erste Mal bekam, fiel die Wahl damals doch auf einen anderen Regisseur und mit Burt Lancaster und mit Ava Gardner entstand DER Film Noir schlechthin. Jetzt knapp 20 jahre später bot sich Siegel also die Chance, die Story endlich so zu drehen, wie er es damals wohl nicht getan hätte: Zum einen musste er sich von dem anderen Film so gut es geht distanzieren, damit man seine Handschrift erkennt und eben kein bloßes Plagiat erkennt, und zum anderen war sein Auftraggeber das Fernsehen. Und Siegel distanzierte sich komplett von dem Klassiker und drehte einen anders bitterbösen Thriller, der kaum kälter sein könnte, wo er die beiden titelgebenden Killer in den Fokus rückt. In seiner Präzision und Wucht ist Tod eines Killers dem Original kaum nachstehend- Während der eine von einer Art Expressionismus lebt, lebt der andere von seinem glasklaren Fokus. Das geringere Budget gleicht Siegel mit seiner Inneren Brutalität mehr als nur aus. Natürlich kann keiner der Gardner das Wasser reichen, aber dennoch ist immer glaubhaft, wer warum wem zum Opfer fällt und über allem thront Marvin als skrupelloser Killer. Dass gerade diese Figur zunehmend zur Identifikationsfigur wird, liegt einfach daran, dass alle anderen Figuren, die noch am Leben sind, eben noch viel verabscheuungswürdiger sind und man denen die Pest an den Hals wünscht. Und ausgerechnet in seiner letzten Filmrolle, bevor er sich der Politik verschrieb, glänzt Oberekel Ronald Reagan. Aber auch die anderen Darsteller brauchen sich nicht zu verstecken. Dennoch, das Prunkstück des Films ist die absolut ikonische Inszenierung, was auch dazu geführt haben dürfte, dass sich ein gewisser Tarantino bei Reservoir Dogs stilistisch an den beiden Killers orientiert haben dürfte. Der Film ist wegweisend, brillant, und sehr sehr hart für damalige Verhältnisse im Fernsehen inszeniert. Und in der Tat, er kam den Senderverantwortlichen zu hart vor, so dass er eben nicht im Fernsehen versendet wurde, sondern dann tatsächlich den Weg ins Kino schaffte. Mittlerweile ist er - zu Recht - ein kleiner Kultklassiker, der zudem Marvins Rolle bis an dessen Lebensende definieren sollte.

9 Punkte (und das auch nur so wenig, weil das Original eben doch noch die 10 Punkte kassiert)

Kurzes Zwischenspiel:

Cat Ballou

Eigentlich ein Nullinger von einem komödiantischen Wetsern-Thriller, bei dem Lee Marvin eine köstliche Doppelrolle spielt, eine seiner wenigen Ausflüge ins Komödiantische. Was er zur Überraschung aller so sehr mit Bravour meisterte, dass er den Oscar für bekam. Aber ansonsten bleibt der Film eine Anomalie in seiner Vita, da er sich hier zwar quasi selbst persifliert, aber es nie wieder tun wird.

Irgendwas so um 7-8 Punkte, aber nicht wirklich ein Muss.

Das Dreckige Dutzend

Hier spielt Marvin wieder den absolut harten Hund mit einem weichen Kern, der aber so tief verborgen ist, dass aus Kohle Diamant wird. Der Film ist eine absolute Hausnummer, was Kriegs-Action-Filme angeht und zusammen mit Agenten sterben Einsam die Spitze der 1960er Anti-Nazi-Action-Keulen, wobei wir es hier mit einer modernisierten härteren Fassung der Glorreichen Sieben mit lauter Schurken haben, sozusagen the Suicide Squad im 2. Weltkrieg, und Marvin ist deren Rick Flagg. In diesem Film interagiert er wieder mit seinem Co-Star aus Der Tod eines Killers (John Cassavetes) und mit anderen späteren Weltstars (Bronson, Savallas) und stiehlt allen mit seiner coolen, präzisen, minimalistischen Art die Show.

8-9 Punkte, und ein Alltime-Klassiker

Point Blank (selbes Jahr: 1967)

Hier verweise ich auf mein originäres Review, nur so viel: Marvin variiert seine mittlerweile perfektionierte Klischeerolle des harten Hund nur marginal, nämlich dass er eigentlich ein liebender Mann mit großem Herzen ist, dem man eben jenes rausgerissen hat, und der deshalb auf eine unbarmherzige, vor nichts Halt machende Rachetour geht. Kompromisslos, brutal, zynisch, und auch irgendwie todtraurig, ein kompletter Film, der gleichzeitig auch ein Spiegelbild der Zeit ist, und stilbildend bis zum Geht-Nicht-Mehr ist. Der Regisseur Boorman inszeniert Marvin als Rachegott, der nur eine leere Hülle ist, der nur noch für ein Ziel existiert, Leben wäre zu viel gesagt. Der Film ist stilbildend für ein ganzes Jahrzehnt und wird nicht zu knapp zitiert, unter anderem quasi zeitgleich auch von Siegel in seinen San Francisco Filmen jener Zeit.

