
Bewertung: 3 / 5
Ich war gerade im Kino und habe Karate Kid: Legends gesehen – und wage mich nun an meine erste Filmkritik. Achtung: Im Text wird es zu Spoilern kommen.
Zunächst einmal das Positive: Die Optik des Films ist wirklich schön! Er wurde offenbar auf Film gedreht, was dem Ganzen eine angenehme, fast nostalgische Wärme verleiht. Besonders die wenigen Szenen, die im Dojo spielen, kommt das gut zur Geltung. Allerdings wurde stellenweise auch modernisiert – und das wirkte auf mich oft deplatziert. In der ersten Hälfte etwa wurde ein Splitscreen-Effekt fast schon überstrapaziert, während in der zweiten Hälfte plötzlich animierte “Fight!”-Einblendungen à la Street Fighter auftauchten. Für meinen Geschmack zu viel – wobei man das vermutlich unter „Meckern auf hohem Niveau“ verbuchen kann.
Trailer zu Karate Kid - Legends
Ein größeres Problem hatte ich allerdings mit der Figur des Mr. Han. Karate Kid: Legends soll ja eine Fortsetzung sowohl des Originals als auch des Remakes darstellen. Doch Mr. Han, wie wir ihn aus dem Remake kennen, hat mit der Version in Legends kaum etwas gemein. Woher plötzlich die Kung-Fu-Schule kommt? Keine Ahnung. Klar, Menschen und Situationen verändern sich – aber wenn man bedenkt, warum er im Remake Dre trainierte, und dann sieht, wie er in Legends Li Fong beinahe zum Kämpfen "drängt", wirft das schon einige Fragen auf.
Noch verwirrender: Li Fongs Mutter soll die Nichte von Mr. Han sein? Im Remake sahen wir ihn an einem absoluten Tiefpunkt, betrunken, allein, am Jahrestag eines tragischen Unfalls. Wenn er also eine intakte Familie hat – wo war diese damals? Für mich fühlte sich der Film daher eher wie ein Standalone-Projekt an. Und als solcher ist er trotz einiger Schwächen auch durchaus unterhaltsam.
Ein weiterer Schwachpunkt, der auch bereits anderswo thematisiert wurde: der Antagonist. Dieser wirkt wie eine Kopie von Terry Silver – und sein Sensei im gleichen Maße wie ein Abziehbild von Kreese. Jedoch haben diese zu wenig Screentime und die Rivalität zur “Helden”-Seite wird dadurch nicht sinnvoll aufgebaut. Es gibt zwei kurze Aufeinandertreffen, in denen die beiden aneinandergeraten, die aber letztlich zu wenig sind, um das Finale emotional aufzuladen.
Und dann ist da noch Sensei LaRusso. Ich hatte das Gefühl, dass man ihn nachträglich ins Drehbuch geschrieben hat, um noch schnell etwas Fan-Service einzubauen. Und ja, als solcher funktioniert er – aber sein Auftritt wirkt seltsam losgelöst vom Rest des Films. Alle seine Szenen kannte man bereits aus dem Trailer, und hätte er komplett gefehlt, hätte sich inhaltlich nichts geändert. Im Gegenteil: Vielleicht hätte das dem Film sogar gutgetan, weil er sich dann konsequenter wie ein eigenständiger Neustart angefühlt hätte. Seine Trainingsszenen hatten weder Einfluss auf die Handlung noch auf die spätere Kampftechnik – und das war fast schon traurig. Es ist letztlich nichts Halbes und nichts Ganzes. So wie der Film insgesamt auch.
Die neuen Darsteller machen ihre Sache gut, sind sympathisch, und auch die Story könnte grundsätzlich funktionieren. Aber als Fortsetzung – naja.
Ich hoffe, ich konnte meine Gedanken nachvollziehbar darlegen. Bei der Bewertung bin ich etwas hin- und hergerissen. 2,5 Hüte wären eigentlich zu wenig, 3 wiederum fühlen sich ein bisschen zu großzügig an. Aber da man im Zweifel für den Angeklagten entscheidet, vergebe ich am Ende dann doch 3 Hüte.
