
Bewertung: 3.5 / 5
Nach dem gigantischen Erfolg von Top Gun - Maverick wollte Regisseur Joseph Kosinski offenbar alles andere als auf die Bremse treten und hat sich mit F1 - Der Film dem nächsten Hochgeschwindigkeitsprojekt gewidmet. Diesmal geht es vom Himmel hinab auf die Rennstrecke und so wie einst Tom Cruise als Pilot im echten Kampfjet saß, begibt sich hier Brad Pitt selbst direkt hinters Lenkrad, um eindrucksvoll selbst über die Strecken dieser Welt zu düsen. Doch ist dies ebenso beeindruckend und schafft man es, eine gute Balance zwischen spektakulären Rennszenen und interessanter Story zu kreieren?
F1 - Der Film Kritik
Sonny Hayes (Brad Pitt) trägt den Spitznamen „Der Beste, der es niemals geschafft hat“. In den Neunzigerjahren galt er als hoffnungsvollstes Talent der FORMEL 1 – bis ein Unfall auf der Rennstrecke seine Karriere um ein Haar beendet hätte. 30 Jahre später verdient er sich seinen Lebensunterhalt als Gelegenheitsrennfahrer. Eines Tages tritt Sonnys ehemaliger Teamkollege Ruben Cervantes (Javier Bardem) an ihn heran, der inzwischen Eigentümer eines vor dem Aus stehenden FORMEL-1-Teams ist. Ruben überredet Sonny zu einer Rückkehr in die FORMEL 1, um das Team zu retten und einen letzten Versuch zu unternehmen, sich als bester Fahrer der Welt zu beweisen. Sein Teamkollege, Nachwuchstalent Joshua Pearce (Damson Idris), ist unterdessen fest entschlossen, auf der Rennstrecke sein ganz eigenes Tempo vorzulegen. Im Getöse der Motoren holt die Vergangenheit Sonny ein. Bald stellt er fest, dass in der FORMEL 1 der eigene Teamkollege der erbittertste Konkurrent sein kann – und dass der Weg zur Erlösung nicht allein beschritten werden kann.
Trailer zu F1 - Der Film
Die Formel 1 zählt seit vielen Jahrzehnten bereits zu den größten Sportarten der Welt. Und doch hat es vergleichsweise noch gar nicht so viele Verfilmungen dazu gegeben. Eine der bekanntesten der letzten Jahre dürfte wohl Rush von Regisseur Ron Howard gewesen sein, wo die Rivalität zwischen den beiden Rennfahrern Niki Lauda und James Hunt dargestellt wird, sowie Laudas berühmter und schrecklicher Unfall auf dem Nürburgring im Jahr 1976.
Seit 2017 hat sich im Umfeld der Formel 1 einiges geändert, zum guten wie auch zum schlechten. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Medienunternehmen Liberty Media die kommerziellen Rechte an der Formel 1 erworben. Seitdem versucht das Unternehmen, neue Zielgruppen und Märkte für den Rennsport zu erschließen. Auch die Dokumentationsserie von Netflix Formula 1 - Drive to Survive ist darauf zurückzuführen. Und wenngleich diese Doku-Serie kaum etwas mit der tatsächlichen Realität (oder gar Wahrheit) der Formel 1 zu tun hat, so hat sie doch geholfen, neue Fangruppen zu erschließen.
Nun folgt mit F1 - Der Film quasi der nächste Schritt und tatsächlich ist man dafür auch einen besonderen Weg gegangen. In Zusammenarbeit mit der Formel 1 selbst sowie mit dem siebenmaligen Weltmeister Lewis Hamilton als Produzent, der zudem selbst immer noch aktiv fährt, hat man nicht einfach eine zurückliegende historische Geschichte verfilmt, sondern eine fiktive Geschichte in der tatsächlichen, heutigen Formel 1 spielen lassen. Mit der tatsächlichen, heutigen Formel 1.
