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Horror auf Knopfdruck

Die dunkle Seite des Kinos - Warum wir uns freiwillig verstören lassen

Die dunkle Seite des Kinos - Warum wir uns freiwillig verstören lassen
0 Kommentare - Mi, 13.08.2025 von Moviejones
Warum faszinieren uns Horrorfilme und -serien? Was sind die Faktoren, nach denen wir beherzt in die Chipstüte greifen, währenddessen auf dem Bildschirm Figuren dramatische Minuten durchleben?

Zum wiederholten Mal läuft Eden Lake im Fernsehen. Ich sehe, wie Kelly Reilly und Michael Fassbender von einer Jugendbande terrorisiert werden. Ein Teil von mir fragt sich: Warum tue ich mir das eigentlich an und schaue nicht lieber wieder It´s always sunny in Philadelphia? Forscher beschäftigen sich mit dieser Frage schon lange. Ihre Antworten zeigen, dass es gleich mehrere Gründe gibt, die Zuschauer immer wieder zu solchen Filmen ziehen.

Filme, die Zuschauer psychisch fordern

Es gibt zahlreiche Filme, die das Publikum schocken. Manche sind bewusst darauf ausgelegt, die menschliche Psyche zu erschüttern und die Zuschauer am Ende verstört zurückzulassen. Dabei zeigen sich ganz unterschiedliche Formen von psychischer Belastung.

Zum Beispiel das bereits erwähnte Eden Lake, in dem ein Paar an einem abgelegenen See von einer gewalttätigen Jugendbande terrorisiert wird. Der Thriller überzeugt durch seine dichte Atmosphäre und die steigende Gewalteskalation, die viele Zuschauer nachhaltig verstört. Ähnlich schockierend ist Clockwork Orange, in dem der Täter selbst zur Hauptfigur wird und Zuschauer mit brutalen Szenen konfrontiert werden.

Weitere Beispiele sind Martyrs, Irreversible und Requiem for a Dream, die alle mit intensiven Bildern und Themen wie Gewalt, Drogen und Leid arbeiten. Solche Filme sind bewusst nicht für schwache Nerven gemacht und fordern das Publikum auf einer tiefen emotionalen Ebene heraus.

Die spannende Frage bleibt: Warum ziehen gerade diese herausfordernden Filme ein Millionenpublikum an und werden immer wieder produziert?

Warum schauen wir solche Filme? Die fünf Hauptfaktoren

Die Antworten auf diese Frage sind vielfältig, doch es lassen sich fünf zentrale Gründe herausfiltern. Vor allem diese Faktoren erklären, warum gerade solche Filme ein großes Publikum finden:



Genau diese fünf Faktoren wollen wir deshalb ein wenig näher betrachten, um zu verstehen, warum uns diese Filme so anziehen.

Faktor #1: Die Neugier auf das Unbekannte

Neugier ist mehr als nur ein Wunsch nach Neuem. Sie umfasst verschiedene Dimensionen, die Forscher wie Todd Kashdan von der George Mason University in der Neugier-Studie von Merck untersucht haben. Dazu gehören Wissbegierde, Kreativität bei Problemlösungen, Offenheit für neue Ideen und Stresstoleranz, also die Fähigkeit, Ungewissheit auszuhalten und Risiken einzugehen. Eine weitere Dimension ist der Nervenkitzel, der aus der Spannung entsteht, Neues zu entdecken.

Diese Facetten erklären, warum Menschen sich zu Filmen hingezogen fühlen, die das Unbekannte zeigen und Fragen aufwerfen. Die Lust, Geheimnisse zu lüften oder dunkle Seiten zu erforschen, zieht viele einfach magisch an.

Ähnlich verhält es sich bei Autounfällen auf der Autobahn: Oft entstehen Staus nicht nur durch Blockaden, sondern auch, weil Schaulustige nicht wegsehen können. So schauen Zuschauer verstörende Filme, weil sie sich vom Reiz des Unbekannten gefangen nehmen lassen. Trotz aller Warnungen und dem Wissen um mögliche Belastungen.

Faktor #2: Der Adrenalin-Kick und der Nervenkitzel

Ein weiterer Grund, warum Horrorfilme in den Kinocharts oftmals ganz oben zu finden sind, ist der Adrenalin-Kick, den sie auslösen. Schockmomente und Spannung aktivieren das körpereigene Stresssystem. Dabei werden Hormone wie Adrenalin und Cortisol ausgeschüttet, die den Herzschlag erhöhen, die Sinne schärfen und das Gefühl von Aufregung steigern.

Studien zeigen, dass das kurzfristige Erleben von Angst in einem sicheren Umfeld als angenehm empfunden werden kann. Das Gehirn registriert den Reiz als aufregend, aber nicht als bedrohlich. Dieser sogenannte „sichere Stress“ sorgt für eine Art Nervenkitzel, der bei vielen Menschen beliebt ist. Gerade die Mischung aus Furcht und Sicherheit macht Horrorfilme deshalb besonders reizvoll für das Publikum.

