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Die Transparenzfrage: Wie zuverlässig sind die Streaming Charts?

Zwischen Hype und Realität – Wie verlässlich sind die Streaming-Charts?

Zwischen Hype und Realität – Wie verlässlich sind die Streaming-Charts?
4 Kommentare - Di, 19.08.2025 von MJ-GPJ
Sind die Streaming-Charts von Disney, Netlix und co. ein realistisches Abbild der Realität? Oder nur Marketinginstrumente, um die Eigenproduktionen als Erfolge zu feiern? Schwer zu sagen, aber wir versuchen eine Einordnung.

Kein Tag vergeht, ohne dass Netflix, Disney+ oder Prime Video stolz ihre „Top 10“ präsentieren: die angeblich beliebtesten Filme und Serien der Stunde. Solche Rankings sind längst zu einem wichtigen Marketinginstrument geworden, ein Titel, der weit oben steht, bekommt automatisch Aufmerksamkeit, wirkt „im Trend“ und wird eher angeklickt. Doch wie belastbar sind diese Charts eigentlich?

Netflix war in den letzten Jahren vergleichsweise am offensten und stellte zeitweise Wochencharts bereit, die auf „gestreamten Stunden“ basierten. Später änderte man die Metrik auf „Views“ – eine Zahl, die entsteht, wenn man die gesamte Sehdauer durch die Laufzeit eines Titels teilt. Klingt technisch, macht aber deutlich: Schon die Definition dessen, was ein „View“ ist, ist nicht selbsterklärend.

Disney+ und Prime Video halten sich noch stärker bedeckt. Zwar tauchen auch hier Top-10-Listen auf, doch es bleibt unklar, ob gezählt wird, sobald jemand zwei Minuten einschaltet, ob nur komplette Abrufe zählen oder ob Algorithmen im Hintergrund die Reihenfolge mitbestimmen.

Hinzu kommt die Zeitdimension: Manche Rankings spiegeln nur die letzten 24 Stunden wider, andere summieren eine ganze Woche oder sogar 28 Tage. Solche Unterschiede erschweren Vergleiche zwischen Plattformen – ein Platz 1 bei Netflix kann etwas völlig anderes bedeuten als ein Platz 1 bei Disney+.

Rohdaten wie absolute Zuschauerzahlen, regionale Verteilungen oder demografische Informationen bleiben ohnehin Betriebsgeheimnis. Was die Unternehmen veröffentlichen, ist eine gezielte Auswahl – und damit zugleich ein Kommunikationsinstrument.

Gibt es Belege für Manipulation der Charts?

Eine naheliegende Frage lautet: Wenn die Anbieter ihre Methoden nicht offenlegen, ist dann nicht Tür und Tor für Manipulation geöffnet?

Einerseits gibt es bislang keine belastbaren Beweise dafür, dass Netflix, Disney+ oder Prime Video ihre Charts systematisch fälschen. Weder Whistleblower-Enthüllungen noch unabhängige Analysen haben Manipulationen nachweisbar aufgedeckt. Es scheint also keinen CEO zu geben, der eine Rundmail verfasst, dass eine bestimmte Serie jetzt erstmal drei Wochen auf die "1" muss, und die jemand dann nach außen leaken kann.

Andererseits kritisieren Analysten regelmäßig die Intransparenz: Die Zählweisen sind unklar, die Kriterien uneinheitlich, und gerade bei Eigenproduktionen entsteht der Verdacht, dass Rankings als Marketinghebel genutzt werden. In Foren und Kommentarspalten, kursieren Spekulationen, dass bestimmte Titel „hochgepusht“ würden – doch handfeste Belege fehlen. Bei Moviejones haben wird das ja zuletzt bei Titeln wie Schneewittchen und Ironheart kritisch diskutiert.

Der Schneewittchen-Effekt: Ein Praxisbeispiel

Analysieren wir das Thema einfach mal am Beispiel der Disney-Neuverfilmung Schneewittchen, die 2025 auf Disney+ startete. Was findet man im Netz dazu?

