Ende gut, alles gut? Leider gestaltet sich das dann doch nicht so einfach! Denn offenkundig begeht man bei dieser erheblichen Zensurmaßnahme zu allem sowieso schon vorhandenem Übel zwei erhebliche Deutungsfehler, die die gesamte Handlung von Fight Club nur noch weiter ad absurdum führen: Weder ist Pitts Tyler Durden deckungsgleich mit der Persona von Norton zu identifizieren, noch handelt es sich nur um eine einzelne Bombe, die man mal eben so aus dem Weg räumen könnte.
Tyler Durden ist ein eigens geschaffenes Konstrukt des Erzählers, das den Selbstverlust der Identität in der optimierungssüchtigen Moderne zum Ausdruck bringt und sich radikal gegen den Wunsch nach hirnlosem Konsum und Kommerzialisierung stellt. Tyler ist die Abwesenheit von Reue. Tyler ist die Idee dessen, was Nortons Protagonist zu erreichen imstande wäre, wenn er sich von äußeren Zwängen und Ängsten befreien könnte. Leider kann er diesen unbarmherzigen Gegenpol aber nicht bändigen.
Die Auflösung der Identität ist in Anbetracht seines zusehends eingeschränkten Handlungsradius nur die logische Konsequenz. Denn Tylers Wahnsinns-Maschinerie ist ebenfalls eine bestens ausgetüftelte Scheinoption, die zwangsläufig in eine ideologische Sackgasse führen muss. Schließlich muss sie wie die angeprangerten Obrigkeiten für sich und ihre radikalen Ideale werben, damit sie sich überhaupt wie ein Virus verbreiten kann.
Kurz gesagt: Tyler Durden ist das personifizierte Chaos in einer ach so geordnet scheinenden Welt. Im Verhältnis des namenlosen Protagonisten und Tyler als ultimativen Antagonisten, dem man nicht entrinnen kann, weil er stets einen Schritt voraus scheint, schimmert eine Reflexion über die Abgründigkeit filmischer Konventionen durch. Der Bösewicht ist immer derjenige, dem man zu entrinnen versucht und man wird zu dem, was man verachtet.
In Hinblick auf die Anzahl gleich dreier detonierender Bomben muss man auf die Unausweichlichkeit von Tylers minutiös orchestriertem Vorgehen des herannahenden Wahnsinns verweisen. Fight Clubs Tyler überlässt nichts dem Zufall! Er ist kein gefälliger Cartoon-Bösewicht, dessen Pläne man am Ende durchkreuzen kann, wenn man sich bloß genug Mühe gibt. Das Scheitern des Erzählers besitzt System, das sich insofern ankündigt, weil er nach und nach zu entschlüsseln versucht, was sein Alter Ego Tyler um ihn herum veranstaltet.
Nachdem unserem Sprecher allmählich dämmert, welch tiefgreifende Gefahr von Tyler ausgeht, ist längst das komplette Umfeld des nun erneut zur Handlungsunfähigkeit verdammten Protagonisten infiltriert. Die Ironie ist hier darin zu suchen, dass er sich zuvor noch aus seinem Dämmerschlaf zu befreien versuchte, indem er den Pfad der Tugend zu Gunsten von Tylers Machtspiel verließ.
Der Wunsch nach einem vollumfänglichen Ausbruch aus dem Raster von "Eat, Sleep, Work and Repeat" hat sich damit in einen einzigen Albtraum verwandelt. Überspitzt ließe sich daher sagen: Zum Nullpunkt zu gelangen ist in Fight Club eben wahrlich kein Wochenendseminar!