Bewertung: 4 / 5
Joker ist ein Filmdrama aus dem Jahr 2019 und wurde vom US Amerikaner Todd Phillips inszeniert. Diese Kritik ist spoilerfrei.
Trailer zu Joker
Jeder kennt Batman und demzufolge hat jeder auch zumindest mal etwas vom Joker gehört. In Batman aus dem Jahr 1989 sahen wir einen Teil deiner Entstehungsgeschichte, damals verkörpert von Jack Nicholson. 19 Jahre später in The Dark Knight war der Joker ein Mysterium, keine Ursprünge, keine Motive. Heath Ledger wollte in seiner Rolle die Welt einfach nur brennen sehen. Die Auftritte von Cesar Romero in den 1960er Jahren und Jared Leto 2016 waren unscheinbare Nebenrollen. Heute bekommt der weltbekannte Schurke einen eigenen Film, eine Hintergrundgeschichte, sein ganz persönliches Drama.
Arthur lebt mit seiner kranken Mutter zusammen und pflegt diese. Nebenbei versucht er als Clown die Leute zum Lachen zu bringen und träumt von einem Stand Up Programm. Das fällt ihm in Gotham City jedoch schwer, eine Stadt welche zunehmend verkommt und wo man sich nicht mehr überall auf die Straße trauen kann. Zeitgleich ist Arthur bereits schon zu Beginn des Films massiv gestört und geht regelmäßig zu einer Gesprächstherapie.
Regisseur Todd Phillips wird immer mit seinem größten Hit in Verbindung gebracht, Hangover aus dem Jahr 2009. Der Film wird von vielen als derbe Komödie wahrgenommen. Tatsächlich zeigte Phillips schon damals in genau diesem Film, dass er nicht nur klassische Komödien inszenieren, sondern das er Filmen Atmosphäre verleihen kann, wodurch sie authentisch und lebendig werden. Genau das zeichnete den Erstling Hangover damals aus. Joker spielt in einem anderen Genre, aber man merkt wie lebendig dieses furchtbare Gotham City doch ist. Der Film kommt sehr atmosphärisch und ruhig daher. Die dichte Atmosphäre fängt bereits bei Texteinblendungen und der Musik an, welche zu jedem Zeitpunkt den Stil der frühen 1980er Jahre treffen. Die Szenenbilder sind perfekt und es gibt einen wundervollen Mix aus bekannten Liedern sowie stimmungsvollen Kompositionen von der Isländerin Hildur Guðnadóttir. Kostüme und Makeup runden die Optik auf, visuelle Effekte werden nicht benötigt.
Im Vordergrund der über 122 Minuten langen Geschichte steht Joaquin Phoenix, dieser geht in der Rolle des geisteskranken Arthur komplett auf und spielt jedes noch so kleine Detail voller Überzeugung. Man bekommt an einigen Stellen regelrecht Mitgefühl für den Mann, der Film zeigt eine Gesellschaft in der nicht alle Leute akzeptiert werden und Gruppen sich ausgegrenzt fühlen. Eine große Stärke des Films ist neben dem Hauptdarsteller das Drehbuch, was Regisseur Todd Philipps gemeinsam mit Scott Silver (The Fighter) schrieb. Zwar gibt es hier einen erheblichen Kritikpunkt, aber dieser wird weiter unten ausgeführt. Jedoch zu den Stärken: Man fragt sich am Anfang warum man zu so einem späten Zeitpunkt in Arthurs Entwicklung einsteigt. Joker beinhaltet jedoch viele kleine Überraschungen und sogar den einen oder anderen Twist. So ist der Streifen vom Ablauf äußerst intelligent geschrieben und alle Fragen werden auf elegante Art und Weise beantwortet. Der kaputte Zustand des Mannes wird auf gewisse Weise nachvollziehbar und das Mitgefühl nimmt stark zu. Es wird äußerst schockierend was der Mann alles durchmachen musste und diese Erfahrungen kann man auf unsere Gesellschaft übertragen.
Man fragt sich wie Joker sich im Batman-Universum eingliedert. Gotham City ist der Handlungsort, aber heißt die Stadt nur so und es könnte auch ein Film über Hans Müller sein? Nein, auch wenn der Film seinen Fokus wahrt, wird die Geschichte sehr eng mit bekannten Elementen verknüpft.
Lobenswert ist weiterhin, dass Joker nicht weich gespült wurde. Es wird nicht permanent jemand abgeschlachtet, aber es gibt ein paar sehr extreme Gewaltsituationen und auch die restliche Präsentation ist alles andere als jugendfrei. Auch wenn es blöd klingt, aber es ist schön eine Filmfigur mal wieder exzessiv rauchen zu sehen. Das soll nicht zum Nachahmen animieren, aber es zeigt halt wie die Welt ist und vor allem war.
Neben Joaquin Phoenix als Joker gibt es einige andere Figuren im Film, welche jedoch überwiegend Randerscheinungen bleiben. Am meisten darf Robert DeNiro als Late Night Master zeigen. Mit Zazie Beetz gibt es eine deutsche Schauspielerin, welche eine geheimnisvolle Rolle im Film einnimmt. Frances Conroy spielt Arthurs Mutter und ist ein wesentlicher Bestandteil für die Entwicklung des bekannten Schurken. Weiterhin gibt es eine bekannte Figur, welche an dieser Stelle nicht genannt werden soll, aber sie wird dargestellt von Brett Cullen. Brett wer? Ein Schauspieler welcher bereits in The Dark Knight Rises in Gotham City unterwegs war. Die Darstellung von Brett Cullen bzw. die Ausrichtung des Films kann durchaus für Kontroversen sorgen.
Die vielen Figuren an der Seite vom Joker erfüllen ihren Zweck in der Entwicklung des Wahnsinnigen. Jedoch bewegen sie sich nur an einer kurzen Leine und das ist durchaus ein Kritikpunkt. Der Film ist stimmungsvoll inszeniert, sieht hervorragend authentisch aus, hat einen großartigen Hauptdarsteller sowie ein Drehbuch, was die Entwicklung der Figur elegant erzählt – jedoch bleiben alle anderen Figuren um ihm herum tatsächlich nur Randerscheinungen, zu denen man als Zuschauer keine Beziehung aufbauen kann. Dadurch bleibt in letzter Konsequenz eine Schippe an Dramaturgie liegen.
Nichts desto trotz ist Joker ein sehr sehenswertes Filmdrama, kein Actionfilm, keine klassische Comicverfilmung. Ein ruhiger und trotz der genannten Kritikpunkte durchaus intensiver Film, den man sich als Freund der Materie angucken sollte. Wer sich das klassische Blockbusterkino erhofft könnte hingegen enttäuscht werden.