Für Fans des Rennsports sind die folgenden Informationen nicht neu, denn sie haben es bereits live während der Rennwochenenden mitbekommen: Große Teile des Films wurden an den echten Rennwochenenden der Formel 1 gedreht. Dafür hat man während der Saisons 2023 und 2024 dem Drehteam sogar eine zusätzliche Garage für das fiktive elfte Team der Formel 1 zur Verfügung gestellt. Die beiden Hauptdarsteller Brad Pitt und Damson Idris drehten ihre Szenen zusammen mit den echten Rennfahrern. Es wurde sehr viel Wert auf Realismus gelegt. Und so fährt Pitts Sonny Hayes auch nicht gegen irgendwelche ausgedachten Rennfahrer, sondern er legt sich auf der Rennstrecke mit den echten an, sei es ein Max Verstappen, ein Lando Norris, Charles Leclerc und wie sie alle heißen. Zumindest in der Story. Natürlich wurden für die Drehs mitunter Stuntfahrer benutzt. Und auch diese Rennszenen, wenngleich auch nicht alle, fanden im Umfeld der echten Rennwochenenden statt, wodurch man den Vorteil hatte, das anwesende Publikum mit einbeziehen zu können. Sogar die obligatorischen Interviews nach den echten Rennen wurden für Drehzwecke benutzt. Die echten Journalisten (oder die Fans vor dem Fernseher) schauten mitunter nicht schlecht, als plötzlich Brad Pitt im Rennfahreroutfit zusammen mit den anderen Rennfahrern in der Medien-Ecke auftauchte, um wie alle anderen über das zurückliegende Rennen zu sprechen. Auch sah man ihn des Öfteren für die Dreharbeiten durch die volle Boxengasse laufen. Egal ob man die Formel 1 in den letzten zwei Jahren über RTL oder Sky verfolgt hat, dürfte hier und dort im Hintergrund immer mal wieder ein Brad Pitt aufgetaucht sein, und zwar ganz so, als wäre er einer der echten Rennfahrer.
Und auch was die Rennszenen selbst betrifft, hat man viel Wert darauf gelegt, es nicht nur so realistisch wie möglich erscheinen zu lassen, sondern natürlich auch möglichst spektakulär. Ähnlich wie bei Top Gun - Maverick hat man dabei auf großen CGI-Einsatz verzichtet, sondern ist selbst in echten Rennautos auf die Strecke und hat diese, wie damals die Kampfjets, mit hochmodernen Kameras ausgestattet, um die Rennszenen so eindrucksvoll wie nur irgendwie möglich filmen zu können. Und ja, Brad Pitt sitzt in vielen dieser Szenen selbst hinter dem Lenkrad. Doch weil ein echtes Formel 1-Auto dann doch eine Nummer zu groß (und zu schnell) gewesen wäre, hat man Formel 2-Autos benutzt und diese so umgebaut, dass sie wie Formel 1-Autos aussehen. Weniger spektakulär ist es dadurch in jedem Fall nicht geworden.
Das alles ist wichtig zu wissen, doch am Ende dreht es sich natürlich nur um die entscheidende Frage: Wie ist der Film denn nun geworden? Hat sich der ganze Aufwand gelohnt?
Die Antwort auf diese Frage hängt wohl von eurer Perspektive ab. Gehört ihr zu denen, die Formel 1 kaum bis gar nicht verfolgen, dann habt ihr mit 155 Minuten zwar eine lange Zeit in Kino, aber eine durchaus unterhaltsame. Ihr werde nicht alles verstehen und euch manchmal am Kopf kratzen, doch es wird auch zwischendurch für Neulinge genug erklärt, um nicht völlig hilflos darzustehen.
Brad Pitt versprüht nach wie vor genug Charisma, um das Drama zwischen den Rennen unterhaltsam genug zu gestalten und die Rennen selbst sind mitunter wirklich spektakulär inszeniert. Sie pressen euch mitten auf den Asphalt und katapultieren euch direkt hinein ins Cockpit. Und man sieht, dass alles echt gefilmt ist, dass echt gefahren wurde. Ganz ähnlich wie in Top Gun - Maverick zeigt sich hier der klare Vorteil gegenüber seelenloser CGI-Action, die einem als Zuschauer einfach egal ist. Hier jedoch spürt man als Zuschauer das Adrenalin und hält zwischendurch sogar den Atem an. Es ist einfach ein komplett anderes Erlebnis und es ist toll, dass wir so etwas endlich wieder öfters im Kino geboten bekommen.
Zu verdanken ist dies sicherlich zu großen Teilen Regisseur Joseph Kosinski, der es hier erneut schafft, spektakuläre Action zwar sehr adrenalingeladen, doch gleichzeitig auch mit Ruhe und großer Übersicht zu inszenieren.
