
Bewertung: 4 / 5
Dass dieser Film ein Erfolg wird, daran zweifelt wohl niemand, und verdient hat er es. Einen Preis für die kreativste Story wird Avatar - The Way of Water nicht bekommen, aber dies macht er dennoch mit einer emotionalen Bindung und atemberaubenden Bildern wieder wett. Manch einem mag die ökologische Botschaft missfallen, aber es ist genau diese Botschaft und der Eskapismus, den wir nach drei Jahren Pandemie und aufziehender Klimakrise benötigen. Doch auch ohne Message bleibt die Fortsetzung von Avatar - Aufbruch nach Pandora eine emotionale und spektakuläre Achterbahnfahrt, wie wir sie seit Ewigkeiten nicht mehr im Kino erleben durften.
Avatar - The Way of Water Kritik
Über zehn Jahre sind vergangen, seit Jake Sully (Sam Worthington) zusammen mit Neytiri (Zoe Saldana) - und den anderen Na´vi - die Himmelsmenschen zurück zur Erde geschickt hat. Inzwischen haben die beiden eine Familie gegründet und leben in Harmonie mit der Natur. Doch der Krieg ist nach Pandora zurückgekehrt und dieses Mal wollen die Menschen den gesamten Planeten erobern. Um sich zu schützen, muss Jake mit seinem Volk und seiner Familie zum Wasser fliehen und der Kampf ums nackte Überleben beginnt...
Trailer zu Avatar - The Way of Water
Was waren das für Zeiten: MJ steckte noch in den Kinderschuhen und wir veröffentlichten regelmäßig jede noch so kleine Neuigkeit zu Avatar - Aufbruch nach Pandora. Dies war lange, bevor der Film zu einem Megaerfolg wurde, und sorgte nicht ganz unverantwortlich dafür, dass wir als "Avatar-Seite" verschrien waren. Lange ist das her und nach nun dreizehn Jahren präsentiert James Cameron endlich die Fortsetzung Avatar - The Way of Water zu seinem Megaerfolg von 2009. Hat sich die Warterei gelohnt? Hängt natürlich wie immer von der Perspektive ab und was man von einem Film erwartet.
War die Geschichte des ersten Teils im Kern "Pocahontas in Space", so ist sie dieses Mal "Jake Sully beschützt seine Familie". Die Grundidee passt auf einen Bierdeckel und seien wir mal ehrlich, in der Regel war das bei allen Filmen von James Cameron der Fall: Ripley trifft mit Marines auf viele Aliens, die Titanic trifft auf einen Eisberg, Schwarzenegger trifft auf den Terminator, Schwarzenegger trifft auf Terroristen. Natürlich ist dies sehr vereinfacht ausgedrückt und soll kein Freibrief für simple Stoffe darstellen - aber im Gegenzug macht auch eine überkomplexe Handlung noch keinen guten Film.
Es geht darum, den Zuschauer auf eine Reise mitzunehmen, und darin war Cameron immer ein Meister. Er schafft es, einfache Ideen gut zu verpacken und auf diese Weise seinen herausragenden Actionszenen die nötige Substanz mitzugeben. So haben diese Bedeutung und richtiges Gewicht! So schlicht die Story im Kern von Avatar - Aufbruch nach Pandora auch war, sie reichte aus, damit man als Zuschauer mitfieberte. Action verkommt bei Cameron zudem nie zum Selbstzweck.
Und das ist es dann auch, was Avatar - The Way of Water wieder so sehr aus unserer heutigen Kinolandschaft hervorstechen lässt. Cameron war schon immer ein Techniknarr, der es liebt, die technologischen Grenzen zu verschieben. Dies hat er ein ums andere Mal bewiesen, und wer an ihm zweifelte, wurde eines Besseren belehrt. Wie kaum ein anderer hat er die visuellen Effekte vorangetrieben, ohne die heute Kinofilme nicht mehr vorstellbar wären. Wie groß der Unterschied in der Erzählung ist, fällt bei einem ganz banalen Vergleich auf, der auch schon 2009 auf viele Filme zutraf.
