Bewertung: 3.5 / 5
Emanzipierte Frauen nehmen´s von den Reichen und geben´s den Armen. Man könnte auch sagen, affektierte Bitches ziehen New Yorker Kerle ab und lassen es sich gutgehen. Jedenfalls sieht Hustlers so aus, abhängig davon, aus welcher Perspektive man es betrachtet. Regisseurin Lorene Scafaria ist insgesamt zwar ein spannendes Porträt einer dekadenten Partyszene gelungen, in dem Jennifer Lopez brilliert, aber einmal mehr zeigt, dass Tierschutz nicht zu ihren Anliegen zählt.
Hustlers Kritik
Destiny (Constance Wu) beginnt als Animiermädchen in einem New Yorker Club. Allein, bloß leichtbekleidet rumzulaufen, bringt nicht viel ein, da müssen ganz andere Geschütze aufgefahren werden. Wie das geht, lernt sie schnell von Ramona (Lopez), der Queen des Clubs, die genau weiß, wie man Männern gibt, was sie wollen. Schnell wird Destiny unter Ramonas Obhut eine versierte Tänzerin und erfährt, was es heißt, aus dem Vollen genießen zu können. Doch dann folgt der Börsencrash und die Tänzerinnen müssen feststellen, dass die kürzlich noch so locker sitzenden Geldbörsen nun fest verschlossen sind. Eine Lösung muss her...
Trailer zu Hustlers
Weltweit spielte Hustlers bisher etwa 140 Mio. $ ein (Stand 4. November), ein ordentliches Ergebnis mit Blick auf das schmale Budget von ca. 20 Mio. $. Basierend auf dem 2015 erschienenen Artikel "The Hustlers at Scores" der Journalistin Jessica Pressler schrieb Regisseurin Lorene Scafaria das Drehbuch und traf damit den Nerv der Zeit. "Hustlers" kann dabei sowohl ganz seriös Prostituierte bedeuten als auch Personen bezeichnen, die hinterrücks andere Leute abziehen. Hauptdarstellerin Jennifer Lopez ist auch als Produzentin mit an Bord und in der Rolle als Ramona wirklich in ihrem Element.
Lopez sieht man kaum die Mühe an, die sie investieren muss, um ihre Auftritte hinzulegen, weder im echten Leben auf der Bühne noch im Film als Tänzerin - sie ist Profi durch und durch und das spürt man in jeder Szene. Wenn Ramona einen Raum betritt, ruhen die Augen auf ihr, ihr Auftreten versprüht Format, Selbstsicherheit und nicht zuletzt Bauernschläue, die in diesem Business vonnöten ist.
"Fressen oder gefressen werden", "Jede ist sich selbst die Nächste" mögen als Kalendersprüche naheliegen, doch Hustlers zeigt ohne Widerspruch, dass Teamwork oft der beste Weg ist und Stutenbissigkeit keines der Mädels voranbringen würde. In seinen besten Momenten ist der Film eine Ode an Ladypower, an Frauen, die aus prekären Verhältnissen stammen, sich selbst für anrüchige Jobs nicht zu schade sind, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, und souverän zeigen, dass kein Mann nötig ist, um erfolgreich zu sein.
In gewissem Maße. Denn Hustlers ist kein emanzipatorischer Fundus, in dem die Rollen weiterhin sauber verteilt sind - hier die Produzenten (Männer), dort die Konsumenten (Frauen), nur dass es die Damen eine Zeitlang äußerst clever anstellen ... sind jedoch zu behämmert, von den Tausenden von Dollars was zur Seite zu legen, um später den Ami-KiK zu umgehen. Überhaupt erinnern viele Momente, auch in ihrer Naivität, an Showgirls und lassen vermuten, warum so viele Dollars auf der Habenseite der Produzenten zu verbuchen sind: So viel pralle Brüste und gespreizte Beine sind selten im Kino zu sehen und diese Selbstverständlichkeit, gepaart mit der einladenden Story und lebendigen Besetzung, machen aus dieser Dramakomödie fast einen coolen Heist-Movie. Auch der Soundtrack weiß zu gefallen, der passend R&B, Dance und klassische Elemente vereint und die dynamisch geschnittenen Szenen und Dialoge passend unterstützt.
Dennoch möchten wir noch auf etwas eingehen, das uns persönlich sehr am Herzen liegt. Wir reden von der Selbstverständlichkeit, mit der im Film echte Pelze zur Schau gestellt werden und der Ignoranz in vielen Rezensionen. Fake Fur war wohl bei einer Produzentin wie Lopez nicht drin, die u.a. neben Rihanna oder Kim Kardashian diese Mode mit voller Überzeugung zelebriert und sich auch im Film in opulenten Mänteln suhlt. In einer Szene wird ein echter Chinchilla-Mantel verschenkt und auf die lapidare Frage "Was war es?" folgt Gelächter. Allein die Beiläufigkeit dieser Szene ist so herablassend, dass es jeden empathischen Menschen schmerzen muss. Zwischen 100 und 200 Tiere werden für solch einen Mantel brutal getötet. Es ist eins, dass Pelze vollkommen unreflektiert im Film gepusht werden, etwas anderes, dass dies so kritik- und kommentarlos von vielen übergangen wird. Wir reden andauernd über Greta, Plastik und Konsum, akzeptieren aber bereitwillig solche, zudem oft von bedrohten Tierarten stammenden Statussymbole ... weil ... weil es Teil des Films ist? WTF?!
Uns jedenfalls ist dieser gedankenlose Umgang zuwider, der Hustlers, dieses dynamisch-inszenierte Märchen von Frauen auf der Überholspur, überschattet, und in dem eine toughe Jennifer Lopez alle Mitstreiterinnen hinter sich lässt.