
Bewertung: 4 / 5
Am 23. Januar 2025 bringt Leigh Whannell mit Wolf Man frischen Wind in das Genre des Werwolf-Films. Die Handlung folgt dem jungen Familienvater Blake (Christopher Abbott), der bedauerlicherweise nicht zum Daddy des Jahres gewählt werden wird...
Blake ist ein liebender Ehemann und Vater aus San Francisco. Nachdem er die offizielle Sterbeurkunde seines vor Jahren verschollenen Vaters erhält, erbt er das abgelegene Elternhaus im ländlichen Oregon. Da die Ehe mit seiner erfolgreichen Frau Charlotte (Julia Garner) zunehmend kriselt und sich beide entfremden, überredet Blake sie dazu, eine Auszeit von der Stadt zu nehmen und sich das Haus gemeinsam mit ihrer kleinen Tochter Ginger (Matilda Firth) anzusehen. Doch noch bevor die Familie das entlegene Gehöft erreicht, überschlagen sich die Ereignisse - im wahrsten Sinne des Wortes...
Trailer zu Wolf Man
Wie immer möchten wir an dieser Stelle nicht zu viel verraten, denn nicht jeder und jede von euch hat den Trailer gesehen. Feststeht natürlich, dass etwas Unheimliches auf die kleine Familie lauert und der nächste Morgen sehnsüchtig erwartet wird.
Der 48-jährige Leigh Whannell, u.a. bekannt für seine Arbeit an Der Unsichtbare und der Insidious-Reihe, zeigt auch hier sein Talent, klassische Horrorstoffe mit modernem Anstrich zu versehen. Während Wolf Man, man könnte meinen, bodenständiger ausfällt als Whannells bisherige Werke, überzeugt seine Inszenierung durch eine bedrückende Atmosphäre, die den Zuschauer bis zum Abspann in den Bann zieht.
Was Wolf Man besonders auszeichnet, ist die Stimmung und sein Respekt vor dem Werwolfmythos. Der Regisseur verzichtet weitgehend auf übernatürliche Elemente und konzentriert sich auf die körperliche und psychische Transformation. Diese wird mit beeindruckenden praktischen Effekten und subtilen visuellen Tricks dargestellt - der Film beweist endlich mal wieder auf positive Weise, dass ein Werwolffilm mit der Qualität der Verwandlung steht oder fällt. Zudem greift er das animalische Äußerliche und die Idee der geschärften Sinne des Protagonisten auf, ohne ins Lächerliche abzudriften.
Eine großartige Darstellung und Präsenz im Film zeigt Christopher Abbott. Dieser strahlt von Anfang an etwas Tiefgründiges und Verletzliches aus, und zeigt eine überaus überzeugende Performance als Mensch und Tier. Eine gemischte Überraschung bietet Julia Garner, die als Sarah leider wie ein Fremdkörper wirkt. Unnahbar, roboterhaft in ihrer Darstellung, fast auch überfordert als Mutter insgesamt, sie wirkt, wie in eine schlechtsitzende Schablone gepresst. Ein Puzzlestück, das sich partout nicht am richtigen Fleck befindet. Während sie in Serien wie Inventing Anna als Ana Delvey brillierte, gelingt es ihr hier nicht wirklich, ihrer Rolle emotionale Tiefe und Dynamik zu verleihen. Im Gegensatz dazu ist wie erwähnt Christopher Abbott als Hauptprotagonist ein Glücksgriff, ebenso Mia Collins, die als Tochter Lily eine sympathische Leinwandpräsenz zeigt.
Die bedrückende Stimmung von Wolf Man wird selbstverständlich durch seine Schauplätze getragen. Oregons dunkle Wälder wirken klaustrophobisch und unbarmherzig, während das einsame Familienhaus die Isolation und Hilflosigkeit der Figuren perfekt widerspiegelt. Die Dunkelheit, die sich visuell wie thematisch durch den Film zieht, unterstreicht die schleichende Zerstörung des Protagonisten und sorgt dafür, dass die Bedrohung ohne Unterbrechung greifbar bleibt. Whannell nutzt diese stilistischen Mittel meisterhaft, um den Zuschauer in die dramatischen Momente hineinzuziehen.
Uns hat Wolf Man wirklich gut gefallen, doch trotz seiner Stärken wird er es im Kino schwer haben, sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen. Werwolffilme gehören stets zu den anspruchsvolleren, aber stiefmütterlich behandelten Genrebeiträgen - und haben es sicher umso schwerer, wenn zeitgleich ein stimmiger Dracula-Film wie Robert Eggers´ Nosferatu - Der Untote über die Leinwände schwebt (lasst euch nicht einreden, dass der mittelmäßig ist!). Schlussendlich beweist Whannells Werk, dass der Werwolf-Mythos noch lange nicht ausgedient hat, und sichert sich mit seiner gelungenen Mischung aus Spannung, Horror und Emotion einen Platz unter den besten Genrevertretern der letzten Jahrzehnte. Er macht exakt, was ein Werwolffilm machen soll!
Wiederschaufaktor: 80%
