Zum einen bietet Krieg der Welten schlagartige zerstörerische und tödliche Masseneffekte, zum anderen aber auch Aliengrusel-Situationen mit Einzelpersonen, bei denen auch die coole Musik viel zur Suspense-Stimmung beiträgt. Die Mysteryschiene ist dabei ebenfalls spannend, die sich einerseits auf die Aliens bezieht, andererseits aber auch auf die menschlichen Reaktionen. Schnell werden die moralischen Werte auf die Probe gestellt und dem Zuschauer mit seinen Erwartungshaltungen und Vorurteilen kritisch ein Spiegel vorgehalten. Und auch die Nützlichkeit der Fähigkeiten der Charaktere wird bezüglich Vorher-Nachher-Erleben auf den Kopf gestellt, was durch die blinde Emily (Daisy Edgar-Jones, Cold Feet) gut verdeutlicht wird. Ty Tenannt (Tolkien) mimt ihren Bruder Tom und fand gerade die Sicht und das Erleben eines Teenagers in einer solchen Lage spannend.
So lautet eine der Fragen, ob es immer gut und richtig ist, die Wahrheit zu sagen, basierend auf der Situation von Byrnes Bill und dessen Exfrau Helen (Elizabeth McGovern, Downton Abbey). Léa Drucker (Nach dem Urteil) bekommt als Catherine, eine eigentlich in der Einsamkeit einer Observationsstation sich am wohlsten fühlende Singlelady, im Chaos ein Kind an die Seite, und wird damit plötzlich sozial und empathisch gefordert. Drucker beschreibt sich auch selbst als Einzelgängerin und konnte sich daher gut mit der Rolle identifizieren. Um nur zwei Beispiele zu nennen.
Mit den Charakteren so deutlich im Vordergrund wird es von jedem Zuschauer selbst abhängen, wie gut Krieg der Welten bei ihm ankommt, nämlich abhängend davon, wie warm man mit den Figuren wird, und wie viel Zeit man bereit ist zu geben, ihnen bei ihrem Entwicklungsweg zuzuschauen. Uns hat es gut gefallen und definitiv neugierig auf weitere Folgen gemacht. So mancher Charakter kommt auch in einer Doppelfolgen-Premiere noch zu kurz, könnte aber in Folgeepisoden der achtteiligen Serie mehr in den Fokus rücken.
Andererseits vermag das Schicksal eines Kindes oder Hundes rasch emotional zu fesseln, während große anonym bleibende Zahlen wie 2,6 Milliarden Tote rasch in den Hintergrund rücken. Welche aktuellen Themen und menschlich typischen Empathie-Phänomene damit aufgegriffen werden, liegt auf der Hand: Stichwort Flucht und Seenotrettung. Die Frage, ob man der Held wäre, der man gern in einer solchen Situation sein möchte, kann wohl keiner vorab wirklich beantworten, Gabriel Byrne sieht es jedenfalls eher pessimistisch:
Krieg der Welten Interviews - Crew & Cast
Wir können natürlich nicht alles wiedergeben, was bei den Roundtable-Interviews am Dienstag im Shangri-La Hotel gesagt wurde, das würde den Rahmen sprengen. Doch hier zu dem, was wir oben schon eingeflochten haben, ein kleiner Mix spannender oder auch cooler bis auch mal lustiger Aussagen. So wäre Gabriel Byrne wirklich gern der Held, der in einer Katastrophensituation massig Menschen und Babys rettet, doch er wagt es zu bezweifeln. Und so erscheint ihm auch sein Charakter als einerseits Wissenschaftler, andererseits Mensch spannend und angesichts der Situation äußerst menschlich und nachvollziehbar.
Dennoch gibt es eine Situation in Krieg der Welten Episode 2, die sowohl empathisch wie auch wissenschaftlich begründet aus unserer Sicht zu einer anderen Entscheidung hätte führen sollen, doch dazu gab es eine lustige produktionspragmatische Erklärung. Wir verraten die genaue Situation nicht, es geht jedoch um den oben schon erwähnten Hund. Also eine kleine Spoilerwarnung: