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Finsterworld

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Prädikat: besonders wertvoll

Finsterworld Kritik

Finsterworld Kritik
0 Kommentare - 07.10.2013 von FBW
Hierbei handelt es sich um eine Kritik der Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW).

Bewertung: 4 / 5

Finsterworld ist ein Mikrozensus des intensiven Blicks hinter das befriedete Deutschland unserer Wohlstandsgesellschaft von heute. Hinter der Befriedung lauert die zugedeckte, verborgene Aggressivität. Ein Ensemble von Figuren wird aufgetischt. Am Anfang erscheinen sie isoliert zu agieren. Vier pubertierende Gymnasiasten in Schuluniform und ihr bemühter Lehrer, ein reiches Ehepaar, das nur mit sich selbst beschäftigt ist, ein korrupter Polizist und seine Freundin, die Dokumentarfilme dreht, aber damit keinen Erfolg hat, ein Eremit im Wald, der ein Abbild unserer Sehnsucht nach einer Gegenwelt zur Zivilisation darstellt und eine verletzte Krähe zu seinem Begleiter macht, eine gepflegte alte Dame im Altersheim mit Sehnsucht nach Liebe und ihr Fußpfleger, der im Auto ohne Führerschein fährt. Nach und nach verweben sie sich zu Zusammenhängen mit meist fatalen Folgen. Wie Magnete werden sie angezogen und abgestoßen. Maximilian ist ein arroganter pubertärer Fastabiturient, aufmüpfig frech und intrigant. Verletzung anderer ist sein Hauptziel. Das Spiel der Grausamkeit geht so weit, dass beim obligatorischen KZ-Besuch die Klassenkameradin Natalie von ihm und seinem Freund in einen Vergasungsofen eingesperrt wird. Ihr Freund Dominik hatte sich längst abgesetzt und muss diesen Trip der Einsamkeit grausam büßen. Starker Tobak.

Verwirrend, verwoben, verstörend - so klingen die Beschreibungen der einzelnen Geschichten in Frauke Finsterwalders Finsterworld. Und genau dies ist auch beabsichtigt. Viele Einzelfiguren treffen in einer geschickt ausgeklügelten Dramaturgie aufeinander, sind schicksalsmäßig miteinander verbunden und doch allesamt ganz allein in ihrem manchmal hoffnungslosen, manchmal hoffnungsvollem Dasein. Die Dialoge des exzellenten Drehbuchs " entstanden in Zusammenarbeit zwischen der Regisseurin und dem Romanautor Christian Kracht - sind erfrischend anders und treffen wie Messerstiche in die Befindlichkeiten unserer Gesellschaft und Zeit. Die Besetzung ist bis in die Nebenfiguren hochkarätig, ob Sandra Hüller, Ronald Zehrfeld oder auch Corinna Harfouch. Wie in einer Spirale drehen sich ihre Charaktere umeinander und sich selbst, bis hin zum konsequent erzählten dramatischen Schluss. Ein großartiges Debüt und ein schwarzhumoriges Porträt unserer Zeit, bitterböse und zutiefst menschlich.

Trailer zu Finsterworld

Die Kamera ist durchweg lichtvoll, als wollte sie ihre Protagonisten rein waschen. Sie werden uns durchweg als skurrile Sympathieträger gezeigt. Es gibt in diesem Film aber keine reinen Seelen. Sie haben es fast alle faustdick hinter den Ohren. Die positive Eindrücklichkeit von Finsterworld gelingt durch das intelligente Drehbuch. Mit leichten oberflächlichen Dialogen wird der Kommunikationsalltag treffend bloßgelegt, dargestellt von einem Schauspielerensemble, das hervorragend agiert. Man könnte diesen Film eine Komödie nennen, wenn er in seiner Groteske nicht so ernst übereinstimmte mit der Realität. Eine überaus sehenswerte Satire über Abgründe in unserer gesellschaftlichen Wirklichkeit, die lange wie in einer Schallplattenrille im Gedächtnis hängen bleibt.

Prädikat: besonders wertvoll

Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung

Finsterworld Bewertung
Bewertung des Films
810

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