Mindestens 9 Punkte

Eigentlich sind wir mit diesen 3 Filmen zwischen 1964 und 1967 durch mit Lee Marvin, alle seine folgenden Filme sind immer Variationen und Abwandlungen eben dieser einen Rolle, und er hat auch kaum mehr grosse Akzente zu setzen. Das merken auch die Filmemacher mit der Zeit und er wird in ähnlichen Rollen auch zunehmend aus dem Fokus gerückt, entweder als Gegenspieler oder tatsächlich auch als Schurke, die Rollen die er spielt, bleiben sich allesamt immer recht ähnlich, und man kann nicht umhin zu sagen, dass er seinen Rollen immer eine gewisse Härte und Würde gibt, die andere nicht schaffen würden. Im gegensatz zu beispielweise einem Yul Brynner verkommt er eben nicht zu einer grotesken Schablone oder einem Klischee, aber er bleibt ähnlich limitiert.

Vielleicht noch so viel: Dass er nie den großen Film mit Sam Peckingpah drehte, der doch so im Bereich des Möglichen gewesen wäre, liegt wohl daran, dass sein Ego und der des Regisseurs sich während der Präproduktion zu The Wild Bunch so sehr in die Quere kamen, dass die beiden einander fortan mieden. Ursprünglich hätte er die Rolle von Holden spielen sollen, und wenn ich mir das so vorstelle, bilde ich mir ein, dass ich in jener Version durchaus andere Nuancen ausmachen würde, weniger menschliche und melancholische, und mehr die verlorenen und trauernden, also nur Nuancen.

Er definiert diese Rolle so sehr, dass er tatsächlich alleine mit dieser einen Rolle (die er immer wieder variiert, ich wiederhole mich, um es euch einzuhämmern) zum härtesten Hund des Kinos aller Zeiten avanciert. Kein Steve McQueen ist jemals so hart, und wenn McQueen (in the Getaway) ein Kind bedroht, wirkt es wie ein verzweifelter Versuch, seinen inneren Lee Marvin zu kanalisieren, ohne dass es wirklich funktioniert, selbst Chuck Norris muss ihm zuarbeiten.

Fun Fact am Rande: Seine harter Hund attitüde geht so weit, dass er optisch sogar als Blaupause für den Marvel-Comic-Schurken Tombstone herhalten musste, der allerdings ein Albino Afroamerikaner ist :-)

Aber einen Film haben wir noch:

Die Hölle sind wir (1968)

Ein atembreaubender, extrem intelligenter, Anti-Kriegsfilm von Boorman, mit dem Marvin auch schon Point Blank verbrochen hat, ein fiebriger Film, der Marvin gegen den anderen harten Mann, den aus dem Osten antreten lässt (Mifune) und beide stellvertretend für die Menschheit verlieren lässt. Hier schimmert quasi letztmalig so etwas wie Wandlungsfähigkeit bei Marvin in einem Mainstreamprojekt durch. Großartiger Film mit großartiger Botschaft.

9 Punkte

Die Hölle sind wir Bewertung
Bewertung des Films
910

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3 Kommentare
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MobyDick : : Moviejones-Fan
08.09.2021 14:04 Uhr
0
Dabei seit: 29.10.13 | Posts: 7.688 | Reviews: 254 | Hüte: 620

luhp92

Danke für den Hut :-)

Dass die beiden nie eine Kollabo hatten, ist auch nicht ganz richtig, sie haben soweit ich weiss einen 1-Stündigen Fernsehfilm miteinander gedreht bevor beider Männer Karrieren steil gingen, aber wie schon geschrieben, der ganz große gemeinsame Film, der eigentlich hätte sein müssen, fand nie statt.

Ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass Peckingpah jedes Mal, wenn er James Coburn besetzt hat, er eigentlich an Marvin dachte wink

Dünyayi Kurtaran Adam
MJ-Pat
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luhp92 : : BOTman Begins
07.09.2021 21:53 Uhr
0
Dabei seit: 16.11.11 | Posts: 17.394 | Reviews: 180 | Hüte: 635

Ich habe bisher tatsächlich noch keinen Film mit Lee Marvin gesehen...

Dass er nie mit Sam Peckinpah drehte, überrascht auf jeden Fall, damit hätte ich als Unwissender jetzt in der Tat gerechnet. Basierend auf dem, was ich über Peckinpah lese, könnten seine Filme wohl auch als Definition des Harten Hundes im Dictionary herhalten^^

"Dit is einfach kleinlich, weeste? Kleinjeld macht kleinlich, Alter. Dieset Rechnen und Feilschen und Anjebote lesen, Flaschenpfand, weeste? Dit schlägt dir einfach auf de Seele."

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MobyDick : : Moviejones-Fan
07.09.2021 13:09 Uhr
1
Dabei seit: 29.10.13 | Posts: 7.688 | Reviews: 254 | Hüte: 620

Schlage im Oxford Dictionary die Definition des Wortes Harter Hund nach.

Dünyayi Kurtaran Adam
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