Bewertung: 3.5 / 5
Ein U-Boot-Thriller von unseren Nachbarn? Das ließ uns aufhorchen und Le chant du Loup hat uns positiv überrascht und das in vielerlei Hinsicht. Der Film verzichtet auf die in Hollywood heiß geliebte Instagram-Optik, indem Farben und Handlungen oft extrem überzeichnet werden und wirkt dadurch deutlich realistischer und bedrohlicher, ganz so wie es bei einem solchen Film sein muss.
Le Chant du Loup Kritik
Chanteraide (François Civil), ein junger Matrose, verfügt über ein unfassbar gutes Gehör und ist an Bord eines französischen U-Boots perfekt aufgehoben. Doch ein Fehler bringt seine Mannschaft auf einer Mission in Gefahr. Um das Vertrauen zurückzugewinnen, geht Chanteraide ein Wagnis ein und darf wieder an einer Mission teilnehmen - doch dann überschlagen sich die Ereignisse und der Dritte Weltkrieg ist nur einen Wimpernschlag entfernt...
Trailer zu Le chant du Loup
Regisseur Antonin Baudry, geboren 1975, spielte als diplomatischer Vertreter in der französischen Außenpolitik keine ganz unbedeutende Rolle und liefert mit Le chant du Loup seinen ersten Spielfilm ab. Man könnte ihn als Tausendsassa bezeichnen, als einen Mann, der eine überaus interessante Vita hat, vielseitig interessiert ist und unter seinem Pseudonym Abel Lanzac auch als Autor an der Serie Quai d´Orsay mitwirkte. Umso erfreulicher, wenn das Resultat eines "Quereinsteigers" überzeugt und nicht bloß die spinnerte Idee eines Menschen widerspiegelt, der alles machen will, aber mitunter nichts richtig kann.
Le chant du Loup, was so viel heißt wie "Der Gesang des Wolfes" oder "Das Lied des Wolfes", ist natürlich im übertragenen Sinne zu verstehen und zeigt den hohen Wert von Menschen wie Chanteraide, von deren Fähig- und Fertigkeiten nicht nur die direkte Crew sondern auch unzählige weitere Menschenleben abhängen. So wie der Wolfsgesang den Gegner verrät, hängt es von dem jungen Matrosen ab, unmittelbare Bedrohungen nicht nur zu erkennen, sondern auch zu klassifizieren, um den jeweiligen Konter zu bestimmen. Man kann sich als Laie nicht mal annähernd vorstellen, welchem Druck eine Mannschaft ausgesetzt ist, unter Wasser, in begrenztem Raum, in Feindesgebiet - wenn die Uhr tickt...
Baudry schafft es mit seinem Film, wie eingangs angedeutet einen hohen Realismusgrad zu kreieren und setzt dabei auch auf bekannte Gesichter aus der französischen Filmbranche. Mathieu Kassovitz, Omar Sy, Jean-Yves Berteloot und François Civil sind in zentralen Rollen zu sehen und auch wenn der Film auf den ersten Blick sehr maskulin geprägt ist, kommt die emotionale Komponente ebenfalls zum Tragen und das ist eine seiner Stärken.
Das liegt zum einen daran, dass ein dramatisches Thema - das sich so auch in der Realität wiederfinden könnte - abspielt und mitnichten alles gut ausgeht, wie man es erhofft. Der Zuschauer spürt die Tragik, wenn ein Mensch geht und das ist so viel intensiver im Gegenzug zu so manchem amerikanischen Katastrophenfilm der letzten Jahre, die zwar unterhalten, aber mit einem flapsigen Spruch dramatische Momente gerne aushöhlen. Hinzu kommt die emotionale musikalische Untermalung, und auch die schöne Hintergrundgeschichte um Civils und Paula Beers Figuren bringt eine wundervolle stille Komponente mit in den Film, die sich speziell am Ende zeigt.
Und so ist Le chant du Loup ein mutiges Filmabenteuer mit Retro-Anleihen, das wir so gern öfter erleben würden. In bester Jagd auf Roter Oktober-Manier werden Themen wie Kalter Krieg und moderne Einflüsse gemischt (Syrienkrieg, Terrorismus), ohne die Themen nur als Tragwerk zu missbrauchen. Zwar kann ein derartiger Film nicht exakt so aus Deutschland stammen, da wir im Gegenzug zu Frankreich keine Atommacht sind und alles etwas lächerlicher wirken würde, dennoch würden wir uns wünschen, dass hierzulande ebenfalls etwas facettenreicher gedreht werden würde. Selbst wenn Le chant du Loup weit davon entfernt ist, perfekt zu sein. Doch was ist schon ohne Makel?
Es ist zu erwarten, dass der Film nicht in den deutschen Kinos zu sehen sein wird, aber wer sich für dieses Genre interessiert, darf bei Möglichkeit gerne einen Blick auf den Film werfen, der beweist, dass nicht nur der amerikanische Markt moderne Kriegsfilme hergibt.