
Bewertung: 5 / 5
Die erste Staffel von Andor - A Star Wars Story hat viele Fans und Zuschauer nicht nur positiv überrascht, sondern sogar beeindruckt. So ernst, so erwachsen und so gut geschrieben war das Star Wars-Franchise zuvor noch nie. Fast drei Jahre mussten die Fans warten, ehe wir mit Staffel 2 nicht nur endlich neue Folgen bekommen haben, sondern auch endlich erfahren, wie die Serie endet und wie sie mit Rogue One - A Star Wars Story verknüpft wird. Dabei wird auch die große Frage beantwortet: Schafft die Serie die Landung und kann sie das hohe Niveau der ersten Staffel halten?
Andor - A Star Wars Story - Staffel 2 Review
Wie bereits die erste Staffel ist auch die zweite in vier Story-Arcs aufgeteilt, die aus je drei Episoden bestehen. Dabei kommt in Staffel 2 noch eine zusätzliche Besonderheit hinzu, denn mit jedem Story-Arc nähern wir uns um ein Jahr der berühmten Schlacht von Yavin aus Star Wars: Episode IV - Eine neue Hoffnung und damit auch dem Beginn von Rogue One. Dabei zeigt sich, wie wichtig eine gelungene Veröffentlichungspolitik sein kann, denn diese spielt in diesem Fall eine große Rolle und trägt zum herausragenden Gesamtergebnis bei.
Trailer zu Andor - A Star Wars Story
Disney und Lucasfilm entschieden nämlich, angesichts der Story-Arcs pro Woche gleich drei Folgen auf einmal zu veröffentlichen. Dies entpuppt sich dabei so sehr als Glücksfall, wie es angesichts der Story-Arcs eigentlich auch nur logisch erscheint. Fans erhalten dadurch pro Woche einen zusammenhängenden Kinofilm. Die neue Staffel bietet also nicht einfach nur 12 neue Folgen, sondern vielmehr vier Kinofilme, die alle eine Länge zwischen zwei und drei Stunden besitzen.
Vor allem der dritte Story-Arc, das Ghorman-Massaker, weiß enorm davon zu profitieren und als Zuschauer erhält man über drei Folgen eine Geschichte, die nicht nur zum Besten gehört, was es in diesem Jahr geben wird, sondern auch zum Besten gehört, was je das Star Wars-Franchise hervorgebracht hat. Dass man hier insbesondere nach der zweiten Episode dieses Arcs keine Woche der Ruhe vergönnt bekommt, lässt einen nur noch tiefer in die Geschichte eintauchen und erwirkt genau die Wirkung, die diese Geschichte beim Zuschauer entfalten soll.
Andor - A Star Wars Story gelingt dabei auch in Staffel 2 das Kunststück, eine eigenständige Geschichte zu erzählen, und gleichzeitig den bisherigen Kanon zu beachten und auf eine Art einzubauen, ohne dass dies zulasten der hier erzählten Geschichte gerät. Die gesamte Serie ist so gut geschrieben und erzählt, dass sie komplett für sich stehen und man sie nahezu ohne jegliche Vorkenntnisse in Sachen Star Wars gucken kann. Hat man diese Vorkenntnisse jedoch, ergibt sich ein stimmiges Gesamtbild. Vor allem in Staffel 2 war die Frage, ob es zu inhaltlichen Konflikten kommen könnte, z.B. mit der beliebten Animationsserie Star Wars Rebels, da beides etwa zur selben Zeit spielt und diese Ära der Rebellion abbildet. Überschneidungen waren hier kaum zu verhindern, und in der Tat gibt es sie auch. Doch kennt man Rebels nicht, wird es einem nicht auffallen. Gleichzeitig haben viele Fans nach einer bestimmten Episode der zweiten Andor-Staffel direkt eine ganz bestimmte Folge der dritten Rebels-Staffel angeschmissen. Gerade als Fan kann man nur dankbar sein, wie respektvoll und detailversessen hier mit dem Kanon umgegangen wird.
Viel wichtiger war jedoch natürlich, wie gut das Ende von Andor - A Star Wars Story am Ende mit Rogue One verknüpft sein wird. Schafft die Serie die Landung und bietet einen zufriedenstellenden Übergang? Absolut. Wir mussten nach dem Serienfinale sofort Rogue One starten und sicher wird es nicht nur uns so ergangen sein. Das Serienfinale ist emotional, es schließt die hier erzählte Geschichte gekonnt ab, lose Enden werden gekappt und der Übergang zum Film ist nahtlos. Und ja, wie Showrunner und Autor Tony Gilroy es versprochen hat, ist Rogue One - A Star Wars Story nachdem man Andor - A Star Wars Story gesehen hat, ein anderes Erlebnis. Für viele war dies ohnehin schon der beste Film der Disney-Ära doch durch die Serie wird er sogar noch einmal aufgewertet.
