
Bewertung: 3.5 / 5
Ganze 41 Jahre nach dem Original und 15 Jahre nach dem Reboot von 2010 kehrt die legendäre Reihe mit Karate Kid - Legends zurück auf die große Leinwand. Dabei kommt es zum großen Crossover, wenn sich der Star vom Reboot, Jackie Chan, mit dem Original-Star der 80er Jahre, Ralph Macchio, zusammentut, um ein neues Karate Kid auf den richtigen Weg zu führen. Gelingt dabei ein würdiger Eintrag in die Reihe, oder haben wir es hier mit einem weiteren, enttäuschenden Legacy-Sequel zu tun? Und wie passt Cobra Kai in all das hinein?
Karate Kid Legends - Kritik
Als Kung-Fu-Wunderkind Li Fong (Ben Wang) mit seiner Mutter nach New York City zieht, findet er Halt bei einer neuen Klassenkameradin und deren Vater. Doch der Frieden ist nur von kurzer Dauer, als Li unfreiwillig die Aufmerksamkeit des lokalen Karatemeisters auf sich zieht. Um sich und seine neuen Freunde zu verteidigen, tritt Li beim ultimativen Karatewettbewerb an. Mit der Unterstützung seines Kung-Fu-Lehrers Mr. Han (Jackie Chan) und des legendären Karate Kids Daniel LaRusso (Ralph Macchio) bereitet er sich auf einen spektakulären Showdown vor, der nicht nur seine Fähigkeiten, sondern auch seinen Mut und seine Werte auf die Probe stellen soll.
Trailer zu Karate Kid - Legends
Streng genommen, handelt es sich bei Karate Kid - Legends nicht um ein Legacy-Sequel, denn dieses haben wir schon durch die Serie Cobra Kai erhalten. Kürzlich erst auf Netflix nach 6 Staffeln zu Ende gegangen, schaffte es die Serie tatsächlich, die Geschichte der beiden Kontrahenten Daniel LaRusso und Johnny Lawrence (William Zabka) aus dem Original von 1984 sehr gelungen fortzusetzen. Die einstigen Schüler waren jetzt die Senseis und Cobra Kai zeigte eindrucksvoll, wie man ein Legacy-Sequel macht, ohne sich dabei vollkommen in Nostalgie oder Fan-Service zu verlieren. Selten wurde so etwas besser gemacht als hier.
Im Fahrwasser des Erfolgs von Cobra Kai wurde dann bekannt, dass Sony Pictures die Reihe auch im Kino fortsetzen möchte. Jedoch nicht als Fortsetzung der Serie, sondern gezielt der Kinofilme, sowohl der Reihe aus den 80ern als auch des Reboots von 2010. Gelingt diese Fortsetzung ebenso gut wie die Serie?
Tatsächlich kann man beides nur schwer vergleichen, da der Ansatz ein gänzlich anderer ist. Wollte die Serie gezielt den Originalfilm fortsetzen, handelt es sich bei Karate Kid - Legends um eine in großen Teilen komplett eigenständige Geschichte. Und dies hat positive, wie aber auch negative Seiten.
Zunächst einmal macht es der Film gut, da er sich vor allem auf die neuen Charaktere und deren eigene Geschichte konzentriert. Sie sind die Säulen von Karate Kid - Legends. Die Legacy-Charaktere Jackie Chan und Ralph Macchio dienen lediglich als Unterstützung dieser Geschichte, bleiben dabei aber weitestgehend im Hintergrund.
Damit werden natürlich all jene enttäuscht, die auf eine Fortsetzung oder zumindest stärkere Einbindung von Cobra Kai gehofft haben. Dies ist hier nicht der Fall. Ganz ohne Verknüpfungen geht es aber nicht und so machen bereits direkt die ersten Minuten mit einer schönen Szene deutlich, dass dies hier Teil des Karate Kid-Universums ist und es wird dadurch auch direkt erklärt, wo die Verbindung zwischen Jackie Chans Mr. Han und Ralph Macchios Daniel LaRusso liegt.
Leider führt uns das direkt zu einem der Punkte, die uns enttäuscht haben. Denn so schön es ist, dass hier versucht wird, die Karate Kid-Mythologie auszuweiten, so bedeutungslos ist dies am Ende. Der Film konzentriert sich zu sehr auf seine eigene Geschichte und verpasst es dadurch, diese im Film erklärte Verbindung tiefer zu ergründen. Hier wäre viel mehr möglich gewesen und man fragt sich so am Ende sogar, ob diese Einbindung überhaupt notwendig gewesen ist. So sehr wir uns über Ralph Macchio gefreut haben, brauchen tut der Film ihn nicht.