Untermalt wird dies von einem Score des wie immer tollen Hans Zimmer, der erstmals nach einer kurzen Einleitung in den Film erklingt und zusammen mit den Rennszenen durchaus direkt für Gänsehaut sorgt. Umso merkwürdiger, dass er im Verlauf des Films immer weniger zum Einsatz kommt und durch Pop- oder Rockmusik ersetzt wird. So schafft es der Score leider nicht, dem Film seinen Stempel aufzudrücken. Eine kreative Entscheidung, die wir überhaupt nicht nachvollziehen können. So ist F1 - Der Film schlicht ein weiterer Film, der Szenen mit Song wie "We Will Rock You" untermalt statt einen eigenen, individuellen Klang zu entwickeln. Hier geht leider viel eigener Charakter verloren.
Die Darsteller machen ihre Sache alle soweit gut, wirklich viel erwartet wird zumindest schauspielerisch aber auch nicht von ihnen. Brad Pitt glänzt vor allem mit seiner Ausstrahlung und seinem Charme sowie seinem Einsatz hinter dem Lenkrad. Damson Idris kommt gut als arroganter Rookie rüber, der erst noch lernen muss, seine Prioritäten richtig zu setzen. Aber sein Charakter bekommt einfach, genau wie Pitts, zu wenig zu tun, um irgendwie groß glänzen zu können. Javier Bardem hat sogar mit die emotionalste Rolle, was hier nicht viel heißen muss, aber auch sein Charakter wird einfach viel zu oberflächlich behandelt. Positiv hervorheben wollen wir Kerry Condon, die so etwas wie das Herz des Films bildet, obwohl wir bezweifeln, dass dies so beabsichtigt war. Doch ihr Charakter bekommt zumindest etwas nötige Tiefe und sie sorgt mit ihrem charmanten Schauspiel zudem für sonst fehlende menschliche Wärme.
Doch was ist, wenn ihr Formel 1-Fans seid? Hier wird es jetzt etwas kritischer. Die Rennszenen sind wirklich spektakulär und durch die hochmodernen Kameras bekommt man auch als langjähriger Fan etwas geboten, was man so in der Intensität noch nicht gesehen hat. Doch ist das hier erzählte und gezeigte auch realistisch? Hier sind wir ehrlich gesagt etwas enttäuscht, denn gerade durch die Mitarbeit der Formel 1 selbst sowie von Lewis Hamilton, hätten wir hier doch etwas mehr Anspruch erwartet. Das fängt schon mit Kleinigkeiten an, wie, dass Brad Pitt als Sonny Hayes nie eine Kappe trägt. Formel 1-Kenner wissen, was hier gemeint ist. Genauso ist es fraglich, dass ein Team, welches seit drei Jahren ständig letzter ist mit nur einem einzigen Update am Auto plötzlich um die Punkte und sogar das Podium mitfährt. Auch wie Pitts Charakter teilweise vom letzten Platz mit einem unterlegenen Auto fast mühelos durchs gesamte Feld rast, ist einfach in dieser Form Blödsinn. Die Liste geht noch weiter. Sagen wir einfach, als Kenner des Sports hat man in F1 - Der Film so manches zu schlucken, vor allem, wenn man Authentizität erwartet hat.
Und ja, es ist toll die ganzen echten Fahrer und Teamchefs im Hintergrund zu sehen, doch mehr ist es auch nicht. Die echte Formel 1 fungiert buchstäblich als reine Kulisse und hat kaum bis gar keinen echten Einfluss auf die hier erzählte Geschichte. Der ganze Film wirkt wie isoliert innerhalb des Fahrerfeldes. Nur ein einziges Mal darf einer der echten Fahrer im Film etwas sagen, und das ist Max Verstappen über Funk während eines Rennens. Ansonsten gibt es auch keinerlei Kontakt oder Gespräche zwischen unseren Fiktiven Fahrern und den echten. Drei der Teamchefs dürfen jeweils einen Satz sagen. Das war es. So kommt für echte Fans trotz all der Mühe leider nie richtiges Formel 1-Feeling auf.
Vielleicht verlangen wir aber hier zu viel. Die echten Fahrer sind natürlich dort, um ihre echten Rennen zu fahren, was auch Konzentration erfordert. Aber hätte man nicht, z.B. in der Sommerpause, mal Dreharbeiten mit einigen von ihnen ansetzen können? Oder um zumindest Funksprüche für die Rennen aufzunehmen? Es fehlt einfach spürbar der Kontakt. Und so wird eben auch kein realistisches Bild der Formel 1 abgebildet. Denn natürlich sind die Fahrer Egoisten auf der Strecke, aber mitunter auch befreundet. Sie reisen zusammen, unternehmen etwas zusammen, tauschen sich regelmäßig aus, ja, man mag es kaum glauben, reden sogar miteinander. F1 - Der Film vermittelt da leider ein gänzlich anderes Bild.
