
Es sind diese beiläufigen Momente, die The Last of Us zu etwas Besonderem machen. Es sind Momente voller Bitterkeit und widersinniger Hoffnung, die schon allein deswegen haften bleiben, weil man ihre größere Bedeutung im Kontext der Story verpassen kann. Zuweilen gelingt sogar das Kunststück, diese widersprüchlichen Gefühle binnen von Sekunden zu bannen und einsichtig zu machen.
Jene einschneidenden, gefühlvollen und einträchtigen Momente werden nachhaltig durch den Soundtrack von Komponist Gustavo Santaolalla (u.a. 21 Gramm, Brokeback Mountain) unterstrichen. Seine von Saiteninstrumenten transportierten Klänge untermauern eine fast beständig desillusionierende Stimmung, die einen ob ihrer fragilen Melancholie packen und bis zum Abspann der Credits nicht mehr loslassen. Auch wollen wir die ikonischen Gegnersounds hervorheben, wobei insbesondere das ortende Schnalzen der abscheulichen Klicker beim Spielen für gewaltige Adrenalinschübe sorgt.
Man muss dem ungeheuren Vertrauen des verantwortlichen Entwicklerstudios Naughty Dog in die narrativen Gehalte von The Last of Us Tribut zollen, denn wenngleich wir bis zum Ende der 00er Jahre einige herausragende Story-Beispiele in der Videospielwelt benennen können, krankte es doch fast immer an der Regie und Inszenierung. Zudem sind bis heute Stories um entführte Prinzessinnen, muskelbepackte Soldaten oder einsame Helden in den Reihen von interaktiven Medien gang und gäbe - eine Ziehvaterfigur sticht da heraus.
Hinzu kommt, dass die Immersion besagter Konkurrenz zumeist dann bricht, wenn das Gameplay nicht mit den moralischen Werten, Charaktereigenschaften und Fähigkeiten der Figuren übereinstimmt. Diesen ärgerlichen Widerspruch, der als "ludonarrative Dissonanz" bezeichnet wird, umschifft The Last of Us auf clevere Weise.
Schaut man in die Reihen anderer namhafter Vertreter, die sich um Untote drehen, fällt sofort ins Auge, dass es eher um Grusel und spaßige Schnetzeleien im B-Movie-Gewand geht, denn dass diese Beiträge ernsthaft mit den erzählerischen Werten von The Last of Us konkurrieren könnten. Wer würde ernsthaft behaupten, dass Resident Evil, Dead Rising, Dead Island, State of Decay, Dying Light, Left 4 Dead und wie sie alle heißen, mit diesem Schwergewicht mithalten können, was den schonungslosen Realismus anbelangt? Dass es mit Days Gone ein Alternativprodukt aus dem Hause Sony gibt, bekräftigt diese These nur, da man die Formel zu wiederholen versuchte, aber in letzter Konsequenz der Treibstoff ausging, um die Klasse des Vorbildes zu erreichen.
Selbst der Tapetenwechsel von Kratos im God of War-Softreboot, wäre ohne The Last of Us nicht denkbar. Von dieser Entwicklung kann man halten, was man will, doch das Erfolgsrezept zum Ausflug mit seinem Sohn Atreus in der nordischen Mythologie basiert klar ersichtlich auf dem durchschlagenden Erfolg der Enzeit-Reihe. Bis heute wanderten beide Videospiele des Franchises zusammengenommen sage und schreibe 37 Millionen Mal über die (virtuelle) Ladentheke!
Die Reise von Ellie und Joel ist etwas ganz Besonderes, doch selbst die grandiosen Nebenfiguren in Form von Tommy, Tess, Riley, Bill, Henry und Sam lassen uns ehrfürchtig an diesen wunderbaren Erstling denken. Allein der Titel schreit geradezu heraus, dass hier nahezu alles poliert ist, denn er ist einprägsam und doppelbödig zugleich. Man könnte nämlich fragen, worauf eigentlich die Bezeichnung "The Last of Us" anspielt: Ist es das letzte bisschen Menschlichkeit, die finalisierend droht, geopfert zu werden oder geht es um die letzten Überlebenden selbst?
Interessant wird sein, wie nah die The Last of Us-Serie an der Vorlage ist und welche Abzweigungen sie nimmt, um das Publikum für sich gefangenzunehmen. Bekanntlich werden sich die neun Episoden von Staffel 1 ausschließlich den Geschehnissen von Part I widmen - man siehe unsere Berichterstattung.
Gespannt sind wir dabei insbesondere auf die Dynamik von Bella Ramsey und Pedro Pascal und selbstverständlich sind wir trotz unserer Liebe für die Videospiele für eine andere Interpretation offen. Dennoch hoffen wir inständig, dass die beiden Showrunner Craig Mazin (Chernobyl, Scary Movie 3) und Neil Druckman (Creative Director und Co-CEO von Naughty Dog) die unbarmherzige und brutale Atmosphäre der Videospielreihe unbeschadet transportieren können und HBO uns die Adaption spendiert, die diese Spiele verdienen.
Satte 77 Minuten soll die Pilotepisode von The Last of Us bieten. Das ist eine ganze Menge, um den darin mit großer Sicherheit fokussierten Weg zum Untergang der Menschheit angemessen zu bereiten und diesen anschließend in rund einstündigen Folgen zu ordnen. Wird diese Serie den berüchtigten Videospielfluch von unrühmlichen Adaptionen brechen oder nur ein weiterer Beweis, dass man die beiden Mediengattungen in Form passiver und aktiver Teilnahme besser lieber parallel existieren lässt und ihnen nur punktuelle Überschneidungen zugesteht?
Ab dem 16. Januar dürfen wir uns mit den Live-Action-Varianten von Ellie und Joel ins Getümmel stürzen. Die Serienversoftung zu The Last of Us steht damit einen Tag nach dem US-Start für WOW- und Sky Q-Kunden mit "Entertainment Plus Paket" in deutscher und englischer Fassung inklusive optionaler Untertitel zum Abruf bereit.
Übrigens: Ab dem 28. März dürfen übrigens nicht mehr nur Playstation-Spieler:innen mit Ellie und Joel auf Streifzug durch die Ruinen der USA gehen, sondern auch Leute mit einem leistungsfähigen PC.
Wir halten die Augen auf der Suche nach dem Licht offen ... Fortsetzung folgt ...