Dies liegt sicher auch an der eher kurzen Laufzeit des Films, die mit 93 Minuten gerade für heutige Verhältnisse ungewöhnlich kurz ist. An sich freuen wir uns darüber, denn Filme sind heutzutage zumeist einfach viel länger als ihnen selbst guttut. Aber wo viele Filme zu lang sind, ist Karate Kid - Legends am Ende zu kurz. 15 Minuten oder gar eine halbe Stunde mehr hätten dem Film gutgetan, auch, um die Mythologie tiefer zu ergründen und den Charakter LaRusso besser in den Film einzubinden.
So hat man das Gefühl, dass LaRusso ursprünglich gar nicht für den Film vorgesehen war und erst durch den Erfolg von Cobra Kai man doch noch versucht hat, ihn irgendwie einzubauen.
Ebenfalls nur wenig gefallen hat uns der Bösewicht von Karate Kid - Legends, wenn man ihn überhaupt so nennen möchte. Leider ist dieser sehr blass geblieben. Ein Vergleich mit Zabkas Johnny Lawrence aus dem Original wäre geradezu eine Frechheit. Wir gehen sogar so weit und möchten hier vom charakterlich schwächsten Kontrahenten der ganzen Reihe sprechen. Das Gleiche gilt für dessen Sensei. Es wird deutlich gemacht, dass dies sehr unsympathische und böse Typen sind, und das war es dann auch. Auch hier wäre viel mehr möglich gewesen.
Ein weiterer Aspekt, der eher technischer Natur ist, könnte ebenfalls bei einigen für Kritik sorgen. Hierbei handelt es sich wohl um eine Frage des eigenen Alters, ob man damit klarkommt oder eher genervt ist. Zum einen werden die Kampfszenen durch visuelle Einblendungen ergänzt, die an ein Videospiel erinnern. Zum anderen gibt es Abschnitte im Film, die mit ihrer Schnittmethode eher an ein TikTok-Video erinnern. Gebraucht hätten wir beides nicht, wirklich gestört hat es uns aber auch nicht.
Doch es soll kein falscher Eindruck entstehen. Ja, der Film hat deutliche Schwachstellen und wir hätten uns gerade in Bezug auf die Verknüpfung zur alten Reihe viel mehr gewünscht. Doch am Ende sind wir mit einem positiven Gefühl aus dem Film gegangen und glauben hier sogar viel Potenzial für weitere Teile zu sehen.
Dies liegt vor allem an Ben Wang, dem neuen Karate Kid. Er musste sich bei einem weltweiten Casting durchsetzen und hat hier bewiesen, dass er die Rolle zurecht erhalten hat. Nicht nur kann er richtig gut kämpfen, sein Li Fong ist auch ein sehr sympathischer Charakter, mit dem wir gerne Zeit verbracht haben. Er ist einer der großen Lichtblicke des Films. Auch die Chemie zwischen ihm und seinem Love-Interest Mia, gespielt von Sadie Stanley, war ziemlich gut.
In diesem Zusammenhang ist es ebenfalls positiv zu erwähnen, dass die hier erzählte Geschichte keine bloße Wiederholung der früheren Teile ist. Oberflächlich mag dies so erscheinen, doch es gibt wesentliche Unterschiede. So handelt es sich bei Li Fong zum Beispiel nicht wie sonst um einen Jungen in Schwierigkeiten, der ständig verprügelt wird und mit Hilfe von Karate lernt, sich zu wehren. Denn kämpfen kann Li Fong bereits und das beweist er auch. Tatsächlich wird er sogar im Film selbst zum Lehrer, was uns dann doch ziemlich überrascht hat.
Auch verzichtet man weitestgehend auf einige typische Merkmale der Reihe. Man kann es schade finden, dass etwas in der Richtung wie "auftragen, polieren" nicht vorkommt oder es gut finden, dass größtenteils darauf verzichtet wurde, Dinge bloß zu integrieren, nur weil sie mal Teil der Reihe waren.