Laut FlixPatrol, einem Aggregator für Streaming-Charts, belegte der Film kurz nach Veröffentlichung in über 50 Ländern den Spitzenplatz, ein klares Signal für weltweite Beliebtheit. Auch in Deutschland war Schneewittchen sofort auf Platz 1 der internen Disney-Rankings.

Zusätzliche Zahlen kamen von Samba TV: Demnach stiegen die Abrufe in den ersten fünf Tagen nach dem Start auf Disney+ um 405 Prozent im Vergleich zur vorangegangenen Premium-Video-on-Demand-Phase. Und Nielsen, das traditionsreiche US-Marktforschungsunternehmen, maß in der ersten Woche über 581 Millionen gestreamte Minuten allein in den USA. Auch in den Folgewochen blieb der Film in den Top 10.

All das deutet klar auf einen Streaming-Hit hin, und zwar unabhängig von Disney selbst, denn Nielsen und Samba TV sind externe Messgrößen.

Doch der Vergleich mit JustWatch zeigt, wie unterschiedlich Datenquellen sein können: JustWatch basiert ausschließlich auf Nutzerinteraktionen, etwa wenn jemand den Film in seine Watchlist setzt oder nach ihm sucht. Für Schneewittchen (2025) lag dort kein Ranking vor, stattdessen tauchte der Klassiker von 1937 in den Charts auf.

Wer sind Nielsen, Samba TV und FlixPatrol?

Nielsen ist der Quotenklassiker aus den USA. Das Unternehmen misst über Panels die Sehdauer in Minuten und veröffentlicht wöchentliche Streaming-Charts – allerdings nur für die USA und nur auf Basis von Smart-TVs. Mobile Geräte bleiben unberücksichtigt.

Samba TV arbeitet mit Smart-TVs weltweit und nutzt sogenannte „Automatic Content Recognition“, um zu erkennen, was gerade läuft, egal ob Streaming, lineares Fernsehen oder Konsole. Dadurch liefert Samba TV zeitnahe, plattformübergreifende Daten, allerdings ebenfalls nur für bestimmte Geräte und Märkte.

FlixPatrol hingegen wertet schlicht die öffentlich sichtbaren Top-10-Listen der Plattformen aus. Damit lassen sich globale Rankings in Echtzeit vergleichen, doch die Daten sind nur so verlässlich wie die Listen selbst.

Alle drei Quellen sind also Ergänzungen, keine ersetzt die vollständige Offenlegung durch die Streamingdienste.

Wie sollten Konsumenten und Medien also die Charts lesen?

Für Zuschauer mag es verlockend sein, die „Top 10“ als objektive Rangliste der beliebtesten Inhalte zu betrachten. Doch genau das sind sie vermutlich nicht. Rankings sind Teil der Plattform-Logik, werden wohl selektiv veröffentlicht und sind nur eingeschränkt vergleichbar.

Für Medien und Analysten bedeutet das: Man sollte immer mehrere Quellen nutzen. Offizielle Charts geben Hinweise auf PR-getriebene Trends, externe Anbieter wie Nielsen oder Samba TV liefern Messungen von tatsächlicher Nutzung, und JustWatch spiegelt das allgemeine Interesse im Netz wider. Aber: Im Zusammenspiel entsteht ein Bild, das näher an der Realität liegt!

Hier geht ja auch nur im die offene Kommunikation. Intern werden die Daten sicher in das kleinste Detail analysiert. Was schauen die Menschen, die ihr Abo verlängern? Was schauen die neuen Kunden als erstes? Welche Filme werden zu Ende geschaut? Welche Serien werden abgebrochen? Doch diese spannenden Daten sehen wir nicht. Bzw. wir sehen sie indirekt: Wird eine Serie verlängert, dann lief sie gut. Wird eine Serie abgesetzt. Tja, dann lief sie wohl nicht so gut.

Ein ironisches Fazit für Fans:

Wir werden die exakten Daten wohl nie zu sehen bekommen. Und vielleicht ist es gut so. Denn in der Realität bedeutet das: Ihr könnt einfach selbst entscheiden oder fühlen, ob ein Film ein Streaming Hit ist!

Mögt ihr den Film und er steht auf Platz 1 - dann ist er ganz klar ein Hit! Ihr könnt ihn guten Gewissens feiern!

