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Network Kritik

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Network Kritik
0 Kommentare - 02.02.2024 von ProfessorX
In dieser Userkritik verrät euch ProfessorX, wie gut "Network" ist.

Bewertung: 4 / 5

Der gefeierte Nachrichtensprecher Howard Beale (Peter Beale) wird entlassen und kündigt darauf vor laufender Kamera an, daß er in seiner nächsten Sendung Selbstmord begehen wird. Diese Ankündigung sorgt für ein Medienecho und sorgt dafür, daß Beale durch die neue Programmchefin Diana Christensen (Faye Dunaway) wieder eingesetzt wird und ein eigenes Sendeformat erhält. Dort schimpft er in seinen Tiraden über die Welt und findet immer mehr Anhänger im Publikum.

Im 21. Jahrhundert erlebt die Satire eine Flaute nach der anderen. Nicht nur sind Menschen vermutlich weniger bereit, sich mit dieser Realität zu befassen, weil sie sie vorführt, auch ist die Realität als solche mittlerweile so absurd geworden, daß man eigentlich als Satiriker kaum noch ein Szenario erdenken kann, was nicht bereits eingetreten ist. Und das hat auch schon erste Opfer gefordert. Nicht umsonst kündigten einige, große deutsche Kabarettisten ihren verfrühten Ruhestand an. Doch zurück in der Vergangenheit. Da gab es durchaus mal Filme, die man wirklich Satire nennen konnte. Taika Waititi-Fans dürfen an der Stelle gerne mal aufpassen. Und eben eine jener wichtigen Satiren war und ist ehrlich gesagt nach wie vor Network. Zugegeben, zynische Filme haben heute das Problem, daß sie sich so ein wenig hinter ihrer vermeintlichen Intelligenz verstecken und daher pseudointellektuell anmuten. Network ist aber auch nicht frei von Fehlern und so bleibt relativ klar, wenn auch gewollt und aus gutem Grund, worauf der Film hinaus will. Wie bei einem Zeitreisefilm wie Zurück in die Zukunft (1985) sucht man sich jene Versatzstücke der Gegenwart und ist andauernd am überlegen, welche Absurdität da bereits eingetroffen ist und was wiederum frei erfunden wirkt. Nun, bedauerlicherweise scheint ersteres wesentlich öfter einzutreten.

Ein langjähriger Nachrichtensprecher wird entlassen, so die Prämisse und anschließend, weil er eine Art Nervenzusammenbruch oder Wutanfall vor der Kamera bekommt, zugunsten von Einschaltquoten wieder eingestellt und ausgeschlachtet. Dieser Nachrichtensprecher ist dabei hin und wieder sehr deutlich mit modernen Autokraten zu vergleichen, was gruselig ist und man bemerkt, daß er eben einen Ton trifft, der die Masse anlockt. Pardon, daß war unglücklich formuliert. Es geht dabei nicht um die Person als solche, sondern eher wofür sie steht und dadurch entsteht diese Parallele. Wie eben der ein oder andere Ex-Präsident begibt er sich auf die Ebene des vermeintlich einfachen Volkes und spricht von der Wahrheit. Fast prophetisch setzt Regisseur Sidney Lumet den Fernseh-Guru hier mit dem Messias gleich und man weiß nie so genau, wie das Volk eigentlich reagiert. Sie mögen ihn, doch warum mögen sie ihn? Heute würde man das vermutlich ironisch aufladen, diejenigen, die noch nicht komplett verblödet und offen faschistisch sind, pflegen ja zu sagen, sie mögen Menschen wie Trump, weil sie so lustig seien. Die Kehrseite dessen sind dann solche, die einfach mal wieder ordentlich rassistisch sein wollen, ihr Recht darauf wahrnehmen wollen, einen dunkelhäutigen Jungen zu erschießen und neben der Lunchbox, für die Kinder in der Schule, auch selbstverständlich ein oder mehrere Gewehre zum Schutz einpacken zu dürfen. Und ab dem Punkt wird auch Network wieder interessant, weil es letzten Endes egal ist, welche Begründung man nimmt, sich diesem Drang zu unterwerfen. Fakt ist, Menschen suchen seichte Antworten, auf komplexe Fragen, weshalb der Neo-Faschismus und eben solch rechtspopulistische Propaganda so erfolgreich sind. Denn auch dieser Howard Beale spricht aus dem Herzen.