Natürlich behandelt Karate Kid - Legends die typischen Themen rund ums Erwachsenenwerden. Doch er tut dies auf seine eigene Art und führt dabei genügend Eigenes hinzu, sodass niemals das Gefühl aufkommt, eine Wiederholung zu sehen. Dabei umschifft der Film zudem ein Problem, welches viele andere Filme dieser Art haben, in denen sich die Charaktere nämlich allzu oft zum Wohle der Story irrational und dumm verhalten. Dies ist hier zum Glück nicht der Fall. Die Charaktere haben Gründe und nachvollziehbare Motive, wenn sie etwas tun. Li Fong z.B. ist ein guter Junge, der weiß, was das Richtige ist und so auch handelt und nicht einfach plötzlich etwas Dummes tut, nur weil die Handlung danach verlangt. Dies fanden wir sehr angenehm und geradezu erfrischend.
Gerade die erste Stunde des Films dürfte inhaltlich viele überraschen. Hier konzentriert Karate Kid - Legends sich am meisten auf die eigene Geschichte und die eigenen Charaktere. Für uns war dies der stärkste Teil des Films. Tatsächlich zeigen die Trailer fast nur die Inhalte aus der zweiten Hälfte. So waren wir dann doch überrascht, wie groß und wichtig beispielsweise die Rolle von Joshua Jackson im Film ist, der uns ebenfalls wirklich gut gefallen hat.
Überhaupt sind die neuen Charaktere die große Stärke des Films. Sie sind sympathisch und wachsen einem sehr schnell ans Herz. Wir haben so gerne Zeit mit ihnen und ihren Geschichten verbracht, dass die Verknüpfungen zum Karate Kid-Universum, die vor allem ab der zweiten Hälfte einsetzen, fast schon störend wirkten.
Natürlich geht es in einem Karate Kid-Film auch um die Kämpfe und die sind ebenfalls wirklich gelungen. Man darf dabei natürlich nie vergessen, dass dies hier ein Film ist, der sich vor allem an ein jüngeres Publikum richtet. In den Kampf-Choreografien ist zudem deutlich der Einfluss von Jackie Chan zu spüren, besonders bei einem Kampf in der Gasse.
Es sei auch noch erwähnt, dass dies hier kein Superheldenfilm ist. Es gibt keine offiziellen Angaben zum Budget von Karate Kid - Legends, aber es wird mit ziemlicher Sicherheit unter 100 Mio. Dollar liegen, und das spürt man auch. Für uns ist dies aber eher ein Pluspunkt für den Film, denn er sieht dadurch ja nicht schlecht aus. Aber es ist eben ein vor allem bodenständiger Film angesiedelt in New York und das tut dem Film und der Geschichte gut. Es geht nicht darum, die Welt zu retten, sondern den Pizzaladen um die Ecke. Sympathischer geht es kaum.
Am Ende haben wir das Kino mit einem positiven Gefühl verlassen. Ja, der Film hat Schwächen und es fehlt ihm sicher auch an ikonischen Szenen. Auf neue Übungen oder tiefgehende Weisheiten der Senseis wird diesmal auch verzichtet. Doch gerade auch dadurch und mit einigen neuen Ansätzen erschafft sich Karate Kid - Legends eine eigene Identität innerhalb der Reihe. Es ist durchaus ein Film für die älteren Fans, vor allem aber für die neuen.
Fazit
Mit Karate Kid - Legends ist ein guter und vor allem sehr sympathischer Film gelungen. Die neuen Charaktere überzeugen und sind stark genug, dass eine Einbindung ins restliche Karate Kid-Universum gar nicht nötig gewesen wäre. Dennoch kommt natürlich Freude auf, wenn Jackie Chan und Ralph Macchio sich zusammentun und geradezu miteinander wetteifern, wer die besten und weisesten Ratschläge gibt.
Wer auf eine Fortsetzung der Geschichte von Daniel LaRusso oder gar eine Einbindung von Cobra Kai gehofft hat, der dürfte enttäuscht werden. Dennoch stellt der Film eine Verbindung her und lässt am Ende definitiv die Tür für mehr offen. Keine Sorge, ihr werde mit einem Lächeln den Kinosaal verlassen.
Karate Kid - Legends ist eine tolle Fortsetzung, die gleichzeitig völlig eigenständig bestehen kann und schlicht sehr sympathisch daherkommt. Ben Wang ist die große Entdeckung und er bringt durchaus das Potenzial mit, das Franchise mit weiteren Filmen in die Zukunft zu führen.