So bestehen die meisten Filme, vor allem die Superheldenfilme der letzten Jahre, nur noch aus einer Aneinanderreihung von Actionszenen, die bunt, schrill und völlig überladen daherkommen, während zwischen den Actionszenen etwas Story erzählt wird. In den Actionszenen selbst findet normalerweise keine Handlung statt, oft weiß der Zuschauer nicht einmal, wo was gerade passiert, denn im Effektoverkill geht jede Übersicht flöten und im Wahn nach immer mehr, werden die Effekte dabei immer künstlicher und austauschbarer. Ein Top Gun - Maverick wurde dieses Jahr deswegen zu einem so großen Hit, weil es die Fortsetzung schaffte, mit echten Sequenzen, einer einfachen und packenden Handlung den Zuschauer direkt mit ins Cockpit zu befördern und nicht zu überfordern.
Avatar - The Way of Water beweist ebenso einmal mehr, warum James Cameron noch immer eine Ausnahmeerscheinung in Hollywood ist und zu den größten Regisseuren zählt. Hier sitzt einfach alles. Die Szenen sind wunderbar geschnitten, der Perfektionswahn zu spüren, vor allem, wenn die Action steigt. Natürlich ist dies hier ebenso ein Effektoverkill, denn nahezu alles an diesem Film stammt aus dem Computer, aber die Art wie es erzählt wird, ist so grundsätzlich anders. Als Zuschauer kann man abtauchen in diese Welt, kann die Momente genießen und überhaupt aufnehmen, wo wir sehr dankbar auf die Laufzeit von 190 Minuten schauen.
Wenn das Tempo dann anzieht, dann kann man als Zuschauer der Handlung hingegen auch in den Actionszenen folgen. Man weiß, wo sich wer befindet, worum es geht und welche Hürden konkret zu überwinden sind. Was einfach klingt, ist eine extrem komplexe Herausforderung für einen Regisseur und zeigt, wie wichtig die emotionale Bindung des Zuschauers ist, um dessen Aufmerksamkeit über einfache Storymittel zu halten. Denn nur so wird Action spannend, und gerade das Finale hat es in Avatar - The Way of Water in sich.
Löst man sich einmal von den visuellen Reizen, auf die man bei diesem Film als Hauptargument einfach hinweisen muss, so lässt sich noch so einiges festhalten. Die Story bleibt im Kern einfach und ist in ihrer Struktur ganz klassisch, Gut gegen Böse, mit ein paar elementaren Botschaften. Sie ist aber ein deutlicher Sprung nach vorn zum Erstling, der sehr unter seiner Ähnlichkeit zu Filmen wie Pocahontas, Last Samurai oder Der mit dem Wolf tanzt litt. Diese Probleme hat Avatar - The Way of Water nicht, er ist freier in der Erzählung und muss weit weniger Grundlagen schaffen. An anderen Stellen werden Momente aus dem ersten Teil vom Wald nun ins Wasser übertragen, doch sind dies nur Einzelfälle.
Dennoch wird es auch dieser Film trotz des zu erwartenden Erfolgs schwer haben, in die Popkultur einzugehen. Kaum jemand wird sich als Na´vi verkleiden oder die Flora und Fauna auswendig lernen, auch Zitate und Sprüche werden wohl keinen Weg in unseren Sprachgebrauch finden. Man möchte ihn sich jedoch immer mal wieder ansehen und ist fasziniert von dieser fremden und wunderschönen Welt.
Ob Avatar - The Way of Water noch einmal den Erfolg des Vorgängers von 2009 wiederholen kann, kann man sicherlich bezweifeln. Aber muss er das überhaupt? Nein, denn die Fortsetzung ist für sich stehend ein sehr guter Film, die es verdient hat, an ihrem eigenen Erfolg gemessen zu werden. Es ist ein tolles audiovisuelles Spektakel, welches im Kino erlebt werden muss. Vorzugsweise in 3D, aber auch in 2D dürfte es nicht weniger ein Erlebnis sein.
Wiederschauwert: 100 %