Tipp-Box: Die besten Tipps für die dunkle Seite des Kinos

#1: Vor dem Film die eigene Stimmung prüfen und nicht in belasteter Verfassung einschalten
#2: Passende Begleitung wählen: Gemeinsam schauen mildert die Wirkung ab
#3: Pausen einlegen, wenn es zu intensiv wird
#4: Nach dem Film bewusst für Ausgleich sorgen, etwa mit leichter Unterhaltung
#5: Sich bewusst machen, dass das Gesehene inszeniert ist und nicht die Realität widerspiegelt

Faktor #3: Die Sicherheit durch Distanz

Einer der Gründe, warum Menschen verstörende Filme freiwillig schauen, liegt in der sicheren Distanz zum Erlebten. Auf der eigenen Couch oder im Kinosaal sind die Gefahren und Bedrohungen rein virtuell. Das ermöglicht es, intensive Gefühle wie Furcht oder Schrecken auszuleben, ohne dabei einem tatsächlichen Risiko ausgesetzt zu sein.

Theorien wie das Konzept der "Safe Exposure" erklären, dass Menschen bewusst eine kontrollierte Form von Gefahr aufsuchen, um das eigene Stresssystem zu testen und zu regulieren. Eine Studie der Boston University zeigt, dass Horrorfilme als eine Form der sicheren Auseinandersetzung dienen können, um sich mit seinen Ängsten zu konfrontieren und sie zu überwinden. Ähnlich funktioniert es in der Spieltheorie. Auch hier wird im Spiel mit Risiken experimentiert, ohne dass reale Schäden entstehen.

Diese Distanz macht Horrorfilme und Thriller zugänglich, denn sie erlauben es, starke Emotionen zu spüren und zu verarbeiten. Der Filmgenuss entsteht gerade durch das Spiel mit der Angst, das in einem sicheren Rahmen stattfindet. So wird das Publikum nicht Opfer, sondern aktiver Teilnehmer.

Faktor #4: Das Gruppenerlebnis und der Gesprächsstoff

Verstörende Filme gemeinsam zu erleben, erfüllt eine wichtige soziale Funktion. In der Gruppe lässt sich die emotionale Intensität besser verarbeiten. Gemeinsames Fürchten oder Erschrecken stärkt das Gefühl von Zusammenhalt und schafft eine verbindende Erfahrung.

Geteilte Emotionen festigen soziale Bindungen. Wenn Menschen gemeinsam eine verstörende Filmszene sehen, reagieren sie oft synchron, zum Beispiel durch gemeinsames Aufschrecken oder das gegenseitige Bestärken. Dieses Phänomen erhöht das Gefühl von Nähe und Verständnis untereinander.
In der Popkultur sind Horror-Filmabende deshalb seit Jahrzehnten beliebt. Ob im Freundeskreis oder bei speziellen Events wie Halloween-Partys ist der Austausch über Erlebtes immer fester Bestandteil. Das Gespräch über den Film vertieft das Erlebnis und ermöglicht es, die eigenen Ängste zu relativieren oder zu verarbeiten. Das macht das Anschauen verstörender Filme oft leichter und attraktiver, weil es die Leute miteinander verbindet.

Faktor #5: Die Ästhetik des Horrors

Die Faszination für Horrorfilme liegt nicht nur in der Geschichte, sondern auch darin, wie Angst und Gewalt gezeigt werden. Regisseure setzen Bilder und Geräusche gezielt ein, um eine beklemmende Stimmung zu erzeugen. Licht, Farben, Schatten, Kamerafahrten und Musik sorgen für Spannung und lösen beim Zuschauer starke Gefühle aus.

Beispielsweise setzt der Film Hereditary - Das Vermächtnis von Ari Aster auf eine Kombination aus unheilvollen Bildern, verstörender Musik und einer langsamen Erzählweise, um ein Gefühl von Unausweichlichkeit zu vermitteln. Die ästhetische Inszenierung verstärkt die psychische Belastung, ohne dass im Film die Gewalt ständig gezeigt werden muss.

Solche Stilmittel sorgen für einen besonderen Reiz, der mehr ist als nur die berühmten Schockmomente. Die kunstvolle Gestaltung macht den Horror zu einem Erlebnis, das sowohl die Augen als auch die Gefühle anspricht. Horrorfilme sind eine eigene Form von Kunst, die Angst und Schönheit miteinander verbindet.

Das Yin und Yang des Kinos: Balance zwischen Schrecken und Ruhe

Verstörende Filme leben von Gegensätzen. Wie Yin und Yang stehen Dunkelheit und Licht, Schrecken und Ruhe in einem ständigen Spannungsverhältnis. Genau dieses Gleichgewicht macht das Erlebnis besonders. Die Zuschauer bewegen sich auf einem schmalen Grat zwischen Verstörung und Unterhaltung. Der richtige Abstand verhindert, dass die dunklen Themen überwältigen.

Wichtig ist, sich nicht in die Welt solcher Filme hineinzuziehen, sondern sie mit kritischer Distanz zu betrachten. Und zwischendurch hilft eine Folge It’s always sunny in Philadelphia oder eine andere leichte Ablenkung, um im inneren Gleichgewicht zu bleiben. Auf diese Weise bewahren sich diese Filme ihren Reiz, ohne die innere Balance zu stören.

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