Tarantino hat die Filmwelt und seine Fans in den letzten Jahren immer wieder mit Ankündigungen seines Rückzugs beschäftigt. Nach neun Meisterwerken wie Pulp Fiction, Inglourious Basterds oder Once Upon a Time... in Hollywood sollte The Movie Critic sein zehntes und finales Opus werden, denn er hatte stets betont, nur zehn Filme drehen zu wollen. Doch über das fertige Drehbuch hinaus gelangte das Projekt nie.
In einem Gespräch des Podcasts Church of Tarantino, das in seinem Café Pam’s Coffy in Los Angeles aufgezeichnet wurde, sprach er nun offen über die Gründe und gewährte dabei auch Einblicke in seine kreative Denkweise: Die Entscheidung, den Film nicht umzusetzen, entspringt einer Mischung aus Selbstzweifeln, dem Gefühl der Wiederholung sowie dem Drang nach neuen Herausforderungen - ganz im Sinne eines Tarantinos, der selten nur den einfachen Weg geht.
The Movie Critic war ursprünglich als achtteilige TV-Serie konzipiert, die im Jahr 1977 spielt. Tarantino hatte das Projekt bereits 2022 angeteasert und Brad Pitt als Hauptdarsteller engagiert, was Spekulationen über Verbindungen zu Pitts Rolle Cliff Booth in Once Upon a Time... in Hollywood anheizte. Tarantino betonte jedoch, dass keinerlei Verbindung zwischen den Filmen bestünde. Pitt sollte in The Movie Critic einen Filmkritiker verkörpern, inspiriert von realen Figuren aus der Ära des New Hollywood. Obwohl das Skript fertiggeschrieben ist und Tarantino es nach wie vor mag, entschied er sich gegen die Umsetzung.
Der Hauptgrund: Es fühlte sich zu sehr wie eine Wiederholung seines letzten Films an. „Ich war nicht wirklich angetan, das umzusetzen, was ich geschrieben hatte, als ich in der Vorproduktion war“, gesteht er. Besonders die Herausforderung, Los Angeles ganz ohne CGI in eine vergangene Epoche zu verwandeln - wie bereits bei Once Upon a Time... in Hollywood - war ihm zu vertraut. „Es gab nichts Neues zu lösen. Ich wusste schon mehr oder weniger, wie man L.A. in eine ältere Zeit verwandelt. Es ähnelte sich zu sehr dem letzten Film.“
Ein weiterer Aspekt, den Tarantino anspricht, ist die Handlung selbst. „Kann ich die langweiligste Berufung der Welt zu einem interessanten Film machen? Wer will schon eine TV-Serie über einen verdammten Filmkritiker sehen? Wer will einen Film namens ’The Movie Critic’ schauen?“ Das sei für ihn der Test gewesen - etwas Banales in etwas Fesselndes zu verwandeln: „Wenn ich einen Film oder eine Serie über jemanden machen kann, der Filme sieht, ist das eine Leistung. Und ich denke, das ist mir gelungen.“ Doch die Umsetzung reizte ihn nicht mehr, wobei er andeutete, das gecancelte Skript vielleicht doch irgendwann noch auf irgendeine Art und Weise wieder aufzugreifen.
Kurz nach dem Stopp von The Movie Critic hat Tarantino dann schließlich mit der Arbeit an The Adventures of Cliff Booth, der eigentlichen Fortsetzung von Once Upon a Time... in Hollywood, begonnen. Die Netflix-Produktion, die derzeit in Los Angeles gedreht wird, wurde von Tarantino geschrieben und produziert, Regie führt jedoch David Fincher. Brad Pitt kehrt dann tatsächlich als Cliff Booth zurück, der Stuntman aus dem Vorgängerfilm. Tarantino beschreibt es als "spirituelle Fortsetzung", ohne direkte Charakter-Überlappungen mit The Movie Critic.
Im Verlauf des weiteren Gesprächs wehrte sich Tarantino zudem noch gegen Spekulationen, er sei wie „paralysiert vor Angst“ um sein Vermächtnis. „Ich bin nicht gelähmt vor Furcht. Vertraut mir“, betonte er und kritisierte Podcasts, die ihn psychoanalysieren: „Es ist ein bisschen verrückt, Podcasts zu hören und all diesen Amateurpsychiatern dabei zuzuhören, wie sie Psychoanalysen machen, als wüssten sie verdammt noch mal, wovon sie reden, darüber, was mit mir los ist, darüber, wie ich solche Angst vor meinem zehnten Film habe.“
In der Zwischenzeit plant Tarantino, 2026 ein Theaterstück im Londoner West End uraufzuführen, bevor er dann an seinem zehnten (letzten) Film arbeiten wird - was auch immer das werden mag.
Die Entscheidung zeigt Tarantinos Prinzipien ganz deutlich: Keine halben Sachen, kein bloßes Wiederholen. Für seine Fans heißt das, leider weiter auszuharren, bis er schließlich doch für einen letzten Film zurückkehrt.