Mögt ihr den Film nicht und er steht auf Platz 1 - dann ist er ganz klar ein Flop - denn die Chartposition ist reine PR! Ihr könnt ihn guten Gewissens in den Kommentarspalten zerreißen.

Der Gesprächsstoff wird uns also niemals ausgehen.

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4 Kommentare
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Pixeler : : Moviejones-Fan
19.08.2025 20:31 Uhr
0
Dabei seit: 11.07.23 | Posts: 58 | Reviews: 0 | Hüte: 2

@Manisch
"Da ist noch der soziale Aspekt. ..."

Meiner Meinung nach sehr gut analysiert.
Bei Schneewittchen kommen jedoch noch einige weitere Aspekte dazu die dem Film so zusetzen. Auch die wurden bereits zigfach durchdiskutiert.

Warum kann jemand wie z.B. ich also Freude haben wenn Schneewittchen floppt und gleichzeitig Freude am Erfolg von Lilo & Stitch empfinden.
Disney bedeutete für mich früher heile Welt Unterhaltung die mich geprägt hat - eine wahre Liebe. Disney ist für mich seit ihrem Kaufrausch auch ein Studio mit Imperium-Allüren.
Wenn das Box-Office 20 MIa für Disney und 10 Mia für den Rest ausfällt, ist das kein gutes Omen für die Vielfalt. Zum Glück ist diese krasse Dominanz nun schon länger am abflachen.
Schneewittchen hat nun mal den giftigen Apfel abbekommen, man sollte die Mythologie nicht verdrehen. Lilo & Stitch im Gegensatz verkörpert wieder dieses Magic-Disney von früher.

Ich sehe hier das Problem bzw. die Uneinsicht eher bei den Gutrednern. Die Leute bei Disney werden ihre Lehren daraus ziehen und dennoch auch in Zukunft vieles falsch machen, da ihre Aktionäre einen unersättliche Hunger nach mehr haben.

Schneewittchen konnte seine IMDb- Wertung leicht von 1.9 bei ca. der Hälfte der Stimmabgaben (nach Kino) auf nun 2.1 bei 385969 Stimmen erhöhen. Zumindest inhaltlich kann man hier nur mit einer rosaroten Brille von einem Erfolg sprechen.

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Manisch : : Moviejones-Fan
19.08.2025 18:30 Uhr
0
Dabei seit: 19.10.18 | Posts: 1.719 | Reviews: 29 | Hüte: 109

Ich glaube, der Fehler liegt da, wo man an Charts so herangeht, wie an Ergebnisse einer Bundestagswahl.

Charts haben im Kern 2 Funktionen:

1. Marketing:
Ist ein Produkt in den Charts weit oben, wird es dadurch beworben.
Im Prinzip ist das aber nichts anderes, als wenn eine Dönerbude sagt "Hier gibts den besten Döner der Stadt". Da geht ja auch niemand hin und fragt nach Studien und wie belastbar diese denn seien.

2. Filter:
Es ist einfach nur eine Möglichkeit, Inhalte zu filtern. Statt nach Genre, nach Aktualität, nach Spieldauer, nach Schauspielern usw. kommt eben der Filter "Was ist gerade so beliebt?" hinzu und hilft den Leuten, den nächsten Film, oder die nächste Serie zu finden.

Als genau das sollte man solche Angaben hinnehmen.

Ein Film wird nicht besser, oder schlechter dadurch, wie hoch die Klickzahlen sind. Es ist immer noch derselbe Film. Auch beschissene Filme können viele Abrufe bekommen. Ich denke da vor allem an die ganzen Sony-Spiderverse-Filme, wo sich mit "Morbin Time" ein Meme entwickelt hat. Vielleicht ist es auch viel mehr Schaulust/Hate Watching. Manche Leute lieben ja auch bewusst Trash-Filme. Und im Gegenzug gibt es natürlich zig extrem gute Filme, die es nicht in die Top-Platzierung schaffen, weil sie ZU anspruchsvoll sind, oder eben das Marketing fehlt/sie einfach keinen Hype erzeugen können.

