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Der Tag wird kommen

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Auch Punk-Sein will gelernt sein

Der Tag wird kommen Kritik

Der Tag wird kommen Kritik
0 Kommentare - 20.03.2013 von Moviejones
Wir haben uns "Der Tag wird kommen" für euch angeschaut und verraten euch in unserer Kritik, ob sich dieser Film lohnt.

Bewertung: 4 / 5

Verschiedener könnte das Bruderpaar nicht sein: Der eine ein in die Jahre gekommener Punk, der sich "NOT" (Benoît Poelvoorde) nennt und das allen auch per Stirn-Tattoo deutlich macht, der andere, Jean-Pierre (Albert Dupontel), ein spießbürgerlicher Bettenverkäufer, der sich für seinen Bruder schämt. In einer Einkaufs-Galerie, einem riesigen Konsumtempel, treffen die beiden immer wieder aufeinander, zudem gehört ihren Eltern ein Kartoffelrestaurant, das sich ebenfalls auf dem Gelände des Einkaufsparadieses befindet. Als eines Tages Jean-Pierre, der zudem eine Frau und ein Kind hat, seinen Job verliert, gerät er völlig aus der Bahn - und seine einzige, wenn auch etwas seltsame Hilfe ist sein Bruder...

Das Thema der französischen Komödie Der Tag wird kommen (Originaltitel: Le Grand Soir) des Regieduos Gustave Kervern und Benoît Delépine (Mammuth), die auch das Drehbuch schrieben, wird schnell klar: Was ist Freiheit? Inwiefern kann man in unserer Gesellschaft frei sein? Und welche Sicherheiten gibt es tatsächlich? Mit anarchisch-schwarzem Humor geht Der Tag wird kommen dem auf den Grund und kommt dabei ohne einen aufdringlichen moralischen Zeigefinger aus. Das beeindruckend auch in seiner Dramaturgie freie Werk, denn es springt, wie es gerade lustig ist, im Storyverlauf vorwärts, brilliert aufgrund seiner hervorragenden Darsteller und eines wahrlich böse-absurden Humors, der auch dem französischen Kino eher misstrauisch gegenüber stehenden Zuschauern gefallen dürfte. 

Benoît Poelvoorde (Die Anonymen Romantiker) ist Punk durch und durch, neben dem Spaß, dem zuzuschauen, wird jedoch auch seine Einsamkeit als Randerscheinung der Gesellschaft schnell und berührend deutlich. Das Lachen bleibt einem oft im Halse stecken. Grandios auch die Darbietung von Albert Dupontel (So ist Paris) als sein Normalo-Bruder, der völlig aus dem Ruder läuft, als ihm seine Jobsicherheit flöten geht. Seine Ausraster und wahrlich verrückten Reaktionen auf den Jobverlust sowie sein Einstieg ins Punkleben seines Bruders bringt Dupontel absolut authentisch rüber, so dass es, obwohl es natürlich überzogen inszeniert ist, niemals überzogen wirkt. Und man sich zu Recht fragt: wie würde man wohl selbst reagieren unter gleichen Umständen? Und mit solchen Eltern! Denn auch diese sind ein ähnlich seltsames Gespann:

Vater René Bonzini schuftet sich für das Restaurant ab, damit er seinen Söhnen etwas hinterlassen kann, nicht etwa, weil er immer noch Spaß daran hätte, die Söhne, welch Ironie, haben jedoch beide kein Interesse, das Restaurant einmal zu übernehmen. Seine Frau Marie-Annick (Brigitte Fontaine, Absolutely Fabulous) ist selbst ein wenig - okay ziemlich - neben der Spur. Schon allein ihre Mimik ist göttlich schräg und es wird klar, die Dame ist in ganz anderen Sphären heimisch, aber sicher nicht in der Normalität, wie sie unsere Gesellschaft definiert. Grandios ist auch das Bruderpaar in der folgenden Interaktion als Lehrer und Schüler, denn Jean-Pierre merkt schnell, dass das Punk-Sein gar nicht so einfach ist – wie bettelt man richtig? Wie geht man als Punk? Der Zuschauer lernt dabei nicht nur, dass selbst ein Punk zu sein noch lange nicht bedeutet, frei im Sinne von regellos zu sein, sondern eben eine etwas andere Lebensform ist mit ihren eigenen Regeln, sondern bekommt dabei auch die Frage mit auf den Weg, ob Freiheit im Sinne von Ziellosigkeit wirklich erstrebenswert ist: 

Das wird in einer Szene in Der Tag wird kommen sehr schön deutlich, als Jean-Pierre NOT fragt: Wohin gehen wir? Und dieser sagt - immer geradeaus. Und das tun sie dann auch, egal, ob sie dafür über Zäune klettern müssen oder mitten durch ein Haus durchlaufen. So lustig das ist und so viel Spaß es auch den beiden macht, ist es jedoch völlig sinnentleert, außer eben sich irgendwie vorwärts zu bewegen. Natürlich bringen selbst definierte Regeln, die dabei Regeln anderer übertreten, durchaus Spaß - aber wohin soll das führen? Freiheit bedeutet in Der Tag wird kommen pure Existenz und Bewegung nach eigenen Regeln ohne ein mit einem zusätzlichen Sinn belegtes Ziel. Das jeder sich seine Ziele und seinen Sinn möglichst frei von gesellschaftlichen Regeln und Vorgaben selbst suchen muss, ist kein neuer Gedanke, wie schwierig es jedoch ist, ein sinnvolles Ziel im Leben angesichts absurd erscheinender Jobs und Regeln der Gesellschaft zu finden, macht Der Tag wird kommen wieder einmal deutlich.

Natürlich gibt es auch die Botschaft, wie wichtig im Leben Menschen sind, die einen lieben und in jeder Lage zu einem stehen, doch auf die Frage, was neben denen, die wir lieben, ein wertvolles Ziel im Leben ist, muss sich die Antwort jeder selbst geben. Das Bruderpaar findet für sich ein Ziel, das zumindest eine Hilfe für die eigene Ziel-Suche bietet: Tu das, worin du am besten bist. Wer also Komödien mit absurd-schwarzem Humor und einer wenig subtilen, dennoch nicht aufdringlichen kritischen Note mag, sollte Der Tag wird kommen nicht verpassen.

Der Tag wird kommen Bewertung
Bewertung des Films
810

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