Bewertung: 2.5 / 5
Das Gerüst vor dem Fenster knarrt, ein Schatten huscht an den Vorhängen vorbei - Juan (Izán Corchero) kann es kaum glauben: Schattengesicht, das Ungeheuer, über das der fantasiebegabte Junge gerade eine Gruselgeschichte schreibt, ist zum Leben erwacht. Der brutale Dämon will ihn, beziehungsweise sein Gesicht. Bevor das Monster von Juan Besitz ergreifen kann, eilt seine Mutter zu Hilfe. Doch Schattengesicht kehrt fortan jede Nacht zurück. Der gesichtslose Kapuzenmann dient in Juan Carlos Fresnadillos Intruders vor allem als Projektionsfläche für Albträumen und Traumata. Leider fehlt der Auflösung des Films jegliche Eleganz.
Juan ist nicht der Einzige, den Schattengesicht heimsucht. Während der Junge in Madrid jede Nacht um sein Leben fürchtet, bekommt auch Mia (Ella Purnell) im fernen London von dem schwarzen Mann Besuch. Der Film erzählt die Erlebnisse beider Kinder parallel. Dass sie zu verschiedenen Zeiten leben - Mia etwa 30 Jahre später als Juan - kann man lange nur erahnen. Während Juans Mutter bald an der geistigen Gesundheit ihres Sohnes zweifelt, ist Mia nicht lange allein mit ihrer Angst.
Versucht ihr Vater (Clive Owen) der Zwölfjährigen zunächst noch gut zuzureden, steht er dem hartnäckigen Eindringling bald selbst gegenüber. Doch sein Gegner entpuppt sich - zumindest für den versierten Horrorfan - als Möchtegern-Monster, das nach seinem ersten Auftritt schnell an Schrecken verliert: ein Waschlappen, der sich nur Kinder zu erschrecken traut und vor Erwachsenen sofort die Flucht ergreift.
Regisseur Juan Carlos Fresnadillo hält sich nach einer soliden Gänsehaut-Eröffnung mit Gruselszenen wiederkehrenden Musters auf, ohne die Story dabei maßgeblich voranzutreiben. Zwar will Intruders gar kein reiner Horrorfilm sein, sondern auch ein Familiendrama, in dem sich alle Beteiligten letztlich mit den Schatten ihrer Vergangenheit auseinandersetzen müssen. Doch die psychologisierenden Dialoge und aufgeworfenen Lösungsansätze fallen dann doch zu konstruiert aus, als dass sie der Handlung einen neuen Dreh oder gar Thrill verleihen könnten.
Während ein Priester (Daniel Brühl) Juan per Exorzismus von seinem Dämon befreien will, sitzt Mia bald bei einer Psychiaterin (Kerry Fox). Die Erklärung der Ärztin ist nicht nur für Familienvater John ziemlich unbefriedigend, der plötzlich der Kern des Problems sein soll. Auch die meisten Zuschauer dürften enttäuscht von der umständlichen Auflösung sein.
Eine kleine Entschädigung für alle Spannungs- und Logiklöcher ist mithin das Spiel von Clive Owen als verzweifeltem Vatertier - er verteidigt seine Familienidylle bis zur letzten Minute nach Kräften. Für das deutsche Publikum enttäuschend dürfte hingegen der schwache Eindruck sein, den Daniel Brühl hinterlässt. Der 33-Jährige, der in Barcelona geboren wurde und dort bis heute zeitweise lebt, mauserte sich in den vergangenen Jahren zum beliebten Exportschauspieler (Der Duft von Lavendel, Inglourious Basterds). Als unerfahrener Priester ist er in diesem Film jedoch eine unfreiwillig komische Figur.
Beklemmung, Schaudern, Schockmomente sind Fehlanzeige. Fresnadillo, der mit dem Horrorthriller 28 Weeks later (2007) bewies hat, dass er Schrecken verbreiten kann, wollte dem Genre diesmal mehr Tiefgang verleihen, hatte jedoch zu wenig zündende Ideen, dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen.
Intruders bekommt 2,5 von 5 Hüten.
(Quelle: teleschau - der mediendienst | Alexandra Petrusch)
