Bewertung: 3.5 / 5
Im Sommer 2015 berichteten wir das erste Mal über The Witch, das u.a. auf dem Sundance Film Festival viel positiven Zuspruch erfahren hat. Filme über Hexerei sind nun nicht alltäglich, aber auch nicht so selten und so freut es den Genrefan, wenn ein neuer Eintrag eine spannende Neuinterpretation bietet. So ganz frei und ungebunden wirkt der Film nun nicht, der teils auf den Legenden aus Neuengland beruht, aber das tut der Stimmung keinen Abbruch.
Neuengland, 1630. Farmer William (Ralph Ineson) lässt sich mit seiner Frau Katherine (Kate Dickie) und den fünf Kindern in unmittelbarer Nähe eines Waldes nieder. Die beiden älteren, Tochter Thomasin (Anya Taylor-Joy) und Sohn Caleb (Harvey Scrimshaw), gehen ihren Eltern schon tagtäglich zur Hand, besonders Thomasin, die sowohl für das Baby als auch Zwillinge im Kleinkindalter etwas wie ein Mutterersatz ist. Eines Tages beim Spielen wird das Baby aus ihrer Obhut geraubt und die Familie sucht ohne Erfolg im nahen Wald. Was war es?! Ein Wolf? Oder gar eine Hexe, die im tiefen Wald haust und finstere Praktiken vollzieht? Als sich unerklärliche Vorfälle häufen und das Misstrauen der Mutter sogar gegen Thomasin wächst, wird der Zusammenhalt und Glaube der Familie einer schweren Prüfung ausgesetzt...
Trailer zu The Witch
The Witch Kritik
Auch wenn Hänsel & Gretel - Hexenjäger beim Thema schon ordentlich Pop-Dampf abgelassen haben, ist es schön zu sehen, dass das Thema Hexerei hier mal wieder richtig düster inszeniert wird. The Witch spielt mit der Legende, spielt mit ihren Symbolen und dahingehend dem Glauben, dass manche Frauen mit dem Teufel im Bunde stehen und schwarzmagische Zauberei im Spiel ist. Überaus beklemmend und trist inszeniert, präsentiert der Film eine durchweg aufgeladene Atmosphäre, in die man durch Setting, Gestus und nicht zuletzt den intensiven Glauben der Puritaner regelrecht hineingesogen wird. Besonders mit Originalton stimmig wegen der alten Sprache und des Akzents, wobei zum einen den Schauspielern viel obliegt, zum anderen auch ein Dank denjenigen hinter der Kamera gebührt, die sich eingelesen haben, um alles sehr authentisch wirken zu lassen.
Hinzu kommt die enervierende Musik mannigfaltiger Streichinstrumente und teils schrill-kreischender Stimmen, die den Zuschauer an manchen Stellen an seine akustischen Schmerzgrenzen treiben. Alles in allem stimmungsvoll inszeniert, auch wenn wir uns gerade von der Geschichte etwas mehr versprochen haben. Beeindruckend jedoch, dass The Witch mit überschaubarem Setting und grob sechs Personen auskommt. Ralph Ineson und die großartige Kate Dickie leben das gottesfürchtige Elternpaar, auf die so schwere Schicksalsschläge warten. Auch die Kinderdarsteller machen einen guten Job, allen voran Anya Taylor-Joy als große Schwester, die locker in die Fußstapfen von Jennifer Lawrence zu Beginn ihrer Karriere treten könnte. Nicht zu vergessen Harvey Scrimshaw als Caleb, der im Zwiegespräch mit Jesus beeindruckt, und die Zwillinge, die auf ihre so unsagbar nervende Art viel zur Dramatik beitragen.
The Witch schockt dabei zweierlei: Die Mär um die Hexe geht um, die Angst der Familie wächst und man selbst ist sich nicht ganz sicher, ob man nun mehr als die Protagonisten weiß oder eher nicht. Demgegenüber steht dieser überhöhte Glaube, der den Alltag der Familie derart durchwebt. Bewundernswert, wenn aller Schicksalsschläge zum Trotz daran festgehalten werden kann, dass Gott sich sorgt und allen Ereignissen eine Vorsehung beigemessen wird, jedoch sind diese Szenen befremdlich, gerade weil dieser unbeirrbare Glaube so erdrückend wirkt.
The Witch Bewertung
The Witch ist tatsächlich ein spannender Beitrag des Genres und greift bekannte Geschichten auf, um den Zuschauer stimmungsvoll zu gruseln, besonders durch akustische und visuelle Elemente. Es gibt keine plumpen Schockmomente, die man sonst aus Horrorfilmen kennt, aber das tut der Stimmung sicher keinen Abbruch. Es ist auf seine Weise ein ruhiger, intelligenter Film und nimmt den Zuschauer nicht wirklich bei der Hand. Nicht alles mag sich insofern zum persönlichen Wohlbefinden auflösen, aber gerade diese anklingende Undurchschaubarkeit tut etwas für den Hexenmythos. Die Geschichte ist für uns nicht ganz rund, so dass wir keine höhere Hutzahl vergeben, aber wer sich schon vom ersten Trailer angesprochen fühlte, sollte den Kinogang einplanen.