Wenn es um die großen Kinofilme geht, so steht dort oft der jeweilige Regisseur im Mittelpunkt und gilt als verantwortlich für das gebotene Spektakel. Wenn es um Serien geht, so redet man hier vergleichsweise weniger über Regisseure, sondern mehr über die Autoren. Andor - A Star Wars Story bildet da keine Ausnahme. Tony Gilroy hat auch in Staffel 2 zusammen mit den anderen Autoren Dan Gilroy, Beau Willimon und Tom Bissell puren Spektakel erschaffen. Jedes Wort hat Bedeutung, jede Geste ist entscheidend. Man kann deren Arbeit gar nicht hoch genug loben. Das hier ist Autorenkino in seiner reinsten Form, angesiedelt in einer Galaxis weit, weit entfernt. Eine Mischung, die wir so bisher nicht hatten, und von der wir hoffen, dass wir sie in Zukunft noch viel öfter erleben dürfen.
Natürlich müssen wir auch über die Stars vor der Kamera sprechen. Diego Luna und Adria Arjona setzen ihre gute Leistung aus der ersten Staffel nahtlos fort. Doch es sind zwei andere, die eindrucksvoll herausstechen. Genevieve O´Reilly läuft in der zweiten Staffel zur Höchstform auf. Vor allem in einer bestimmten Episode darf sie richtig glänzen. Und dann ist da natürlich noch Stellan Skarsgård, der seine tolle und geradezu elektrisierende Leistung aus Staffel 1 nahtlos fortsetzt und einen Charakter erschafft, der eine nachhaltige Wirkung hinterlassen wird. Allein für diesen Charakter und diese tolle schauspielerische Leistung hat sich die ganze Serie bereits gelohnt.
Nicht unerwähnt lassen wollen wir Denise Gough und Kyle Soller. Deren Geschichte und charakterliche Entwicklung bekommen in Staffel 2 noch zusätzliche Komplexität, wodurch sie spätestens hier mehr als nur einfache, eindimensionale Bösewichte werden. Und auch hier kann man die schauspielerische Leistung nur loben.
Wenn Drehbuch und Schauspiel auf einem so hohen Niveau zusammenkommen, ist der Rest nur noch purer Genuss. Andor - A Star Wars Story hat dies geschafft.
Gibt es denn gar nichts an der zweiten Staffel zu kritisieren? Sicherlich gäbe es ein paar Punkte. So sind die Story-Arcs sicherlich unterschiedlich gut gelungen und vor allem einer fällt im Vergleich ein wenig ab. Zudem könnte man kritisch hinterfragen, ob dies überhaupt noch Star Wars ist. Von einem Märchen sind wir hier nämlich weit entfernt. Es wäre daher durchaus berechtigt, der Serie fehlenden Zauber vorzuwerfen. Und ein paar Szenen mehr im Weltraum oder auf Raumschiffen wären auch schön gewesen.
Auch stoßen die Effekte hier und dort etwas an ihre Grenzen. Wenn wir z.B. an die Szenen im Senat denken, so wird hier dann doch deutlich, dass dies kein teurer Kinofilm, sondern immer noch eine Serienproduktion ist. Doch das ist Meckern auf hohem Niveau. Zumal die vielen tollen Sets und auch die sichtbar echten Drehorte das wieder herausreißen.
Am Ende würden wir euch noch empfehlen, nach der finalen Folge die Credits nicht abzuschalten. Nein, da kommt keine Bonus-Szene mehr. Doch selbst hier in den Credits wurden kreative Entscheidungen getroffen, die zum Gesamtbild beitragen. Ist man noch mit den Emotionen beschäftigt, welche die letzten Momente der Serie einem beschert haben, erklingt zum finalen Ende der Serie plötzlich dieses vertraute musikalische Thema. Und es sorgt auf einmal dafür, dass man von weiteren Emotionen durchflutet wird, denn die Musik wirkt wie eine verdiente Belohnung nach dieser langen, düsteren Reise. Und spätestens jetzt wird einem dann auch die Größe dieser Serie bewusst.
Fazit
Das Drehbuch, die Inszenierung, das Schauspiel, die Ausstattung - hier passt einfach alles. Mit Andor - A Star Wars Story wurde eine Serie geschaffen, die sich mit den ganz großen messen kann. Und sie beweist, dass Star Wars auch erwachsen sein kann. Sind es sonst die technischen Grenzen, die Lucasfilm seit jeher mit der Marke zu erweitern versucht, waren es diesmal die erzählerischen Grenzen, denen man sich hier meisterhaft gewidmet hat.
Auf der einen Seite haben zukünftige Projekte es enorm schwer, sich mit dieser erzählerischen Qualität zu messen. Auf der anderen Seite wären wir nach so viel Ernst und Düsternis auch wieder bereit für etwas eher Märchenhaftes. Denn bei aller Liebe haben wir doch irgendwie immer gehofft, dass gleich ein Jedi mit einem Lichtschwert um die Ecke kommt, um dem Bösen Einhalt zu gebieten.
Nach dem Finale kann die Serie endlich vollständig betrachtet und bewertet werden, und wir können einfach nicht anders, als die Höchstnote zu vergeben. Andor - A Star Wars Story gehört zum absolut Besten, was das Star Wars-Franchise je hervorgebracht hat. Und wir schließen die Original-Trilogie in diese Bewertung mit ein. Man kann es nicht anders sagen, diese Serie ist ein Meisterwerk.
