
Bewertung: 3.5 / 5
Luc Besson wagt sich an Bram Stokers düstere Legende und liefert mit Dracula - A Love Tale eine packende Neuinterpretation, die sowohl vertraute Pfade beschreitet als auch neue Wege öffnet.
Der Film verlegt die Handlung nach Paris und beginnt im 15. Jahrhundert: Prinz Vladimir II., Graf von Drācul (Caleb Landry Jones), verliert nach dem Tod seiner geliebten Frau Elisabeta (Zoë Bleu) seinen Glauben. Verzweifelt, voller Zorn und Schmerz, verflucht er Gott, tötet in seiner Raserei einen Priester und zieht damit einen schrecklichen Fluch auf sich – die Unsterblichkeit. Jahrhunderte später erkennt er im Gesicht einer Frau in Paris die verlorene Liebe wieder und stürzt in einen Strudel aus Sehnsucht, Wut und Hoffnung.
Besson bleibt bei der Grundstruktur des Romans, doch anders als viele seiner Vorgänger legt er den Schwerpunkt stärker auf die Gefühlswelt des Grafen. Dracula ist hier nicht nur das Monster der Nacht, sondern ein Mensch, der durch Leid entstellt wurde – ein verlorener Liebender, gefangen in einem endlosen Dasein. Diese Betonung der inneren Tragik erinnert zwar unübersehbar an Coppolas berühmte Version aus den 90ern, samt Verweisen auf dessen grandiose Musik und imposante Besetzung, aber Besson versucht, sich ein Stück weit freizuschwimmen. Sein Dracula ist verletzlicher, persönlicher, französischer.
Caleb Landry Jones und Zoë Bleu tragen Dracula - A Love Tale mit einer Intensität, die sich schwer abschütteln lässt. Wie Apnoe-Taucher pressen sie das letzte bisschen Luft, Leidenschaft und Schmerz aus ihren Rollen. Ihre Szenen sind von einer Dichte, die oft über die gesamte Inszenierung hinwegträgt. Christoph Waltz hingegen darf einmal mehr den Sonderling geben – kauzig, verschroben und mit jener unnachahmlichen Mischung aus Eleganz und Ironie, die man inzwischen fast schon von ihm erwartet. Ewens Abid bleibt als Harker dagegen etwas blass, ein notwendiges Bindeglied in der Handlung, das jedoch kaum im Gedächtnis bleibt.
Die Musik ist – wie schon bei Coppola – ein starker Pfeiler der Atmosphäre. Auch Bessons Version profitiert von einem kraftvollen Score, der zwischen Pathos, Melancholie und bedrohlichem Dröhnen oszilliert. Über die Gargoyles, die im Pariser Setting einen wiederkehrenden Auftritt haben, kann man streiten. Für manche sind sie ein Fremdkörper, für andere ein mutiger Einfall, der die französische Prägung des Films sichtbarer macht und Bessons Handschrift betont.
Am Ende steht ein Werk, das trotz kleiner Schwächen überzeugt: Dracula - A Love Tale in Bessons Version ist klassisch und modern zugleich, eine respektvolle Verneigung vor der Vorlage und Coppolas Meilenstein, aber mit eigenem Ton. Vor allem aber erinnert er daran, dass hinter dem Mythos ein Mensch steckt – einer, der liebte, verlor und dafür auf ewig büßen muss.