Die "echten" Zahlen sind am Ende nur für die Business-Leute im Konzern relevant. Die werden schon wissen, auf welche Kennzahlen sie achten müssen, um etwas als Top oder Flopp zu werten. Für die Zuschauenden hat das nur eine Bedeutung, wenn sie auf eine Fortsetzung hoffen.

Warum 08-15-Leute trotzdem so scharf auf Zahlen sind?
Da ist noch der soziale Aspekt. Wenn ich einen Film gut finde und er ist in den Charts oben/hat viele Klicks, dann fühle ich mich als Teil einer größeren Gruppe. Das kann für manche ein gutes und wichtiges Gefühl sein. Damals bei "Wetten, dass...?" war es ja auch so, dass praktisch die ganze Nation vorm Fernseher saß. Die TV-Quote hat dieses Gemeinschafts-Gefühl hinterher noch einmal bestätigt. Selbiges natürlich auch im Gegenzug, wenn ich einen Film kacke finde und merke, dass die Zahlen auch gegen ihn sprechen, dann fühlt man sich auch zu einer Gruppe zugehörig > die der Leute, die den Film auch kacke finden. Oder aber, man nutzt die Zahlen, um sich bewusst abzugrenzen, von den ganzen Deppen, die Film XY schauen.

AfD-Verbot (:

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MrBond : : Imperialer Agent
19.08.2025 15:26 Uhr
0
Dabei seit: 03.12.14 | Posts: 3.879 | Reviews: 24 | Hüte: 607

Letztendlich ist es auch völlig egal, wie erfolgreich ein Film im Stream läuft. Es sagt ja doch nichts über die Qualität aus. Ich selbst habe mir kürzlich Avatar 2 angeschaut, der definitiv nicht auf meiner Must-Have-Liste stand. Es ist für mich einfach nur eine Art "mal schauen, ob er doch gut ist" Aktion. Ich finde den Film nach meiner Sichtung immer noch doof... meine Stimme zählt aber für die Charts - eine Wertung gibt es nicht. Genauso hat meine Frau angekündigt, demnächst Schneewittchen anzuschauen, um ihre eigene Meinung zu bilden. Damit wird auch hier wieder ein Punkt addiert... unabhängig davon, ob sie ihn nun gut findet, oder nicht. So what...

Am besten (für mich) funktionieren immernoch die Rezensionen bei Amazon. Bei 1500 Kommentaren und 2,5 Sternen habe ich die Erfahrung gemacht, dass der Film tatsächlich ne Katastrophe war. Was nicht heißt, dass (für mich) auch ein 4-Sterne-Film Schrott sein kann.

Sehe ich so aus als ob mich das interessiert?!"

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John-Dorian : : Moviejones-Fan
19.08.2025 13:49 Uhr
0
Dabei seit: 04.08.18 | Posts: 195 | Reviews: 2 | Hüte: 17

Danke! Guter Artikel, trifft den Nagel absolut auf den Kopf. Am Ende ist die Auswertung der Streamingzahlen sowieso wurscht. Am Beispiel von Schneewittchen sieht man’s deutlich: Der Film wurde schon vor Kinostart abgestraft und ist an den Kinokassen untergegangen. So viel Energie müsste ich erstmal haben, mir jetzt eine Verschwörungstheorie zurechtzulegen, die – selbst wenn sie stimmen würde – absolut nichts daran ändert. Entweder der Film funktioniert – und das kann zig verschiedene Gründe haben, bis hin zur Neugierde durch negative Mundpropaganda und schnellere Zugänglichkeit durch ein D+ Abo –, oder der Film funktioniert nicht, und Disney nutzt diese Liste zur Promotion eines Flops. Dann müsste ich mich ja bei jeder zweiten Promophase echauffieren. Nichts davon hat irgendeinen Einfluss auf meine Sehgewohnheiten, meinen Geschmack oder mein Privatleben. Und sich dann auch noch über einen Artikel darüber aufzuregen und wild um sich zu schlagen, während man genau das an anderen vorwirft, finde ich fast noch skurriler.

Liebe Grüße an dieser Stelle -)

"Hass ist Ballast. Das Leben ist zu kurz dafür, dass man immer wütend ist. Das ist es einfach nicht wert."

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