Bewertung: 2.5 / 5
Da ist sie also nun, die neue deutsche Sci-Fi-Serie der Dark-Macher, die sich mit Tribes of Europa erneut für Netflix an eine größere Welt mit angedacht epischen Abenteuern wagen beim Kampf um einen mysteriösen mächtigen Würfel und die Vorherrschaft in Europa. Mit sechs Folgen ein kurzes Vergnügen - wenn man sich denn vergnügt. Wovon das abhängt, erfahrt ihr in unserer Review.
Tribes of Europa Review
Tribes of Europa spielt in einer dystopischen Zukunft in Europa: Im Jahr 2074 ist Europa nach einer Katastrophe 45 Jahre zuvor in unzählige Mikrostaaten zerfallen, in denen diverse Stämme, die sogenannten Tribes, um die Macht auf dem Koninent kämpfen. Die Geschichte folgt drei durch ein weiteres Ereignis voneinander getrennten Geschwistern des Tribes der Origenes, welche das Schicksal des neuen Europa prägen werden - wobei ein mysteriöser Würfel mit ebenso mysteriöser Power eine große Rolle spielt...
Trailer zu Tribes of Europa
Wir sagen es ehrlich, durch die ersten Folgen haben wir uns etwas durchgequält, was vor allem am plakativen Aufbau und Schauspiel lag, das einen mit dem Holzhammer an Die Tribute von Panem - The Hunger Games und Game of Thrones erinnern soll mit einer Prise The 100, Star Wars und natürlich Fanservice-Verbindungen zu Dark, während das Mysterium um den Würfel einen durchaus neugierig bei der Stange bleiben lässt. Auch wenn es um Tribes in Europa gehen soll, bleibt die Welt zumindest in der ersten Staffel eher Deutsch mit etwas albern wirkenden Anglizismen und in der Nähe von Berlin (natürlich!), und auch nur das lässt einen den offenbar typischen Schauspielslang junger deutscher Darsteller*Innen ertragen: Möglichst schnell und abgehackt sprechen und möglichst viele Endsilben verschlucken.
Große Glanzleistungen verbringen die drei Hauptdarsteller als Geschwister Liv (Henriette Confurius), Elja (David Ali Rashed) und Kiano (Emilio Sakray) auch ansonsten darstellerisch vor allem zu Beginn von Tribes of Europa noch nicht, doch Potenzial ist da, wenn man ihre Figurenentwicklung zu verfolgen bis zum Ende der ersten Staffel durchhält. Vornehmlich lernt man drei Tribes kennen: die Origenes, möglichst Natur nah und abgeschottet lebend, der Ureinwohner-Klischee-Mix, von dem aus die Geschichte der drei Geschwister gestartet wird. Die finsteren brutalen Crows, deren Ehrenkodex und grausame Lebensform genauso plakativ und blutig ist wie ihr finsterer Look - und der Military-Tribe der Crimsons, der zu Beginn zumindest so ist und aussieht, wie man sich das eben als Military-Einheit so vorstellt.
Zwei weitere Tribes, die Atlantier und Femen, spielen ebenfalls eine Rolle, deren Part aber deutlich mehr für die zweite Staffel Tribes of Europa angedacht ist, ihr ahnt es, es gibt ein Cliffhanger-Ende. Wir sagen es ehrlich, manche Charaktere sind uns zu "drüber", wirken zu aufgesetzt, wodurch die Serie das Problem hat, wie ernst sie sich eigentlich nehmen will, und gefühlt immer nur so haarscharf noch die Kurve bekommt. Ja, Moses (Oliver Masucci) soll auch witzig sein, und peppt als windiger Buddy den durchgehend etwas blass wirkenden Elja damit auch etwas auf. Ja, die Crow-Herrscher sollen wohl sadistisch und völlig durchgeknallt sein, und so mancher Sklave masochistisch, ob man das so plakativ gut findet, ist eine andere Frage. Darstellerischer Balsam sind vor allem James Faulkner als General Cameron wie auch Johann Myers als Bracker, beide haben aber nur kurze Nebenrollen. Die Effekte sind okay, die Musik dagegen ein nervig treibendes Dauerwummern mit wenigen Ausnahmen, egal, wie viel oder wenig gerade passiert.
Das klingt jetzt alles erst einmal gar nicht mal so gut, aber es entwickelt sich in Tribes of Europa dann doch alles gar nicht mal so schlecht, auch bezüglich der Schauspielleistung der Hauptfiguren, weshalb wir gern wüssten, wie das weitergeht. Das Plakative bekommt immer wieder auch Brüche, die es erträglich machen, die Gut-Böse-Schiene hat eben doch ein paar Ecken und Kanten, die es interessanter machen, und es gibt einige dann doch coole und so dann doch nicht vorhersehbare Wendungen. Aus dem Würfel holt man zu Beginn erschreckend wenig und dann doch ganz schön viel heraus im Verlauf, auch wenn es etwas seltsam wirkt, dass alle von ihm gehört haben, ihn als mächtiges Artefakt ergattern wollen, eigentlich aber keiner dieses Artefakt überhaupt kennen dürfte aufgrund seiner Herkunft.
Aber gut, das ist wohl Teil des Mysteriums von Tribes of Europa, das auch um den Schwarzen Dezember 2029 aufgebaut wird, der Blackout-Tag, der Europa wieder ins Mittelalter fallen ließ, als jeglicher Strom von heute auf morgen wegfiel. Nach 45 Jahren weiß keiner mehr so wirklich, wie das eigentlich passiert ist, und erhofft sich die Antwort vom Würfel - und doch kann man wohl annehmen, dass manche mehr darüber wissen als es den Anschein hat. Sicher hätte man auch noch ein paar coole weitere Dinge mit dem Würfel - äh Cube - anstellen können, hätte man mehr Folgen gehabt, aber wer weiß, was mal abgesehen vom zwar erahnbaren und doch Wow-Moment am Ende noch in der nächsten Season kommt.
Und genau das lässt uns auf Tribes of Europa Staffel 2 hoffen, denn einiges deutet sehr darauf hin, dass die Referenzen an Dark doch mehr als nur Fanservice bedeuten, mehr deuten wir an dieser Stelle mal nicht an. Kurz, wenn man sich erst einmal eingewöhnt hat in den Stil und über manches hinwegschaut, hat man durchaus Spannung und Spaß. Als deutsche Serie sind die Macher sowieso zu loben, solch ein abenteuerliches Sci-Fi-Epos überhaupt zu wagen. Wir sind gespannt, wie das vorhandene Potenzial für eine zweite Staffel ausgeschöpft wird, die hoffentlich dann auch kommt. Da ist noch Luft nach oben!