Es gibt natürlich Dinge, da muss man einfach Abstriche machen. So können wir es natürlich nachvollziehen, dass man bei den Rennwochenenden sich komplett nur auf die Rennen konzentriert, und sowohl freie Trainings wie auch das Qualifying keinerlei Rollen spielen. Man muss eben eine Balance finden um auch die breite Masse anzusprechen und diese nicht zu überfordern. Doch erneut, dadurch geht die Authentizität verloren. Mit einem anderen Fokus vor allem hinsichtlich der Story, einer etwas anderen Struktur des Films, hätte man hier vieles besser machen können und die Formel 1 so abbilden können, wie sie tatsächlich ist.
Zumindest sind die echten Journalisten der Formel 1 etwas besser eingebunden, von denen man einige im Film antrifft. Und, natürlich, wird auch Drive to Survive erwähnt und der einigen sicherlich auch daraus mit seinen unsäglichen Glückskekssprüchen bekannte Journalist Will Buxton darf (leider) ebenfalls nicht fehlen. Man merkt durchaus, dass die Formel 1 Einfluss auf den Film hatte, leider aber nicht immer einen guten.
Um mal wieder positiver zu werden, ist es schön, dass man sich nicht nur komplett auf die beiden Fahrer konzentriert, sondern auch zeigt, dass so ein Team aus mehreren Personen und Abteilungen besteht und sie alle gleichmäßig wichtig sind, um erfolg zu haben. Sei es z.B. die Entwicklungsabteilung, die Arbeit im Simulator oder die Boxencrew. Leider wird auch hier das meiste viel zu kurz und oberflächlich behandelt, um ein echtes Gefühl dafür zu bekommen, und das trotz der langen Laufzeit. Der Film schafft es einfach nicht, die nötige Tiefe zu entwickeln, die ihn von anderen Filmen dieser Art abheben würde.
Lobend zu erwähnen ist, dass F1 - Der Film eine Diversität in den Sport bringt, wo die echte Formel 1 noch damit zu kämpfen hat. Es ist sicherlich kein Zufall und dem Einfluss von Lewis Hamilton geschuldet, dass mit Damson Idris ein schwarzer Fahrer gecastet wurde, wo Hamilton selbst doch nach wie vor der einzige schwarze im gesamten Fahrerfeld ist. Ähnlich verhält es sich mit Kerry Condon, die Kate McKenna spielt, eine technische Direktorin in einem immer noch stark Männerdominierten Umfeld.
Diese Beispiele zeigen, dass der Film durchaus gute Ansätze hat. Doch dies und spektakuläre Rennaction reicht am Ende eben nicht, wenn die nötige Tiefe fehlt und der Film als ganzes schlicht in allen Bereichen zu oberflächlich bleibt. Dann bist du nur ein weiterer von vielen, einer im Mittelfeld, aber eben nicht der Fahrer, der an der Spitze um den Titel fährt.
Fazit
Zum guten wie auch zum schlechten ist F1 - Der Film vor allem eine dramatisierte Hollywood-Version der echten Formel 1 geworden. Kenner werden sich über einiges freuen, mit einigen hier dargestellten Sachen aber auch Probleme haben und mehr als einmal die Stirn runzeln. Dies ist kein Film für die langjährigen Fans des Sports, sondern vor allem für die amerikanischen Zuschauer von Drive to Survive. Denn so oberflächlich, fehlerhaft und selten akkurat wie die Dokumentationsserie ist am Ende leider auch F1 - Der Film geworden.
Doch sieht man darüber hinweg, oder hat von dem Sport ohnehin keine Ahnung, bekommt man spektakuläre Rennaction geboten, die an Intensität bislang einmalig ist. Eingerahmt wird dies von einer Geschichte über ein Team und zwei Fahrern, wie sie kaum klischeehafter hätte sein können. Damit geht man nicht in die Filmgeschichte ein, langweilig ist es aber fairerweise auch nicht.
Vielleicht muss man bei so einem Film mit dieser komplizierten Produktion Abstriche in Sachen Kreativität machen. Schade ist es aber dennoch, denn so bleibt am Ende nur die tolle Action auf der Rennstrecke eines ansonsten austauschbaren Films, der seinen zusätzlichen Reiz davon erhält, ein kaltes und oberflächliches Markenprodukt zu sein, wo er doch so viel mehr hätte sein können. Und doch raten wir euch, diesen Film im Kino gucken zu gehen. Denn wenn man F1 - Der Film schaut, dann sollte man dies auf der großen Leinwand tun.