Nun ist Network vielleicht hin und wieder ein sehr langsamer Film, dem auch die ein oder andere Kürzung sicherlich gutgetan hätte. Schließlich gibt es ab der Entfaltung des Plottes da keine neueren Ansätze mehr, als eben nur das. Darüber hinaus ist Lumets Film vielleicht noch viel wichtiger, als einfach nur ein Meisterwerk. Den Titel sollte man ihm vermutlich absprechen. Doch gelingt es ihm grandios eine Gesellschaft darzustellen und eben das Reality-Fernsehen, mit all seiner vermeintlichen Nahbarkeit und eben dadurch auch seiner Belanglosigkeit grandios vorzuführen. Dieses eigentlich recht traurige Schicksal ist dann der Nährboden für die Entrüstung einer Generation, die ähnlich wie heute in einen aus ihren Augen sinnlosen Konflikt geführt wird, deren Arbeiterschicht ums Überleben kämpfen muss und die anbahnende Rezession eben alle noch weiter frustriert. Es ist relativ traurig zu sehen, wie wenig sich da eigentlich geändert hat und man ahnt schlimmes für die Zukunft. Darüber hinaus wird das schon fast mechanisch. Wie so häufig werden Menschen hier entmenschlicht. Nicht, weil der Film das für einen Geistesblitz hielte und das Individuum so besser vorführen könnte. Es liegt viel eher daran, daß das der systemische Ansatz ist, der ja auch dem Neoliberalismus immer wieder – zurecht – anlastet. Menschen werden da egal, oder sie verwandeln sich eben in jene zynischen und abgeklärten Kreaturen, die sonst über jede Leiche gehen, um Erfolg zu haben. Daß zeigt sich auch hier ganz gut, an den zwischenmenschlichen Interaktionen. Die einen streben nach Liebe und einem normalen, gutbürgerlichen Leben. Daß leben diese Menschen hier in ihrem Beruf auch vor. Doch dann ist es anders. Gerade die von Faye Dunaway verkörperte Diana Christensen ist doch eher auf alles fleischliche und materielle im Leben aus.

Klar, auch das kann man natürlich wieder als Sexismus abtun, doch damit ginge man zu weit von dem weg, was Network eigentlich sagen möchte. Diese Menschen hier sind immer auf der Suche nach dem Klatsch, leben ein Bild eines Amerikas vor, wie es konservativer unprüder nicht sein könnte. Doch hinter der Fassade kann Lumet seinen Film mit der Verlogenheit des Konservatismus, im übrigen auch des modernen Konservatismus offenlegen. Sex ja, aber nur in der Ehe. Ungleichgewichtige Machtverhältnisse ja, aber wenigstens nach außen, die Rollenbilder gut verkörpern. Und so weiter und so fort. Man kommt unweigerlich wieder auf Trump und auf das, was ja auch Konservative, klassische Republikaner so an ihm verachten. Es ist völlig unerheblich, ob jemand viel Sex hat, seine Frau schlägt, fremdgeht und so weiter und so fort, solange man das nicht in die Öffentlichkeit trägt und keiner davon erfährt. Unterdessen werden eben auch die RAF-ähnlichen Terrorgruppierungen innerhalb der USA in Szene gesetzt. Wo es wieder darum geht, den Profit aus jenen Situationen zu maximieren und den systemischen Ansatz möglichst gering zu halten, möglichst wenig Systemkritik unterzubringen.

Vielleicht ist Network sehr langatmig und aus moderner Sicht sicherlich etwas zu selbstsicher in seiner Sache. Und dennoch liefert der Film einen medialen Rundumschlag, der aktueller nicht sein könnte. Die Frage nach dem Wahrheitsgehalt und die Gier nach Sensationalismus ist heute größer, denn ja und daher ist das Werk, daß nebenbei noch grandiose schauspielerische Leistungen hervorbringt, so bedeutend und unangenehm.

Network Bewertung
Bewertung des Films
810

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