Bewertung: 4 / 5
Dabei achtet Regisseurin Phyllida Lloyd (Mamma Mia!) darauf, nicht zu werten, und betont, wie die Politikerin zu dem wurde, was sie war. Man muss Thatcher nicht mögen und das eigene Weltbild gerät mit Sicherheit nicht ins Wanken nach Die Eiserne Lady, doch als Zuschauer kommt man nicht umhin, einer Frau Respekt zu zollen, die selbst viel kämpfen musste. In einer Zeit, in der Männer in allen Bereichen dominierten und nur beim bloßen Gedanken an eine Frau in Führungspositionen herablassend schmunzelten, ohne Scheu, ihren Hochmut auch zu zeigen. Wie Jim Broadbent (Tintenherz, Harry Potter und der Halbblutprinz) als Thatchers verstorbener Ehemann in einer ihrer Visionen erkennt: "Du kannst es allein schaffen...du warst immer allein.", so beeindruckt ihre absolute Überzeugung, für das Richtige einzutreten und ihren Weg entgegen allen Hürden zu gehen.
Was richtig und falsch ist, muss dabei jeder für sich entscheiden. Ist es falsch, unrentable Zechen zu schließen? Ist es richtig, dass jeder die gleichen Steuersätze zahlt, egal welcher Schicht er angehört? Und ist es richtig, die tausende Kilometer entfernten Falkland-Inseln vor der Küste Argentiniens in einem blutigen mehrwöchigen Krieg als britisches Eigentum zu behaupten? Fragen, die man sich während des Films stellt, und die damals wie heute zu Kontroversen führen. Schlussendlich bleibt dem Zuschauer nach Die Eiserne Lady jedoch das Bild einer alten Frau im Gedächtnis, die, wenn auch stilsicher und selbstbewusst, nur noch ein Zerrbild ihres einstigen Daseins ist. Äußerst sensibel fing Lloyd das Verhältnis zwischen Thatcher und ihrer sich stets bemühenden Tochter Carol ein. Äußerst beklemmend die Dialoge mit ihrem verstorbenen Ehemann Denis, der ihr tagtäglich erscheint und dessen Ableben nicht wirklich präsent ist. Mitunter grotesk, dann wieder herzergreifend, wie sehr sich beide geliebt haben müssen und wie dramatisch es ist, einem Menschen beim körperlichen Verfall zuschauen zu müssen.
Leider hat die Regisseurin jedoch kein durchweg sensibles Händchen bewiesen, was den Einsatz von Rückblenden und Szenen im Heute betrifft. Diese wechseln mit schöner Regelmäßigkeit mitunter so häufig und abrupt ab, dass man sich teilweise eine ganz banale stringente Filmbiographie wünscht, mit einem verklärten Vergangenheitsblick am Anfang und einem Aufwachen im Heute gegen Ende. Diese Strategie kann Die Eiserne Lady für viele zu einem persönlicheren Erlebnis machen, uns hat dieses Gespringe an so mancher Stelle gestört.
Dennoch kein großes Manko während der 105 Filmminuten und so empfehlen wir allen Lesern, die sich für historische Persönlichkeiten interessieren, einen wachen Blick für die Geschichte haben und eine beeindruckende Meryl Streep erleben wollen, sich Die Eiserne Lady auf keinen Fall entgehen zu lassen. Ein filmisches Vermächtnis über eine Frau, die vielleicht kein Staatsbegräbnis erhält, aber deren politische Beweggründe wenigstens etwas klarer werden. Eltern, Jugend und Erfahrungen prägen uns - und was jeder erreichen kann, machte uns die Tochter eines Lebensmittelhändlers beeindruckend vor. Wir vergeben 4 von 5 Hüten.