Bewertung: 3.5 / 5
Ein Attentäter, sechs Kugeln, fünf scheinbar zufällig ausgewählte Passanten, die zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Schnell hat die Spurensicherung einen Hinweis auf den Täter: Der ehemalige Soldat James Barr (Joseph Sikora) steckt hinter der abscheulichen Tat! Barr wird festgenommen, doch Überraschung, er leugnet die Tat. Alles, was die Beamten aus ihm herausbekommen, ist, dass sie Jack Reacher (Tom Cruise) holen sollen. Kurz darauf wird Barr durch Strafgefangene ins Koma geprügelt... Die Polizei rätselt, wer dieser Reacher eigentlich sein soll, der nur dann gefunden wird, wenn er gefunden werden will. Und wieso wollte Barr unbedingt ihn? Überraschend schnell steht Reacher auf der Matte, der mit Barr eine komplizierte Vergangenheit teilt. Als Ex-Ermittler beim Militär hatte Reacher schon früher mit dem Inhaftierten zu tun und für ihn ist klar, Barr ist schuldig, der bereits in seiner militärischen Laufbahn er für ein blutiges Attentat verantwortlich war. Dennoch erklärt sich Reacher bereit, zusammen mit Barrs junger Verteidigerin Helen (Rosamund Pike), die Ereignisse näher zu beleuchten...
Tom Cruise hat ein bewegtes Jahr hinter sich. War Mission: Impossible - Phantom Protokoll Ende 2011 ein riesiger Erfolg, sah es Mitte des Jahres mit Rock of Ages mehr als durchwachsen aus. Nun widmet sich Cruise in Jack Reacher wieder dem Actiongenre, in dem er bisher die besten Leistungen erbrachte. Zusammen mit Regisseur Christopher McQuarrie nahm er sich der bekannten Romanfigur von Lee Child an und heraus kam die Verfilmung des 2005 von Child veröffentlichten Romans "One Shot".
Trailer zu Jack Reacher
Für McQuarrie stellt Jack Reacher - sieht man vom 2000 veröffentlichten Way of the Gun ab - so etwas wie sein Regiedebüt dar. Hauptsächlich als Drehbuchautor bekannt, wagte er sich erneut hinter die Kamera. Unerfahrenheit kann McQuarrie dabei aber gewiss nicht vorgeworfen werden, liefert er in Jack Reacher einen über weite Strecken besseren Job ab als so manch alter Hase. So ist McQuarrie vor allem die Inszenierung der Scharfschützensequenz am Anfang des Films auf erschreckend fesselnde und gleichzeitig abstoßende Weise gelungen. Doch statt dies nur als Aufhänger für die Story zu nutzen und dann einen reinen Actionfilm zu drehen, hat McQuarrie andere Pläne und nimmt sich lange für die Einführung der Hauptfiguren Zeit und, viel wichtiger, widmet Zeit den zu Beginn des Films getöteten Zivilisten.
Gerade dieser frühe Fokus auf Spannung und Emotionen ist es, was Jack Reacher von üblichen Action-Thrillern abhebt. Gleichzeitig wird aber auch klar, der Film hat nur wenig mit dem aus den Trailern vermittelten Eindruck gemein. Stand in diesen zumeist die Action im Vordergrund, setzt McQuarrie diese nur dezent ein. Wenn die Gewalt und vor allem Reacher zuschlagen, dann schnell und effektiv. Doch die einzelnen und oft recht kurzen Actioneinlagen sind meist nur das Finale von zuvor länger laufenden Untersuchungen der Hauptfiguren. So wird Jack Reacher über weite Strecken mehr zu einem Krimi als zu einem reinrassigen Actionfilm und überrascht den Zuschauer sogar trotz der Thematik mit eingestreuten humoristischen Einlagen.
Dass dies gelingt, ist vor allem der sehr guten Darstellerriege zu verdanken. Allen voran natürlich Tom Cruise, aber auch Rosamund Pike. Mit Cruise als Hauptdarsteller kann üblicherweise kein Regisseur etwas falsch machen, talentiert und überzeugend spielt Cruise vielleicht nicht die 1:1-Kopie von Reacher aus den Romanen, liefert jedoch eine unglaublich intensive Leistung ab. Auch das Zusammenspiel mit Pike ist geradezu vortrefflich. Die Chemie zwischen beiden Akteuren ist es, die Jack Reacher über weite Strecken und oft auch Längen des Films hinwegträgt. Doch auch mit Robert Duvall, Werner Herzog als "The Zec" und Jai Courtney als Fiesling hat McQuarrie eine sehr gute Auswahl getroffen. Vor allem kann Courtney in Jack Reacher zeigen, wozu er fähig ist, nachdem er in Spartacus bekannt wurde und uns demnächst in Stirb Langsam 5 - Ein guter Tag zum Sterben als McClanes Sohn überzeugen muss.
Ein starker Anfang, eine spannende Idee und tolle Schauspieler. An sich hat Jack Reacher alles, was wir uns von einem guten Film wünschen. Doch es sind Kleinigkeiten, die statt eines tollen Films aus Jack Reacher nur einen guten Film machen. So überzeugend der Anfang inszeniert wurde, so schleppend gestaltet sich die Story im Mittelteil über weite Strecken. Die große Verschwörung im Hintergrund und auch der von Werner Herzog gespielte The Zec bleiben weitestgehend zu schemenhaft, um als echte Bedrohung durchzugehen. Die Motivation für eine Verschwörung in dieser Größenordnung wird dabei nicht ersichtlich, denn die wahren Motive werden nicht gut genug offengelegt, um den Zuschauer zu packen und zu schockieren. Das mag auch daran liegen, dass bereits zu Beginn die Frage nach Barrs Schuld oder Unschuld dem Zuschauer beantwortet wird. Auch die im Mittelteil des Films gesponnenen Nebenhandlungen sorgen dafür, dass sich Jack Reacher mit seinen 130 Minuten etwas zu lang anfühlt. Hier hätte der Film durchaus etwas kompakter geschnitten werden können. Ein furioses Finale kann zwar den Karren wieder etwas aus dem Dreck ziehen, den Zuschauer aber nicht vor der Frage "Und nun?" bewahren.
Was letztlich bleibt ist ein gelungener Kriminalfilm mit vielen Stärken, aber storyseitigen Schwächen. Es ist ein guter Auftakt und mit einem etwas stimmigeren Drehbuch könnte aus Jack Reacher durchaus eine spannende Filmreihe werden. Die Zutaten stimmen auf jeden Fall und allein durch Cruise und Pike ist der Film bereits den Eintritt im Kino wert.